Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

Bürgerentscheid Therme - Gelebte Demokratie

Logo https://schwaebische.pageflow.io/burgerentscheid-therme-gelebte-demokratie/embed
















Die Lindauer Bürger entscheiden am 23. Juli darüber, ob im Strandbad Eichwald eine Therme entsteht oder nicht.
Die Frage spaltet mittlerweile die ganze Stadt.  
Wir zeigen, wie es dazu kam.
Zum Anfang
Einige Mitglieder der "Bürgerinitiative Eichwald" demostrieren am 29. März vor dem Alten Rathaus in Lindau. Wenige Minuten später wird sich der Stadtrat dort zu einer richtungsweisenden Sitzung versammeln. 
Zum Anfang
Gegenstand der Sitzung ist die geplante Therme im jetzigen Strandbad Eichwald. Die Pläne dafür sind ausgereift, ein Investor ist bereits gefunden. Die Bürgerinitiative plädiert dafür, das defizitäre Bad zu erhalten.  
Zum Anfang







Trotz des Protests der Bürgerinitiative beschließt der Stadtrat in seiner Märzsitzung: Oberbürgermeister Gerhard Ecker soll die Verträge für die Therme unterschreiben.  
Zum Anfang

Die geplante Therme Lindau ist ein Projekt, das die Stadt Lindau zusammen mit Investor Andreas Schauer realisiert. Sie besteht grob aus vier Bereichen: einem Strandbad, einem Sport und Familienbad (unter Dach), einem Sauna- und einem Wellnessbereich.  

Die Idee dahinter ist, dass die beiden Bereiche Sauna und Wellness das Strandbad und das Sport- und Familienbad querfinanzieren. Die Eintrittspreise sollen dadurch auf dem Niveau des jetzigen Freibads und Hallenbads in Lindau bleiben.

Das Konzept ist das Ergebnis eine seit sieben Jahren andauernden Diskussion darüber, wie die Bäderlandschaft kostendeckend betrieben werden kann. 
Zum Anfang
Die ersten Überlegungen zu einem "Badeparadies Lindau" hat es im Frühjahr 2010 gegeben. Nach langem Hin und Her gab es 2011 die Ausschreibung für ein Kombibad. Darauf meldeten sich Investoren, die mit ihren Konzepten aber alle den Vorstellungen des Stadtrats nicht gerecht wurden. 

Die Pläne wurden auf Eis gelegt. 2014 hat die Stadt das Verfahren wieder aufgenommen. Andreas Schauer meldete sich auf die Ausschreibung - mit besseren Konditionen als vorher. Die Verhandlungen begannen.  
Zum Anfang
Der Neubau der gesamten Therme kostet mehr als 30 Millionen Euro. Hinzu kommen noch Kosten für das Grundstück mitsamt Parkplatz, so dass manche auch von einem 40-Millionen-Euro-Projekt sprechen. 

Die Stadt muss für das sogenannte Grundversorgungsbad aufkommen, damit gemeint sind das Strandbad sowie das Familien- und Sportbad. Für den Bau dieser Bäder muss die Stadt etwa 12,6 Millionen Euro aufbringen. Sie wird die Summe über Kredite finanzieren. Die nötigen Zahlungen für Zins und Tilgung machen etwa 600 000 Euro im Jahr aus. 

Hinzu kommen Betriebskosten, denn über einen Zuschuss sichert die Stadt günstige Eintritte für Familien sowie die Badnutzung durch Schulen und Sportvereine. Der Zuschuss liegt bei 670 000 Euro im Jahr. Der Betrag ist deshalb vergleichsweise niedrig, weil ein Teil der Gewinne aus Schauers privatem Wellness- und Saunabad in den städtischen Bereich fließt.

Da die Stadt noch interne Kosten bei den Bäderbetrieben begleichen muss, beträgt der jährliche Zuschuss 1,4 Millionen Euro. Das hat das Landratsamt bereits genehmigt, weil es weniger ist, als die Stadt bisher für ihre Bäder zahlen muss. 
Zum Anfang
Die Therme Lindau soll aufgeteilt sein in ein Familien- und Sportbad, ein Strandbad, einen Wellnessbereich und eine Sauna. Außerdem wird es Restaurants und einen Fitnessraum geben.

Im Strandbad, das ebenso wie das Sport- und Familienbad der Stadt Lindau gehören wird, wird es ein 50-Meter-Becken mit fünf Bahnen geben. Die eingezeichneten Rutschen sollen nachgebaut werden, wenn aus dem Betrieb genug Geld erwirtschaftet wird. 

Das Familien- und Sportbad enthält ein 25-Meter-Becken mit fünf Bahnen sowie eine Sprunganlage mit Ein-Meter-Brett und Drei-Meter-Turm. 
Für Kinder und Jugendliche wird der Rutschenturm ein Anziehungspunkt sein. Hinzu kommen ein Wildbach, ein Mehrzweckbecken und eine und eine Kinderwasserhöhle. 
Zum Anfang
Investor Andreas Schauer plant in der Therme Lindau die größte Saunalandschaft am Bodensee. Die Saunakabinen gruppieren sich um Abkühlbereiche mit Erlebnisduschen, Tauchbecken und Wasserfall. Der Liegebereich ist um einen Warmwasserpool mit Seesicht angeordnet. Außerdem ist eine Außensauna geplant.
Zur Sauna gehört eine große Liegewiese mit Seezugang, die abgetrennt ist von der Liegewiese des Strandbads. 

Als Therme in der Therme Lindau bezeichnet Andreas Schauer den Wellnessbereich. Dort soll es innen und außen Becken mit warmem Wasser geben. Es handelt sich nicht um Thermalwasser aus der Erde, sondern um erwärmtes Wasser. Hinzu kommen Heiß-, Kalt- und Klangbecken, Textilsauna, Dampfbad, Solebecken und Whirlpool. Das Gelände des Wellnessbereichs ist zur Sauna hin ebenso abgetrennt wie zum Strandbad und zum Familien- und Sportbad. Eine Tageskarte soll nach derzeitigem Stand 15,50 Euro kosten, die Sauna 17,50 Euro.

Zum Anfang
Die für jedermann nutzbare Liegewiese wird im Strandbad der Therme Lindau kleiner gegenüber dem heutigen Strandbad Eichwald. Das liegt daran, dass der Bereich hinter dem Eisstadion für die Ökoausgleichsfläche nötig ist und ein anderer Bereich den Saunagästen vorbehalten bleibt.

Deshalb rückt die Liegefläche zudem zu einem großen Teil in den Eichenhain. Was die einen kritisieren, weil sie fürchten der Bau werde dort zu feucht, freut die anderen, die sich über mehr Schattenplätze freuen, die im Eichwaldbad bisher knapp sind. Insgesamt 18000 Quadratmeter Liegeflächen stehen den Badegästen laut Andreas Schauer künftig zur Verfügung.

Wie viel von dieser Fläche noch für geplantes Beachvolleyballfeld, Spielplatz und den Bereich der Surfschule abgehen, lässt sich aus den Unterlagen bisher nicht genau erkennen. 
Zum Anfang

Gerhard Ecker

Oberbürgermeister von Lindau

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang











Die BI reicht ein Bürgerbegehren ein

Am 16. Mai überreichte die Bürgerinitiative Eichwald nach eigenen Worten  2699 Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Eichwaldbades. Nötig gewesen wären etwas mehr als 1600.
Bei der nicht abgesprochenen Übergabe der Listen im Vorzimmer des Oberbürgermeisters kam es zum Eklat. Während OB Gerhard Ecker sich überfallen fühlte, warf die BI ihm „Verzögerungstaktik“ vor. 

Zum Anfang

Maximilian Schuff

Sprecher der BI

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Ganz ohne Diskussion hat der Lindauer Stadtrat am 1. Juni einstimmig für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Therme gestimmt.

Die Räte hatten sich außerdem entschlossen, dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzusetzen. Auch dies beschlossen sie mit zwei Gegenstimmen am 1. Juni. Als Termin für die beiden Bürgerentscheide wurde der 23. Juli festgesetzt. 

Die BI hat Klage gegen das Ratsbegehren eingereicht. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage der Bürgerinitiative Eichwald gegen das Ratsbegehren zurückgewiesen. Da die BI keine Beschwerde vor Verwaltungsgerichtshof einlegen will, ist der Rechtsstreit damit beendet. Nun sollen die Bürger das Wort haben.
Zum Anfang

Das Eichwaldbad

Sowohl das Eichwald als auch das Hallenbad Limare bringen der Stadt Lindau seit Jahren Defizite ein. Die Verluste der beiden Bäder liegen pro Jahr etwa bei 1,5 Millionen Euro. 
Zum Anfang
Das Strandbad Eichwald war nicht immer ein Sorgenkind der Stadt. Seit seiner Eröffnung 1929 war es für viele viel mehr als nur ein Bad. Es war für viele Menschen ihr Zuhause, ihr zweites Wohnzimmer. Hier gaben sich Teenies den ersten heimlichen Kuss, hier machten Generationen von Mädchen und Jungs die ersten Schwimmzüge, da trafen sich Sonnenanbeter mit Gleichgesinnten. Viele Erinnerungen sind mit dem Bad verknüpft.

Zum Anfang
Ein Meilenstein war der Umbau des Bades 1971, mit dem das Strandbad ein völlig neues Gesicht - und drei Becken bekam. Oberbürgermeister Josef Steurer hat das Bad damals feierlich eingeweiht.
Eigentlich hätte es noch zwei weitere Bauabschnitte geben sollen: Schon damals waren eine Wärmehalle, ein Fitnessbereich und ein neuer Gastronomiebereich sowie Sauna und Solarium geplant. Doch dazu ist es nie gekommen, da das Geld ins Freizeitzentrum nach Oberreitnau geflossen ist - als Brautgeschenk nach der Eingemeindung.

Zum Anfang












Bis 1976 herrschte im Eichwald Badekappenpflicht. Darüber, und über die Gäste im Eichwald wachten die Bademeister, die hier im Bild stolz posieren (von links): Klaus-Dieter Massek, Bruno Hafner, Rainer Schwarz, Helmut Lay und Albert Widmann. 
Zum Anfang

















Unvergessen bleibt für alle Zuschauer auch
das Santana-Konzert 2003 im Eichwald. 
Zum Anfang
Heute ist das Eichwaldbad heruntergekommen. Um es weiter betreiben zu können, wäre eine Sanierung der Schwimmbecken nötig.
Dabei ist es nicht mit kosmetischen Reparaturen getan. Denn die 42 Jahre alten Becken stehen nicht nur leicht schief auf dem nicht festen Untergrund, zum Teil ist es zu Setzungen gekommen, sodass auch der Rohbau beschädigt ist.
Die Bäderbetriebe müssten deshalb wohl alle Becken erst auf den Rohbau zurückführen, damit Fachleute schauen können, ob er zu reparieren wäre oder ob er auch völlig neu gebaut werden müsste. Die Kosten lassen sich deshalb nur sehr grob angeben. „Aktuell schätzen wir den Betrag allein für die Sanierung der Becken auf drei bis fünf Millionen Euro. Tendenz jährlich steigend“, hat Lindaus Pressesprecher Jürgen Widmer bereits im Frühjahr auf Anfrage der LZ berichtet. 
Zum Anfang
Probleme gibt es auch bei einigen Wasserleitungen, die undicht sind. Damit nicht länger Wasser in den Boden fließt, müssten auch diese in großem Umfang erneuert werden.
Auch die Wasserfilter, die zur Aufbereitung des Wassers in den Becken unerlässlich sind, müssten erneuert werden. „Die Elektrik ist völlig überaltert und nicht mehr zulässig“, sagt Widmer.

Allein die Kosten für eine neue Wasseraufbereitung schätzt er auf 1,4 Millionen Euro.Hinzu kommen die baufälligen Nebengebäude, was Widmer so zusammengefasst hat: „In den Dächern regnet es rein. Die Umkleiden und Jahreskabinen sind morsch.“ Die Sanierung der Duschen, Umkleidekabinen und sonstigen Einrichtungen würden etwa eine halbe Million Euro kosten, wenn die Stadt die alten Einrichtungen abreißen und neue bauen würde. Bei einer Sanierung im historischen Bestand belaufen sich die Kosten laut Stadt auf etwa 750 000 Euro.
Zum Anfang
Insgesamt ergäben sich für eine gründliche Sanierung des Eichwaldbads also Kosten in Höhe von fünf bis mehr als sieben Millionen Euro. Dabei müssten sicher nicht alle Arbeiten auf einmal gemacht werden. Je länger einzelne Arbeiten dauern, desto teurer würden sie aber auch. Mitglieder der Bürgerinitiative zweifeln diese Kosten an, haben bisher aber noch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegt, welche Arbeiten billiger zu haben sein könnten.
Zum Anfang

Gerhard Ecker

Oberbürgermeister von Lindau

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Die Lindauer sollen nun am Sonntag, 23. Juli, über diese beiden Fragen abstimmen: 

Bürgerbegehren:  „Sind Sie dafür, dass das Strandbad Eichwald in seiner bisherigen Form erhalten bleibt und die Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 110 "Thermal- und Freizeitbad, Eissporthalle" sowie zur Änderung des Flächennutzungsplanes im Bereich "Thermal- und Freizeitbad" eingestellt werden?"  

Ratsbegehren: 
„Sind Sie dafür, dass das Strandbad Eichwald zu einem attraktiven und familienfreundlichen Sport- und Freizeitbad weiterentwickelt wird und daneben eine privat finanzierte "Therme Lindau" mit Wellnessbereich und vielfältiger Saunalandschaft entsteht?“

Damit es auf jeden Fall zu einem Ergebnis kommt, gibt es eine Stichfrage.
Zum Anfang
Zum Anfang
Ein Bürgerentscheid entspricht einem Stadtratsbeschluss, mit dem Unterschied, das er ein Jahr lang gilt, wenn ihn nicht ein neuer Bürgerentscheid ersetzt. So lange dürfen Verwaltung und Stadtrat nichts beschließen oder in die Wege leiten, was dem Bürgerentscheid zuwiderläuft.
Dass der Erhalt oder besser die Instandsetzung des Strandbads sehr teuer würde spricht dabei laut Kommunalaufsicht nicht automatisch gegen den Bürgerentscheid.  

Für Lindau bedeutet das konkret, dass nach einem Erfolg des Bürgerbegehrens die Verträge für die Therme ungültig wären. Zudem müssten Verwaltung und Stadtrat den Weiterbetrieb des Eichwaldbades in bisheriger Form ermöglichen. Dafür aber wären weitere Beschlüsse des Stadtrats nötig und auch Genehmigungen durch das Landratsamts, wenn diese mit hohen Kosten verbunden wären. 

Doch wie geht der Bürgerentscheid aus?







Zum Anfang

Gerhard Ecker

Oberbürgermeister von Lindau

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Maximilian Schuff

Sprecher der BI

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Storytelling 
Julia Baumann

Texte 
Dirk Augustin, Yvonne Roither, Julia Baumann

Fotos 
Christian Flemming, Dirk Augustin, Helmut Lay, Colourbox, dpa

Videos 
Julia Baumann, Dirk Augustin, Christin Hartard, Alexis Albrecht

Visualisierungen 
Andreas Schauer

Muster Wahlzettel 
Stadt Lindau 

Verantwortlich 
Schwäbischer Verlag, 
Karlstraße 16, 88121 Ravensburg



Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden