Die Lindauer Bürger entscheiden am 23. Juli darüber, ob im Strandbad Eichwald eine Therme entsteht oder nicht.
Die Frage spaltet mittlerweile die ganze Stadt.
Wir zeigen, wie es dazu kam.
Bürgerbad statt Megabau
Protest richtet sich gegen die geplante Therme
Trotz des Protests der Bürgerinitiative beschließt der Stadtrat in seiner Märzsitzung: Oberbürgermeister Gerhard Ecker soll die Verträge für die Therme unterschreiben.
Die Thermenpläne
Die Idee dahinter ist, dass die beiden Bereiche Sauna und Wellness das Strandbad und das Sport- und Familienbad querfinanzieren. Die Eintrittspreise sollen dadurch auf dem Niveau des jetzigen Freibads und Hallenbads in Lindau bleiben.
Das Konzept ist das Ergebnis eine seit sieben Jahren andauernden Diskussion darüber, wie die Bäderlandschaft kostendeckend betrieben werden kann.
Die Pläne wurden auf Eis gelegt. 2014 hat die Stadt das Verfahren wieder aufgenommen. Andreas Schauer meldete sich auf die Ausschreibung - mit besseren Konditionen als vorher. Die Verhandlungen begannen.
Die Finanzierung der Therme
Die Stadt muss für das sogenannte Grundversorgungsbad aufkommen, damit gemeint sind das Strandbad sowie das Familien- und Sportbad. Für den Bau dieser Bäder muss die Stadt etwa 12,6 Millionen Euro aufbringen. Sie wird die Summe über Kredite finanzieren. Die nötigen Zahlungen für Zins und Tilgung machen etwa 600 000 Euro im Jahr aus.
Hinzu kommen Betriebskosten, denn über einen Zuschuss sichert die Stadt günstige Eintritte für Familien sowie die Badnutzung durch Schulen und Sportvereine. Der Zuschuss liegt bei 670 000 Euro im Jahr. Der Betrag ist deshalb vergleichsweise niedrig, weil ein Teil der Gewinne aus Schauers privatem Wellness- und Saunabad in den städtischen Bereich fließt.
Da die Stadt noch interne Kosten bei den Bäderbetrieben begleichen muss, beträgt der jährliche Zuschuss 1,4 Millionen Euro. Das hat das Landratsamt bereits genehmigt, weil es weniger ist, als die Stadt bisher für ihre Bäder zahlen muss.
Strandbad und Hallenbad
Im Strandbad, das ebenso wie das Sport- und Familienbad der Stadt Lindau gehören wird, wird es ein 50-Meter-Becken mit fünf Bahnen geben. Die eingezeichneten Rutschen sollen nachgebaut werden, wenn aus dem Betrieb genug Geld erwirtschaftet wird.
Das Familien- und Sportbad enthält ein 25-Meter-Becken mit fünf Bahnen sowie eine Sprunganlage mit Ein-Meter-Brett und Drei-Meter-Turm.
Für Kinder und Jugendliche wird der Rutschenturm ein Anziehungspunkt sein. Hinzu kommen ein Wildbach, ein Mehrzweckbecken und eine und eine Kinderwasserhöhle.
Sauna und Wellness
Zur Sauna gehört eine große Liegewiese mit Seezugang, die abgetrennt ist von der Liegewiese des Strandbads.
Als Therme in der Therme Lindau bezeichnet Andreas Schauer den Wellnessbereich. Dort soll es innen und außen Becken mit warmem Wasser geben. Es handelt sich nicht um Thermalwasser aus der Erde, sondern um erwärmtes Wasser. Hinzu kommen Heiß-, Kalt- und Klangbecken, Textilsauna, Dampfbad, Solebecken und Whirlpool. Das Gelände des Wellnessbereichs ist zur Sauna hin ebenso abgetrennt wie zum Strandbad und zum Familien- und Sportbad. Eine Tageskarte soll nach derzeitigem Stand 15,50 Euro kosten, die Sauna 17,50 Euro.
Die Liegewiese
Deshalb rückt die Liegefläche zudem zu einem großen Teil in den Eichenhain. Was die einen kritisieren, weil sie fürchten der Bau werde dort zu feucht, freut die anderen, die sich über mehr Schattenplätze freuen, die im Eichwaldbad bisher knapp sind. Insgesamt 18000 Quadratmeter Liegeflächen stehen den Badegästen laut Andreas Schauer künftig zur Verfügung.
Wie viel von dieser Fläche noch für geplantes Beachvolleyballfeld, Spielplatz und den Bereich der Surfschule abgehen, lässt sich aus den Unterlagen bisher nicht genau erkennen.
Gerhard Ecker
Oberbürgermeister von Lindau
Warum braucht Lindau die Therme?
Die BI reicht ein Bürgerbegehren ein
Am 16. Mai überreichte die Bürgerinitiative Eichwald nach eigenen Worten 2699 Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Eichwaldbades. Nötig gewesen wären etwas mehr als 1600.
Bei der nicht abgesprochenen Übergabe der Listen im Vorzimmer des Oberbürgermeisters kam es zum Eklat. Während OB Gerhard Ecker sich überfallen fühlte, warf die BI ihm „Verzögerungstaktik“ vor.
Maximilian Schuff
Sprecher der BI
Warum ist die BI gegen die Therme?
Der Bürgerentscheid
Die Räte hatten sich außerdem entschlossen, dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzusetzen. Auch dies beschlossen sie mit zwei Gegenstimmen am 1. Juni. Als Termin für die beiden Bürgerentscheide wurde der 23. Juli festgesetzt.
Die BI hat Klage gegen das Ratsbegehren eingereicht. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage der Bürgerinitiative Eichwald gegen das Ratsbegehren zurückgewiesen. Da die BI keine Beschwerde vor Verwaltungsgerichtshof einlegen will, ist der Rechtsstreit damit beendet. Nun sollen die Bürger das Wort haben.
Das Eichwaldbad
Defizitäre Bäder
Das Eichwaldbad früher
Eigentlich hätte es noch zwei weitere Bauabschnitte geben sollen: Schon damals waren eine Wärmehalle, ein Fitnessbereich und ein neuer Gastronomiebereich sowie Sauna und Solarium geplant. Doch dazu ist es nie gekommen, da das Geld ins Freizeitzentrum nach Oberreitnau geflossen ist - als Brautgeschenk nach der Eingemeindung.
Bis 1976 herrschte im Eichwald Badekappenpflicht. Darüber, und über die Gäste im Eichwald wachten die Bademeister, die hier im Bild stolz posieren (von links): Klaus-Dieter Massek, Bruno Hafner, Rainer Schwarz, Helmut Lay und Albert Widmann.
Unvergessen bleibt für alle Zuschauer auch
das Santana-Konzert 2003 im Eichwald.
Das Eichwaldbad heute
Dabei ist es nicht mit kosmetischen Reparaturen getan. Denn die 42 Jahre alten Becken stehen nicht nur leicht schief auf dem nicht festen Untergrund, zum Teil ist es zu Setzungen gekommen, sodass auch der Rohbau beschädigt ist.
Die Bäderbetriebe müssten deshalb wohl alle Becken erst auf den Rohbau zurückführen, damit Fachleute schauen können, ob er zu reparieren wäre oder ob er auch völlig neu gebaut werden müsste. Die Kosten lassen sich deshalb nur sehr grob angeben. „Aktuell schätzen wir den Betrag allein für die Sanierung der Becken auf drei bis fünf Millionen Euro. Tendenz jährlich steigend“, hat Lindaus Pressesprecher Jürgen Widmer bereits im Frühjahr auf Anfrage der LZ berichtet.
Auch die Wasserfilter, die zur Aufbereitung des Wassers in den Becken unerlässlich sind, müssten erneuert werden. „Die Elektrik ist völlig überaltert und nicht mehr zulässig“, sagt Widmer.
Allein die Kosten für eine neue Wasseraufbereitung schätzt er auf 1,4 Millionen Euro.Hinzu kommen die baufälligen Nebengebäude, was Widmer so zusammengefasst hat: „In den Dächern regnet es rein. Die Umkleiden und Jahreskabinen sind morsch.“ Die Sanierung der Duschen, Umkleidekabinen und sonstigen Einrichtungen würden etwa eine halbe Million Euro kosten, wenn die Stadt die alten Einrichtungen abreißen und neue bauen würde. Bei einer Sanierung im historischen Bestand belaufen sich die Kosten laut Stadt auf etwa 750 000 Euro.
Gerhard Ecker
Oberbürgermeister von Lindau
Was spricht gegen eine Sanierung?
Der Bürgerentscheid
Bürgerbegehren: „Sind Sie dafür, dass das Strandbad Eichwald in seiner bisherigen Form erhalten bleibt und die Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 110 "Thermal- und Freizeitbad, Eissporthalle" sowie zur Änderung des Flächennutzungsplanes im Bereich "Thermal- und Freizeitbad" eingestellt werden?"
Ratsbegehren: „Sind Sie dafür, dass das Strandbad Eichwald zu einem attraktiven und familienfreundlichen Sport- und Freizeitbad weiterentwickelt wird und daneben eine privat finanzierte "Therme Lindau" mit Wellnessbereich und vielfältiger Saunalandschaft entsteht?“
Damit es auf jeden Fall zu einem Ergebnis kommt, gibt es eine Stichfrage.
Was bewirkt der Bürgerentscheid?
Dass der Erhalt oder besser die Instandsetzung des Strandbads sehr teuer würde spricht dabei laut Kommunalaufsicht nicht automatisch gegen den Bürgerentscheid.
Für Lindau bedeutet das konkret, dass nach einem Erfolg des Bürgerbegehrens die Verträge für die Therme ungültig wären. Zudem müssten Verwaltung und Stadtrat den Weiterbetrieb des Eichwaldbades in bisheriger Form ermöglichen. Dafür aber wären weitere Beschlüsse des Stadtrats nötig und auch Genehmigungen durch das Landratsamts, wenn diese mit hohen Kosten verbunden wären.
Doch wie geht der Bürgerentscheid aus?
Gerhard Ecker
Oberbürgermeister von Lindau
Maximilian Schuff
Sprecher der BI
Impressum
Julia Baumann
Texte
Dirk Augustin, Yvonne Roither, Julia Baumann
Fotos
Christian Flemming, Dirk Augustin, Helmut Lay, Colourbox, dpa
Videos
Julia Baumann, Dirk Augustin, Christin Hartard, Alexis Albrecht
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Andreas Schauer
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