Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

1 Jahr LEA Ellwangen

Logo https://stories.schwaebische.de/1-jahr-lea-ellwangen

Titel

Am 9. April 2015 treffen die ersten 48 Menschen in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in Ellwangen ein. Zeitweise sind rund 4700 Flüchtlinge dort beherbergt, geplant waren maximal 1000.

Was in den folgenden Monaten passieren wird, hält Polizei und Feuerwehr in Atem. Mitarbeitern und Ehrenamtlichen ist es zu verdanken, dass die LEA in Zeiten massiver Überbelegung überhaupt funktioniert hat. Sie gingen weit über ihre Belastungsgrenze hinaus.

Ein Jahr LEA – Zeit für einen Rückblick.
Von Thorsten Vaas und Regio TV.






Zum Anfang
Rund 300 Menschen engagieren sich ehrenamtlich in der LEA in Ellwangen. Zahlreiche Firmen und Privatpersonen spenden. Seit April vergangenen Jahres ist die Hilfsbereitschaft im ganzen Ostalbkreis riesig. Neben European Homecare, die für den Alltagsbetrieb von der Essensausgabe bis zur Kleiderkammer zuständig ist,  sind es die Caritas, die Diakonie und das Rote Kreuz, die sich um die Flüchtlinge kümmern. Was sie zu bewältigen haben, ist gewaltig.

Gute Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben. Doch eine kleine Gruppe Nordafrikaner machte Ärger und warf ein schlechtes Licht auf die Einrichtung und besonders auf die anderen Flüchtlinge, die sich friedlich verhalten und sich engagieren. Sie treffen in Ellwangen auf zahlreiche Ehrenamtliche, die es gut mit ihnen meinen, die helfen wollen. Einige Ehrenamtliche werden hier beispielhaft vorgestellt.





Zum Anfang

April 2015

Neun Millionen Euro hat das Land in die ehemalige Reinhardt-Kaserne investiert, um die LEA einzurichten.
Am 9. April 2015treffen die ersten Flüchtlinge ein.

Prognose: Anfang / Mitte Mai soll die Belegung auf 500 Menschen ansteigen - die Regelbelegung. Bei einem Rundgang im März sagte Regierungsvizepräsident Christian Schneider, die Maximalbelegungmit 1000 Flüchtlingen werde sehr schnell erreicht sein.
Zum Anfang
Hass im Internet: Menschenverachtende Kommentarewerden auf Facebook abgesondert. Politik und Presse werden geschmäht. Es würden Informationen zurückgehalten und die Situation in diesen Einrichtungen geschönt dargestellt. Vermeintlicher Beweis: ein Ladendiebstahl. Wert der Beute: etwa 50 Euro. Im Internet heißt es jedoch, die Tankstelle sei "ausgeräumt", regelrecht "geplündert" worden. In der Zeitung stand nichts. Der Grund: Die Polizei hatte das Ereignis nicht publiziert. Der Vorwurf, dass hier etwas verschwiegen werden sollte, ärgert Polizeisprecher Bernhard Kohn. Solche Delikte würden nicht in den Polizeiberichten auftauchen – egal, ob die Tat von einem Deutschen oder einem Ausländer begangen worden ist.

Zum Anfang

Mai 2015

13 Frauen und Männer geben mittlerweile in der LEA ehrenamtlich Sprachunterrichtfür die Flüchtlinge. Das Interesse ist groß. Charlotte Raubachvon der
CaritasOst-Württemberg koordiniert die Arbeit der Ehrenamtlichen in der LEA. 70 bis 75 haben sich auf einen ersten Aufruf gemeldet, 35 bis 40 sind aktiv, 13 davon geben Sprachkursen.

Auf Höflichkeit legen bei den Kursen alle Wert. Bitte, danke, guten Tag, wie geht es Ihnen? Die Flüchtlinge wollen nicht nur radebrechen „du mir helfen?“, sondern in ganzen Sätzen und freundlich fragen können, sagt Raubach.




Zum Anfang
Nun häufen sich im Netz Berichte von Frauen, die sich belästigt fühlen. Auch von einem Einbruch ist die Rede. Von den laut Facebook häufigen sexuellen Belästigungen weiß die Polizei jedoch nichts – nur ein Fall ist zu diesem Zeitpunkt bekannt, das Verfahren wurde mittlerweile von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Polizei kündigt an, die
Präsenz in der Stadt zu erhöhen.

Kurze Zeit später wird ein 18-jähriger Algerier aus der LEA festgenommen. Er steht im Verdacht, für mindestens sieben
Straftaten verantwortlich zu sein.
Zum Anfang
Als der Leiter des Polizeireviers Ellwangen, Gerald Jüngel, im Gemeinderat Rede und Antwort steht, leben 700 Menschen in der LEA. 15 bis 20 von ihnen machen Probleme, so Jüngel. "Der größte Teil verhält sich, wie wir es erwarten", sagt
LEA-LeiterBerthold Weiß. Doch es reichten die paar, die sich daneben benehmen, um dem Ruf der Einrichtung zu schaden.

Dennoch sorgen sich die Ellwanger um ihre Sicherheit, wie Rolf Merz (CDU) betont. Schrezheims Ortsvorsteher Albert Schiele (CDU) sagt, das Gefühl der Sicherheit müsse es auch für die Schrezheimer geben. OB Karl Hilsenbek betont, dass sich an der Maximalbelegung von 1000 Flüchtlingen nichts ändern werde. Das sei vertraglich fixiert. Doch es sollten mehr werden. Weit mehr.




Zum Anfang

Juni 2015

Bürgerinnen und Bürger, Mitglieder von Kirchengemeinden, Vereinen, Flüchtlingsinitiativen und Mitarbeiter kommunaler Behörden - sie alle setzen sich für Hilfe und Schutz suchende Menschen ein. Und sie unterstützen das Land bei seiner humanitären und gesellschaftspolitischen Aufgabe, Flüchtlingen eine erste neue Bleibe zu geben. Dafür danken Integrationsministerin Bilkay Öney, Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Landrat Klaus Pavel und OB Karl Hilsenbek den Helfern bei einem Empfangin der Stadthalle.



Zum Anfang
17 Fehlalarmegab es seit Mitte April in der LEA. Jedes Mal rückten zwei Löschzüge, die Drehleiter und 25 Feuerwehrleute aus. 1500 Euro kostet so ein Einsatz im Schnitt. Wofür die Feuerwehrleute mit 11 Euro pro Stunde entschädigt werden. Die unterbrochene Nachtruhe wiegt das nicht auf, sagt Stadtbrandmeister Wolfgang Hörmann. Auch, weil man nach dem Einsatz zuerst wieder zur Ruhe kommen muss, bevor an Schlaf zu denken ist. Das Regierungspräsidium zieht Konsequenzen: Künftig laufen alle Brandalarme beim Sicherheitsdienst an der Pforte auf.

Zum Anfang
Mitte Juni steigt die Belegungszahlin der LEA auf 1200 Personen. "Das ist ein Zustand, der nicht tragbar ist", sagt LEA-Leiter Berthold Weiß. Die Überbelegung bringe die Mitarbeiter an ihre Grenzen.

Zur Überbelegung kommt der Ramadan. 400 Flüchtlinge in der LEA wollen den Ramadan feiern und fasten. Doch stattdessen kommt es zu einem handfesten Streit zwischen Algeriern und Syrern. Steine und Stühlefliegen. Fünf Flüchtlinge, ein Mann vom Sicherheitspersonal und ein Polizist werden verletzt. Die Polizei wendet mit 50 Beamten eine drohende Massenschlägerei ab.


Zum Anfang

Juli 2015

Etwa einen Monat nach dem ersten großen Polizeieinsatz kommt es Ende Juli zu zwei Streitereienzwischen Nordafrikanern und Syrern. In einem Fall stacheln die Streithähne bis zu 150 ihrer Landsleute an. 30 Polizisten bringen die Situation schnell unter Kontrolle. Ein Flüchtling wird leicht verletzt.

Zwei andere Auseinandersetzungen enden weniger glimpflich: An einem Tag werden vier Personen verletzt. Unter anderem fügt ein Algerier seinem syrischen Kontrahenten mit einem Teppichmesserzwei Schnittverletzungen an der Hand zu.




Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Schrezheimer beschweren sich im Ortschaftsrat. Flüchtlinge aus der LEA steigen in den Zug nach Ulmund kommen nachts zurück. Sie laufen über die Gleise, der Zugführer drückt die Warnhupe, die Anwohner sitzen senkrecht im Bett.

Eine Anwohnerin fühlt sich von den Flüchtlingen belagert. Sie kämen in ihren Hof und benutzten ihn als Toilette. Der Wirt vom Lamm hat eine Kamera und eine Alarmanlage installiert. In der Wirtschaft arbeiteten sie nur noch zu zweit. Junge Frauen würden angesprochen.

Dann gibt es Konflikte wie die Auseinandersetzung zwischen
Rechten und Linken
in Schleifhäusle. "Die hatten Flammen in den Augen und waren schon dabei, sich mit Eisenstangen zu bewaffnen", erinnert sich Ortschaftsrat Josef Kucher.




Video öffnen

Zum Anfang

August 2015

Sechs Mal in der Woche vormittags macht Hermann Weber mit den Flüchtlingen in der LEA Fußballtraining. „Ich will Ansprechpartner sein.“ Das ist er – für die Erwachsenen und die Kinder. Coach Hermann nennen sie ihn. Darauf ist er stolz. Helfen will er. Das fängt bei Kleinigkeiten an. Weber hat immer eine Landkarte dabei. Damit die Flüchtlinge sehen, wo sie überhaupt gelandet sind. Viele erzählen dann, wie es ihnen gegangen ist vor und auf der Flucht. „Freundschaften aufzubauen, kann man vergessen“, sagt Weber. Dazu ist der Kontakt zu kurz. Dafür gibt es Dankbarkeit. Dafür, dass Hermann Weber freundlich ist und sich Zeit nimmt.



Zum Anfang
1600 Menschen leben Anfang August in der LEA. Der damalige Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Manfred Schmidt, informiert sich vor Ort. Inzwischen sind es so viele, dass die Trennungin Männer- und Familienhäuser aufgegeben werden musste, sagt LEA-Leiter Berthold Weiß. Mit weit über 200 Personen sind die ehemaligen Mannschaftshäuser der Kaserne jetzt belegt.


Zum Anfang
Weil in der Ellwanger LEA immer mehr Flüchtlinge Zuflucht suchen, sind auch die Aufenthaltsräume mit Betten belegt. Trotzdem finden die Deutsch-Kurse weiter statt, wenn auch manchmal in beengten Verhältnissen, sagt Charlotte Raubach.Sie koordiniert die Arbeit der Ehrenamtlichen in der LEA. Immer gesucht: Leute, die Ausflüge machen oder Sport und Kreatives anbieten, um die Kinder zu beschäftigen, sagt Raubach.
Zum Anfang
Mitte August erreicht die Belegung einen weiteren Höchststand: 2199. Ministerpräsident Winfried Kretschmannund Integrationsministern Bilkay Öney machen sich ein Bild von der Lage. Die Zusage, dass die Belegung bis Ende August bei 1000 oder darunter liegt, will Kretschmann nicht geben: "Das können wir wahrscheinlich nicht einhalten."

Zwei Wochen nach dem Kretschmann-Besuch leben in der LEA 3200 Menschen auf engstem Raum. Die Mitarbeiter arbeiten weit über dem Anschlag. Es sei deren Engagementzu verdanken, dass trotz der Überbelegung immer noch alles weitestgehend reibungslos funktioniere, sagt Berthold Weiß. Wie es weitergeht,wisse niemand so genau.







Zum Anfang
16 zusätzliche Polizistenverstärken nun die Mannschaft im Revier in Ellwangen. Deren Arbeit hat drei Schwerpunkte: Sie sollen für mehr subjektive Sicherheit in der Stadt sorgen, Präventionsarbeit leisten, in der LEA selbst Delikte verfolgen und Streit schlichten.

Nur mit einem Großaufgebot können die Beamten Ende August bei einer Prügeleizwischen Pakistani und Syrer Schlimmeres verhindern. Rund 100 Menschen gehen aufeinander los. 15 Menschen werden verletzt, darunter Mitglieder der Security. "Wir haben hier mehr als 2000 Syrer und 300 Pakistani. Es gibt keine Möglichkeit, diese Gruppen zu trennen. Das ist ein großes Problem", sagt Berthold Weiß.

