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Aufnahme von Flüchtlingen

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Aufnahme von Flüchtlingen

Immer mehr Flüchtlinge strömen nach Deutschland, die auf die Bundesländer verteilt werden. Nach welchen Kriterien geschieht das? Wer bezahlt es? Warum nimmt der Ostalbkreis weitere Flüchtlinge auf, obwohl er nicht muss? Wie viele sind es? Dürfen Flüchtlinge arbeiten?

Die Stationen von der Erstaufnahme bis zur Anschlussunterbringung haben wir für Sie in unserem Multimedia-Spezial zusammengefasst.

Von Eckard Scheiderer und Thorsten Vaas.



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Die Erstaufnahme

In Deutschland ankommende Flüchtlinge werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Der Schlüssel berücksichtigt Bevölkerungszahl und Steuerkraft eines Bundeslandes. Demnach muss Baden-Württemberg an dritter Stelle hinter Nordrhein-Westfalen und Bayern rund 13 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen.

Baden-Württemberg hat dafür Landes-Erstaufnahmestellen (LEA) wie die in Ellwangen eingerichtet. Dort werden alle Flüchtlinge auf ansteckende Krankheiten und Tuberkulose untersucht. Zuständig ist in Ellwangen dafür das Gesundheitsamt des Ostalbkreises.


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In der Ellwanger LEA befindet sich auch eine Dienststelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bei der die Flüchtlinge ihren Asylantrag stellen können.

Weil die BAMF-Mitarbeiter in den Erstaufnahmeeinrichtungen dabei aber überall erheblich im Rückstand sind, schickt das Bundesamt mobile Teams, um die Asylanträge von den bereits dorthin weiterverteilten Flüchtlingen entgegen zu nehmen.
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In der LEA erhalten die Flüchtlinge Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Hygieneartikel und medizinische Betreuung. Außerdem ein Taschengeld (für Erwachsene) von aktuell 140 Euro im Monat.
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Träger der Erstaufnahmeeinrichtungen ist das Land, das sich dabei auch privater Dienstleister wie European Homecare (EHC) bedient. Sie sorgen sich um Unterkunft, Essen, Bekleidung und auch hausärztliche Versorgung.

Eine Sozial- und Verfahrensberatung müssen das Land beziehungsweise der Landkreis organisieren. In der LEA Ellwangen haben diese Aufgabe die Caritas, die Diakonie und das Deutsche Rote Kreuz übernommen.



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Alle Kosten einer LEA trägt das Land. Die Leistungen des Ostalbkreises, etwa des Gesundheitsamts, werden derzeit nach Pauschalsätzen verrechnet, sollen aber später noch nach dem tatsächlichen Aufwand abgegolten werden. Die Kosten des BAMF für das Asylantragsverfahren trägt der Bund.

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Flüchtlinge können für maximal drei Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. In der Realität werden sie wegen des immensen Zustroms derzeit aber viel schneller auf die Stadt- und Landkreise weiterverteilt, in der Regel bereits nach drei oder vier Wochen.

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Die Vorläufige Unterbringung

Im Anschluss an die Erstaufnahme werden die Flüchtlinge innerhalb eines Bundeslandes auf die Stadt- und Landkreise verteilt. Den Schlüssel hierzu bilden die Einwohnerzahlen. Der Ostalbkreis wäre demnach verpflichtet, 3,16 Prozent aller Flüchtlinge in Baden-Württemberg aufzunehmen.

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In der Regel erfolgt die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Derzeit gilt ein gesetzlicher Anspruch auf 4,5 Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche pro Person zuzüglich der gemeinsamen Nutzung von Bad, WC und Küche. Eine Erhöhung der Fläche auf sieben Quadratmeter zum 1. Januar hat das Land wegen der hohen Flüchtlingszahlen vorläufig storniert.
 
Der Ostalbkreis allerdings legt bereits jetzt bei der Flüchtlingsunterbringung diese sieben Quadratmeter zugrunde und setzt statt einer „Kasernierung“ bewusst auf dezentrale Konzepte.


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Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung können bis zum Abschluss des Asylverfahrens in den Gemeinschaftsunterkünften bleiben, maximal 24 Monate. Derzeit liegt die Aufenthaltsdauer bei nur sieben bis acht Monaten. Sie wird sich noch verkürzen, je schneller es den Mitarbeitern des BAMF gelingt, die Asylverfahren durchzuziehen.

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Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung erhalten nur Geldleistungen. Sie haben seit 2012 denselben Anspruch wie Hartz-IV-Empfänger. Von diesen 399 Euro werden für Flüchtlinge pauschal 40 Euro für die vom Kreis bezahlte Unterkunft abgezogen, so dass sie 359 Euro monatlich erhalten.
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Kleinere Kinder in der vorläufigen Unterbringung können eine Kita besuchen, Schulkinder sind schulpflichtig. Dafür gibt es spezielle Schulklassen.

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Flüchtlinge sind nicht zum Besuch von Deutsch-Kursen verpflichtet. Auf der ersten Niveau-Stufe, der A1-Stufe, sind es vor allem Asyl-Freundeskreise, Privatpersonen, Kirchengemeinden und andere karitative Institutionen, welche die Sprachkurse organisieren. Kurse auf A2-Niveau bieten professionelle Institutionen wie Volkshochschulen, DAA und andere an.
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In den ersten drei Monaten dürfen Flüchtlinge nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Sie dürfen aber eine gemeinnützige Arbeit in Form von Ein-Euro-Jobs aufnehmen.

Nach drei Monaten dürfen sie nur dann eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, wenn den Arbeitsplatz kein Deutscher oder kein anderer EU-Bürger haben will. Diese Ausschlussfrist gilt für 15 Monate.

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In der vorläufigen Unterbringung trägt der Landkreis alle Kosten – neben den 359 Euro monatlich auch die für Wohnung und Unterkunft sowie die für Krankenhilfe. Gerade diese können teilweise ganz erheblich werden, wenn es etwa gilt, psychische Störungen oder Traumatisierungen zu behandeln.

Flüchtlinge, die als Asylbewerber anerkannt sind, erhalten den vollen Hartz-IV-Betrag. Bei Sprachkursen bezahlt der Ostalbkreis  300 Unterrichtsstunden pro Person.
 
Für jeden Asylbewerber erhält der Kreis vom Land eine pauschale Einmalzahlung in Höhe von 13 260 Euro. Ein Betrag, der allerdings nicht ausreicht, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Das Land und die Landkreise haben sich deshalb darauf verständigt, dass das Land den Kreisen die Kosten bis zur tatsächlichen vollen Höhe erstattet.
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Sie sind zur Ausreise verpflichtet, der oftmals aber verschiedene Gründe entgegenstehen – humanitäre Aspekte, fehlende Papiere bis hin zur Weigerung des Herkunftslandes, diese Menschen wieder aufzunehmen. Bis sie ausreisen können, sind nicht anerkannte Asylbewerber geduldet, das heißt für sie gilt nach dem deutschen Aufenthaltsrecht eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung.

Für die Dauer der Duldung trägt alle Kosten der Kreis. Bei der rasch steigenden Zahl syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge ist jedoch eine künftig hohe Anerkennungsquote zu erwarten, möglicherweise bis zu 98 Prozent. Dies würde die Kreise wiederum finanziell entlasten, weil den Hartz-IV-Satz dann der Bund bezahlt.



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Anschlussunterbringung

Flüchtlinge, deren Asylrecht anerkannt worden ist, können sich im Bundesgebiet frei eine Wohnung suchen. Geduldete Flüchtlinge müssen nach dem Abschluss ihres Asylverfahrens von den Städten und Gemeinden mit Wohnraum versorgt werden.

Bis Ende dieses Jahres leben im Ostalbkreis rund 200 Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung, im kommenden Jahr könnten es bis zu 500 sein.

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Die Kosten für den Lebensunterhalt sowie die Mietkosten für die von den Städten und Gemeinden beschafften Wohnungen muss der Kreis bezahlen. Auch läuft die Finanzierung begonnener Sprachkurse weiter.
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LEA-Privileg

Zu Beginn des Flüchtlingszustroms nach Deutschland waren in Baden-Württemberg die vier Kreise, in denen die ersten Landes-Erstaufnahmestellen eingerichtet wurden, von der Verpflichtung befreit, weitere Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung aufnehmen zu müssen: der Ostalbkreis (LEA Ellwangen), der Zollern-Alb-Kreis (LEA Meßstetten) sowie die Stadtkreise Karlsruhe und Mannheim.
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Im Oktober 2014 hatte der Kreistag des Ostalbkreises beschlossen, dieses sogenannte LEA-Privileg aus kommunaler Solidarität und humanitärer Verpflichtung nur in Teilen in Anspruch zu nehmen und so viele Flüchtlinge aufzunehmen, wie in den bereits bestehenden Gemeinschaftsunterkünften Kapazitäten vorhanden sind oder frei werden. Das sind derzeit rund 1000 Plätze.
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Weil zusätzliche LEA’s im Land eingerichtet wurden, hat das Landeskabinett eine Neuregelung beim LEA-Privileg beschlossen. Demnach wird den Kreisen mit einer neuen LEA die Zahl der durchschnittlichen LEA-Belegung bei der Zahl der in die vorläufige Unterbringung aufzunehmenden Flüchtlinge gutgeschrieben. Das alte LEA-Privileg gilt für die ersten vier Kreise aber weiterhin.

Der Ostalbkreis will auch weiterhin das alte LEA-Privileg nicht ausschöpfen, sondern im kommenden Jahr mit geplanten 1500 freiwillig noch mehr Plätze in Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung stellen als bislang.
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Impressum

Konzeption & Produktion:
Thorsten Vaas

Redaktion:
Thorsten Vaas, Eckard Scheiderer

Fotos / Videos:
Thomas Siedler, Beate Gralla, Thorsten Vaas, Jasmin Off, Sarah Schleiblinger, Julia Baumann, Yannick Dillinger, Kara Ballarin, dpa

Kontakt:
schwäbische.de/aalen
Aalener Nachrichten
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73430 Aalen
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