Serbien erinnert sich und hilftWie ein Land auf dem Balkan mit Flüchtlingen umgeht
Flüchtlinge hat es auf dem Balkan schon immer gegeben.
Flüchtlinge hat es auf dem Balkan schon immer gegeben.
Serbien ist Haupttransitland und besonders solidarisch mit den Flüchtlingen. Der EU-Beitrittskandidat zeigt, dass es europäischer handelt als so mancher Mitgliedstaat. Das Land erntet Lob für seine große Hilfsbereitschaft – auch aus der Bundesrepublik. Allein in diesem Jahr durchquerten mehr als eine halbe Million Flüchtlinge Serbien.
Manche von ihnen leben nun in den Heimen von Ellwangen, Weingarten oder Sigmaringen.
Doch nicht nur das erklärte Ziel, Mitglied der Europäischen Union zu werden, treibt die Serben an, den notleidenden Menschen zu helfen. Was zurzeit auf dem Balkan geschieht, erinnert die Serben an ihre eigene Geschichte. Rund 700 000 Serben mussten in den 1990er-Jahren ihre Heimat in Bosnien, Kroatien, Slowenien und Kosovo verlassen.
„Als ich gesehen habe, was hier passiert, war mir klar: Ich muss helfen. Die Situation erinnert mich an meine Kindheit“
Belgrad - Busbahnhof Hier ist der Einsatzort von Vesna Markovic, die für die Hilfsorganisation Care arbeitet.
Belgrad - Busbahnhof Hier ist der Einsatzort von Vesna Markovic, die für die Hilfsorganisation Care arbeitet.
Die Hilfsorganisation Care arbeitet seit 1993 auf dem Balkan. Schon damals half sie den Opfern des Jugoslawienkrieges. 2015 arbeitet Care zusammen mit der Organsiation „Novosadski Humanitarni Centar“ (NHC) in Novi Sad wieder mit Flüchtlingen auf dem Balkan. Jeden Tag sind die Hilfseinsätze woanders – immer dort, wo es gerade brennt. Sei es an den Grenzen oder auch in Belgrad am Busbahnhof.
Männer aus Pakistan, Afghanistan, Irak und Syrien ruhen ihre wundgelaufenen Füße auf den Bänken vor dem roten Gebäude der Wirtschaftsfakultät aus. Dazwischen sind auch viele Frauen mit Kopftüchern, mit Kindern auf dem Arm.
Männer aus Pakistan, Afghanistan, Irak und Syrien ruhen ihre wundgelaufenen Füße auf den Bänken vor dem roten Gebäude der Wirtschaftsfakultät aus. Dazwischen sind auch viele Frauen mit Kopftüchern, mit Kindern auf dem Arm.
Ärzte, Psychologen und Krankenschwestern kümmern sich um die Menschen. Sie alle engagieren sich freiwillig.
„Meistens brauchen die Flüchtlinge Schmerzmittel, Antibiotika und Bandagen. Sie sehen uns und kommen auf uns zu“, berichtet sie.
Währenddessen versorgt ihre Kollegin mit Mundschutz einen jungen Mann. Sie schaut sich seine Füße an, verbindet sie und gibt ihm Medikamente. „Viele brauchen psychologische Hilfe, weil sie traumatisiert sind von dem, was sie auf der Flucht oder in ihrer Heimat erlebt haben. Manche brauchen auch einfach jemanden, dem sie ihre Geschichte erzählen können“, sagt Eror.
Viel Hilfe Rund 200 Menschen schlafen in den Belgrader Parks täglich, mal sind es mehr, mal sind es weniger. Dazwischen gibt es einen Infostand der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und einen Erste-Hilfe-Container. Viele internationale Organisationen wie Save the children, das International Aid Network, SOS Remar und das Deutsche Rote Kreuz sind vor Ort. Es gibt eine Feldküche.
Viel Hilfe Rund 200 Menschen schlafen in den Belgrader Parks täglich, mal sind es mehr, mal sind es weniger. Dazwischen gibt es einen Infostand der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und einen Erste-Hilfe-Container. Viele internationale Organisationen wie Save the children, das International Aid Network, SOS Remar und das Deutsche Rote Kreuz sind vor Ort. Es gibt eine Feldküche.
Aufnahmelager Krnjaca
24 Jahre nach dem Ausbruch des Krieges in Jugoslawien leben immer noch 35 000 Serben mit Flüchtlingsstatus, die Serbien unterstützt. In den 18 Aufnahmelagern im Land, wie die Baracken von Krnjaca, können sie kostenlos wohnen, bekommen Essen, Kleidung und medizinische Versorgung.
Hier treffen zwei Flüchtlingskatastrophen zusammen
Der Somali ist einer von nur 19 Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten, die hier leben. Im Schnitt will nur einer von 50 Flüchtlingen, die nach Krnjaca kommen, in Serbien bleiben. Kahramaan Fahiim will bleiben. „Mir geht es gut hier. Und wir sind Freunde geworden“, sagt Kahramaan Fahiim auf Serbisch und legt seinen Arm um Duro Zezelj. Sie lachen.
Als 12-jähriger Junge musste Duro Zezelj seine Heimatstadt Knin in Mittel-Dalmatien (Kroatien) verlassen. Damals, im August 1995, eroberte die kroatische Armee mit der Großoffenive Operation Sturm das Gebiet der selbsternannten „Serbischen Republik Krajina“ zurück, tötete 1000 Zivilisten und vertrieb rund 200 000 Serben. „Es wurde geschossen und gekämpft. Wir haben alles verloren“, sagt der 32-Jährige.
Bis heute hat die serbische Regierung 16 114 Unterkünfte für die Vertriebenen wie Duro Zezelj geschaffen. Bald kann auch er mit seinen Eltern in eine Sozialwohnung einziehen. Er sei darauf angewiesen, sagt er. "Eine Arbeit in Serbien zu finden, ist schwierig, weil ich nur noch ein Bein habe."
Den Weg nach Krnjaca finden nur wenige Flüchtlinge aus Belgrad, obwohl genug Platz wäre. Keiner will die Parks verlassen, weil das Aufnahmelager abseits der Fluchtroute liegt.
Den Weg nach Krnjaca finden nur wenige Flüchtlinge aus Belgrad, obwohl genug Platz wäre. Keiner will die Parks verlassen, weil das Aufnahmelager abseits der Fluchtroute liegt.
Unweit des Busbahnhofs eröffnete das Büro in der Straße Nemanjina, als im August der Flüchtlingsstrom auf der Balkanroute immer stärker wurde. „Hier bekommen die Flüchtlinge korrekte Informationen“, sagt Sjekloca. „Wir haben nämlich festgestellt, dass die Flüchtlinge keine richtigen Informationen haben – weder über das Asylsystem in Serbien, über die politische Lage in Europa oder die Fluchtrouten.“
Das Informationszentrum wird von der Stadt Belgrad, internationalen Spendengeldern und der adventistischen Kirche finanziert. Die Räume sind neu, es gibt Computer, freies WLAN und eine Kleiderkammer im Keller.