Zum Anfang

September 2015

Malteser aus Aalen und Umgebung sind seit Ende August beinahe ununterbrochen für verschiedene Hilfseinsätzein der LEA Ellwangen eingesetzt. Erst haben sie mit 750 Einmaldecken ausgeholfen. Daraus hat sich eine enge Zusammenarbeit entwickelt, um das Leid der Flüchtlinge zumindest etwas abzumildern.

In einem kurzfristigen Einsatz wurden beispielsweise zwölf zusätzliche Zelte aufgebaut.  „Ohne eine motivierte Helferschaft und viel Verständnis der betroffenen Arbeitgeber wäre dieser kurzfristige Einsatz nicht zu bewältigen“, sagen Torsten Felgenhauer und Bernd Schiele, die beim Malteser HilfsdienstAalen die Zusammenarbeit mit der LEA koordinieren.





Zum Anfang
Der Herbst naht, die Unterbringungwird immer schwieriger. In den 14 Zelten wohnen die Männer. Alle fünf Gebäude sind von Familien belegt. Noch näher zusammenzurücken geht nicht mehr. Die kleinen Zeltesind nicht beheizbar. Trotzdem müsse man Familien, die nachts mit Säuglingen und kleinen Kindern kämen, dort unterbringen, weil man nachts keine Zimmer räumen könne. Im früheren Speisesaal liegen Matratzen, in Räumen, die für Kinderbetreuung, Kurse oder als Aufenthaltsräume vorgesehen sind, stehen Stockbetten.



Zum Anfang
Beim Flüchtlingsgipfelsagt Polizeivizepräsident Volker Schindler: "Die meisten Diebstähle finden innerhalb der LEA statt." Auch die Körperverletzungen. Beeinträchtigt sei das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Polizeilich habe man die Lage im Griff. So auch Anfang September, als
Streithähne
aufeinander losgehen – ein Wochenende lang ist die Polizei im Dauereinsatz.

Oder bei einer Schlägereizwischen Syrern und Pakistani. 150 Menschen sind beteiligt, vier Menschen werden verletzt. 30 Streifenwagen und rund 100 Beamte – teilweise in schwerer Schutzmontur – sind im Einsatz.


Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Die Zahl der Flüchtlinge steigt gegen Ende September auf rund 4700 Menschen an. Das Vertrauenin die Landesregierung ist erschüttert. Das macht eine Sondersitzung des Gemeinderats deutlich. Das Rote Kreuz, Caritas, European Homecare und weitere, die in der LEA arbeiten, schicken angesichts der Überbelegung einen Brandbrief an Regierungsvizepräsident Schneider. Darin geht es um Brandschutz (so randvoll, wie die LEA belegt sei, komme keiner mehr rechtzeitig heraus), Hygiene (in einer Turnhalle, die mit 300 Personen belegt ist, gibt es nur eine Toilette), Unterbringung (fünfköpfige Familien teilten sich zwei Matratzen). Schrezheims Ortsvorsteher Albert Schiele äußerte seinen „Protest gegen die Ohnmacht, der wir ausgesetzt sind.“

1000 Flüchtlinge werden Ende September verlegt, kündigt Ministerpräsident Kretschmann an. Doch die Lage bleibt angespannt.


Video öffnen

Zum Anfang

Oktober 2015

Rund 130 Helferengagieren sich inzwischen ehrenamtlich in der LEA, weiß Charlotte Raubach von der Caritas Ost-Württemberg, die die freiwillige Hilfe koordiniert. Die Jüngsten unter den Freiwilligen sind 16-jährige Mädchen, die zusammen mit Franziskanerinnen mit Flüchtlingskindern singen, der Älteste ist ein 80-Jähriger, der Deutschunterricht für Französischsprachige anbietet. Die Hilfsbereitschaft reißt seit der LEA-Eröffnung nicht ab.
Zum Anfang
Gute Nachrichten:Der Sicherheitsdienst wird aufgestockt, es werden zusätzliche Dusch- und Toiletten-Container aufgestellt, der Putzdienst wird verstärkt. Das Regierungspräsidium Stuttgart und LEA-Leiter Berthold Weiß reagieren damit auf den Brandbrief.Die Maßnahmen sollen die Situation verbessern. Noch immer ist die LEA massiv überbelegt.Mitte Oktober leben hier rund 3800.




Zum Anfang
Schreckenim Gemeinderat: Das Land will weitere 5,1 Millionen Euro in den Ausbau der LEA investieren. Mit dem Geld soll der technische Bereich der Kaserne ausgebaut werden. Aus dem Schreiben der Staatskanzlei lässt sich herauslesen: Das Land geht davon aus, dass die LEA künftig mit 3500 Flüchtlingen belegt sein wird. In den Brief heißt es: "Gleichwohl versichere ich Ihnen, dass die Bedürfnisse der Stadt Ellwangen stets im Blick bleiben werden und die Belegungszahl von 3500 Personen in Zukunft nur im äußersten Notfall überschritten werden wird."


Zum Anfang

November 2015

Rund fünf Millionen Euro an Steuergeldern sollen in die LEA fließen. Wir recherchieren und wollen von verschiedenen Ministerien und Behörden wissen, was konkret für diesen stattlichen Betrag gebaut werden soll. Die spärlichen Reaktionen und kurzen Antworten, die wir erhalten, lassen erahnen, wie es derzeit in deutschen Ministerien, Behörden und Ämtern im Angesicht der Flüchtlingskrise zugeht. Hier geht es zur Geschichte. 
Zum Anfang
Seit Monaten kursieren in den sozialen Medien
Gerüchte,wenn es um Flüchtlinge geht. Zuletzt wurde via Facebook verbreitet, dass die Asylsuchenden der Ellwanger Gastronomie die Umsätze verhageln würden. Ebenso wird behauptet, dass muslimische Flüchtlinge gezielt die Gottesdienste in Ellwangen stören sollen. Aussagen, die nachweislich von Vertretern rechtsextremer Parteien kamen. Wir gehen den Behauptungen auf den Grund. Das Ergebnis: Die Facebook-Behauptungen sind allesamt falsch.



Zum Anfang

Dezember 2015

In der Halle 102 gibt es nun eine neue Kleiderkammerin der LEA. „An einem Nachmittag kommen 250 bis 270 Männer“, sagt der Leiter der Kleiderkammer, Laurent Marshall,von European Homecare.

Doch ohne die rund 60 Ehrenamtliche würde es nicht funktionieren. Liane Jung und Irmgard Göhring sind von Anfang an dabei. Die Kleiderannahmestelle im ehemaligen Woha gibt es seit Januar 2015. Rund 150 ehrenamtliche Helfer engagieren sich dort seitdem.

Berthold Weiß freut sich über „unglaublich viel Spendenmaterial“. Wichtig sei, dass die Kleiderpenden vorsortiert, gewaschen und sauber sind. Dadurch würden die Ehrenämter gewaltig entlastet.






Zum Anfang

Januar 2016

Am 3. Januar kommt es in der LEA erneut zu einer
Massenschlägerei.Wieder prügeln sich Pakistani und Algerier teils mit Feuerlöschern und Eisenstangen. Ein Zelt brennt. Die Bilanz: Neun leicht verletzte Flüchtlinge und ein beschädigtes Polizeiauto. Das Regierungspräsidium kündigt nun eine härtere Gangart an. Kurze Zeit später werden 60 algerische Flüchtlinge in andere Einrichtungen verlegt. Deren laufende Asylverfahren sollen beschleunigt werden. Man erwarte, dass die Asylbegehren abgelehnt werden. Die Personen sollen im Anschluss abgeschobenwerden.
Zum Anfang
Franz Josef Grill(FW-FBE) kritisiert im Gemeinderat die Berichterstattung in den Zeitungen. Grill berichtet von sexuellen Übergriffen auf junge Frauen in der Stadt, von denen er privat erfahren hat. Dazu kämen seine Erfahrungen, die Grill als Notarzt bei Einsätzen in der LEA machte. Zudem beklagt er, dass Polizisten ein Maulkorb verpasst worden sei. Polizeisprecher Bernhard Kohn bestreitet das. Zudem seien viele Delikte im Bereich der sexuellen Belästigung nicht von strafrechtlicher Relevanz. Der Polizei sei natürlich bekannt, dass es in Ellwangen derzeit vermehrt zu solchen Zwischenfällen kommt, die Polizei wolle das keinesfalls kleinreden. Aber: "Wir können nun einmal niemanden wegsperren, nur, weil er eine Frau angestarrt oder schräg angesprochen hat. Unser Gesetz gibt das nicht her."




Zum Anfang
Aufmarscham 24. Januar  vor den Toren der LEA: 500 Menschen, vornehmlich Russlanddeutsche, demonstrieren unangemeldet gegen die Einrichtung und die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Die Menge skandiert "Merkel muss weg" und "Schützt unsere Kinder". Anlass für die Demonstration sind die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen Großstädten. Der Aufruf zu dem Protest war via Facebook veröffentlicht worden. LEA-Leiter Berthold Weiß und OB Karl Hilsenbek werden ebenso wie die anwesenden Journalisten beschimpft, die sich einmal mehr den Vorwurf der "Lügenpresse" gefallen lassen müssen. Wobei hier offenkundig deutsche Rechtsextreme die Stimmung anheizen.





Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Mit einem Großaufgebotrückt die Polizei Ende Januar in der LEA an. Im Fokus stehen Nordafrikaner, die bislang nicht beim Bamf digital registriert waren. Innenminister Reinhold Gall (SPD) spricht vom Verdacht auf eingereiste Straftäter. Bei der Kontrolle gehen den Beamten zwei verdächtige Algerier ins Netz. Weitere Flüchtlinge werden in Gewahrsam genommen. Das Aufgebot ist enorm: zwei Hundertschaften der Polizei, die das Aalener Präsidium unterstützen, dazu berittene Polizei, die Hundestaffel, die Feuerwehr und französische Verbindungsbeamte. Manche tragen schusssichere Westen, durchsuchen Zelte oder Bewohner, Betten werden auseinandergenommen, Flüchtlinge müssen Taschen leeren, Hunde schnüffeln in Unterkünften. Polizeisprecher Bernhard Kohn will dennoch nicht von einer Razzia sprechen. Es seien auch keine Durchsuchungen geplant. Es werde nach Dingen gefahndet, die Aufschluss über die Identität geben. Nach der Aktion werden die Nordafrikaner nach Stuttgart verlegt.

Video öffnen

Zum Anfang

Februar 2016

Große Augen gibt es Anfang Februar, als Jutta Jakob und Margret Schreg vom Ellwanger Juze sowie viele Helfer Spielsachen an die Kinder in der LEA verteilen. Die Sachen waren übrig vom Spielwarenladen
Glücksgriff,in dem von November bis Januar gebrauchte Spielsachen verkauft wurden.

Zweieinhalb Monate lang hatte das Juze-Team Spielsachen zugunsten der Kinderbetreuung in der LEA verkauft. Vom Erlös – 12 000 Euro – werden Tischkicker, Tischtennisplatten, Schaukeln und vieles mehr angeschafft.




Zum Anfang
Mittlerweile wird fleißig erweitert in der LEA – und das, obwohl das baurechtliche Verfahrennoch nicht abgeschlossen ist. Das räumt Bürgermeister Volker Grab ein. Die Stadt habe das geduldet, weil es ein öffentliches Interesse gebe, dass die Flüchtlinge ordentlich untergebracht werden.

Als grün-roten Schwarzbau hingegen bezeichnet Ann-Marie Schöppner, Rechtsanwältin und selbst Anliegerin, die Erweiterung. Sie kritisiert, dass die Nutzungsänderung, die 2000 Personen vorsehe, gegen den Vertrag zwischen Stadt und Land verstoße, der eine Maximalbelegung von 1000 Personen festschreibt. Im Gemeinderat stellt Hans-Peter Krämer (Freie Wähler/Freie Bürger) den Antrag, dass die Stadt den Vertrag mit dem Land hinsichtlich der LEA-Erweiterung rechtlich
prüfen
lässt. OB Hilsenbek ist einverstanden.




Zum Anfang

März 2016

"Ellwangen bleibt bunt"ist eine Aktion, die vom Aktionsbündnis Mahnwache Ellwangen, dem Verlag Cicero Opferkuch und der Druckerei Opferkuch ins Leben gerufen wird. „Mit Anzeigen und Plakaten wollen wir ausdrücken, dass die große Mehrheit der Ellwanger Bürger nicht rassistisch denkt und Menschen wegen anderer Herkunft ausgrenzt“, sagt Klaus Opferkuch.

Die Aktion sei ein Resultat aus verschiedenen Anlässen. „Als öffentlich unverblümt von der Möglichkeit des Schießbefehls an der Grenze auf Flüchtlinge gesprochen wurde, hat das bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht.“

Zum Anfang
Bei einer Bürgerversammlung sagt Volker Schindler, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Aalen, dass sich die Lage deutlich beruhigt hat, seit in der Großaktiondes Regierungspräsidiums im Januar alle LEA-Bewohner aus Nordafrika verlegt worden sind. "Das hat Wirkung gezeigt, seither hatten wir keine Einsatzmaßnamen mehr", sagte Schindler. 

Doch nicht alles hat sich gebessert: Die Hetze im Internet geht nach wie vor weiter. Mehrere Anzeigen habe OB Hilsenbek laufen, mittlerweile sei eine zweite Person ermittelt.




Zum Anfang
Rund 900 Menschen leben nun in der LEA, sagt Berthold Weiß bei einer Podiumsdiskussion,zu der Schüler des Ellwanger Peutinger-Gymnasiums eingeladen haben. Mohammad Darwish und sein Sohn Hussain aus Damaskus schildern dabei, wie es zum Bürgerkrieg in Syrien gekommen ist. Hussain besucht das Gymnasium seit zwei Jahren und geht in die 10. Klasse. 

Man sollte den Flüchtlingen vom ersten Tag an in ihrer Sprache sagen, was in Deutschland erlaubt und was verboten ist, so Hussain Darwish: "Jeder Flüchtling hat nur eine Idee, dass in Deutschland alles erlaubt ist." Die Integrationskurse kämen zu spät.




Zum Anfang
Mit fast 15 000 Einsatzstundenallein in der LEA war die Polizei im Jahr 2015 stark gefordert, berichtet Polizeipräsident Roland Eisele, als er Ende März die Kriminalstatistik für 2015 vorstellt. Drastisch gestiegen ist in Ellwangen die Zahl der Diebstähle, nämlich um 772 auf 1262, wobei sich ein Teil der Diebstähle innerhalb der LEA ereignete. Allein die Ladendiebstähle nahmen um 90 Prozent auf 217 Fälle zu, unter den 176 Verdächtigen waren 110 Flüchtlinge.



Zum Anfang
Pro LEA-Bewohner erhalte die Stadt 1000 Euro im Jahr. Bei einer Regelbelegung von 1000 Flüchtlingen also
eine Million Euro,sagt OB Karl Hilsenbek bei der Bürgerversammlung. Baufirmen aus Ellwangen und der Region, Versorger und Reparaturbetriebe hätten von der Einrichtung  profitiert. Wichtiger aber war Hilsenbek, dass die Stadt schwierige Aufgaben bewältigt habe und ihren Beitrag für die Flüchtlinge leiste: "2015 geht als das Jahr in die Stadtgeschichte ein, in dem wir das bewiesen haben. Darauf können wir stolz sein."

Zum Anfang

Impressum und Co.

Zum Anfang
Konzeption & Produktion:
Thorsten Vaas

Redaktion:
Beate Gralla,Thorsten Vaas,Alexandra Rimkus,
Sylvia Möcklin,Marvin Weber,Annika Grunert, Petra Rapp-Neumann, Markus Lehmann

Fotos & Videos:
Beate Gralla,Alexandra Rimkus,Thorsten Vaas,Regio TV Schwaben,Sylvia Möcklin,Foto Zirlik,
Petra Rapp-Neumann, af, Thomas Siedler, Wolfram Kastl (dpa), Hannibal Hanschke (dpa), Oliver Berg (dpa), Armin Weigel (dpa), Stefan Puchner (dpa), privat

Kontakt:
schwäbische.de/ellwangen
Ipf- und Jagst-Zeitung
Aalener Straße 10
73479 Ellwangen
Telefon: 07961 9888-67
redaktion@ipf-und-jagst-zeitung.de

Copyright:
Schwäbische Zeitung 2015 - alle Rechte vorbehalten
Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden