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Kies

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Kies, Schotter, Steine

Kiesabbau ist ein emotional umstrittenes Thema in Oberschwaben. Denn der Abbau des Rohstoffes hat Auswirkungen auf die Natur, den Straßenverkehr, auf Anwohner und Landbesitzer - ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor. 

Ein multimedialer Blick in den Abbau, die Produktion und die Weiterverwertung von Kies aus der Region am Beispiel der Grube Nordmoräne und im Kieswerk der Firma Baresel in Laiz im Landkreis Sigmaringen.
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Kies ist nicht gleich Kies. Eines jedoch ist typisch für ihn: Kies hat immer etwas Rundes. Die Urform von Kies, der in Gruben abgebaut wird, sind abgerundete Steine unterschiedlicher Größe, die von Sand und Erde umgeben sind. Gebrochenen Kies bezeichnet man je nach Größe als Splitt oder Schotter.

Durch Gletscher- oder Flussvorschübe seit der Eiszeit wurde das Moränegestein geformt und ist damit Millionen Jahre alt. 

Tabletten, Zahnpasta und Tierfutter

Nahezu keine Baustelle kommt ohne den Baustoff Kies und daraus entstandenen Beton oder Asphalt aus. Doch nicht nur im Straßen-, Haus-, Garten- und Landschaftsbau ist er unverzichtbar. Die Pharmaindustrie nutzt den Rohstoff zur Bindung von Tabletten, in der Kosmetikbranche ist Quarzsand ein beliebtes Mittel für Zahnpasten oder Peelings. In der Tierhaltung werden Kalkmehle verschiedenen Futtermitteln beigemischt.


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Quellen:

- Landesamt für Geologie, Rohstoffe, und Bergbau
- Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg 
- Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben
- Institut für angewandte Wirtschaftsforschung e.V., Tübingen

Stand: Juli 2017
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Über Förderbänder gelangt der Rohkies ins Werk, wo er gewaschen, gebrochen und sortiert wird.
Über Förderbänder gelangt der Rohkies ins Werk, wo er gewaschen, gebrochen und sortiert wird.
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Die Firma Baresel fördert Kies, Sand und Gestein in der Region Oberschwaben seit dem Jahr 2010 in zwei Kieswerken: Bittelschieß und Göggingen-Glashütte. Früher wurde der Kies aus dem Felsen gesprengt. Heute leisten moderne Schaufelbagger die Arbeit. Etwa 450.000 Tonnen Kies pro Jahr schaufeln sie in den beiden Werken frei. Dafür müssen sie bis zu 700.000 Tonnen Gestein fördern.

Im Laizer Kieswerk wird der Rohkies – unter den sich Sand und Edelsplitte mischen – gewaschen, sortiert und aufbereitet.

Die sogenannten Dumper, riesige 40-Tonner mit noch mal so viel Fassungsvermögen, bringen bis zu 75 Mal pro Tag Rohkies in das Laizer Werk. 
Dort schütten sie den Rohkies in einen in einen großen Trichter. Alles, was dicker als 15 Zentimeter ist, wird aussortiert. Der Rest läuft über Fließbänder in die Aufbereitungsanlagen. Alle Steine mit bis zu 32 Millimetern Durchmesser werden als Betonkiese verarbeitet. Die dickeren Steine werden in mehreren Brechvorgängen zu Schotter oder Splitt gebrochen.

Im Kieswerk läuft alles automatisch: Nur zwei Mitarbeiter kontrollieren die Anlagen. Die meisten Angestellten sind Maschinenführer, die in der Grube die Vorarbeit leisten. 

Zum Waschen des Kieses wird Wasser aus einem See gepumpt. 520.000 Liter Wasser pro Stunde zirkulieren im Kieswerk jeden Tag. Zurück bleibt der Schlamm, der in einen höher gelegenen See geführt wird. Aus diesem fließt das Wasser wieder zurück in den anderen See. Auf diese Weise versorgt sich das Werk aus einem geschlossenen Kreislauf selbst mit Wasser.

Gewaschen und sortiert werden 190 Tonnen Kies in der Stunde. Die fertigen Körnungen werden auf 16 Silos verteilt. Dazu werden 140 Tonnen Edelsplitte pro Stunde in zehn weitere Silos geschüttet.

Der enorme Aufwand von der Grube bis zum Laster rechnet sich allein über die Masse.

Etwa 150 Laster täglich fahren im Laizer Kieswerk ein und aus, beladen mit insgesamt 3000 Tonnen Kies, Sand und Edelsplitten.

Über Förderbänder gelangt der Rohkies ins Werk, wo er gewaschen, gebrochen und sortiert wird.
Über Förderbänder gelangt der Rohkies ins Werk, wo er gewaschen, gebrochen und sortiert wird.
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520.000 Liter Wasser zirkulieren im Kieswerk in der Stunde zum Waschen.

30.000 Euro kostet der Strom im Laizer Kieswerk - jeden Monat.

3000 Tonnen Kies produziert das Werk pro Tag, verteilt auf 190 Tonnen Kies und 140 Tonnen Splitt pro Stunde.

80 Liter Diesel pro Stunde verbrauchen die Schaufelbagger und Dumper. 

60 Hektar groß ist das Hauptabbaugebiet Nordmoräne.

8 bis 9 Euro pro Tonne berechnet das Unternehmen für gebrochenen und gewaschenen Kies.












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Neue Gebiete

Plant ein Unternehmen eine neue Abbaustelle, muss dies mit dem Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg abgestimmt werden.
Um zu klären, ob ein Gebiet grundsätzlich in Frage kommt, ist der Regionalplan entscheidend: Darin sind alle Flächen dokumentiert und bewertet - unter anderem finden sich darin bereits vorhandene Kiesabbaustellen, aber auch K.O.-Kriterien wie Trinkwassereinzugsgebiete. 

Kommt eine Fläche grundsätzlich in Frage, nimmt das Unternehmen Probebohrungen vor und lässt  messen, welches Material im Boden liegt. Bevor eine neue Erschließung geplant werden kann, muss das Landesamt zustimmen, dass ein Kiesabbau mit angemessenen Aufwand und nicht zu großem Eingriff in die Natur möglich ist. 
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Jahre und Millionen für neue Abbauflächen

Rohstoffvorkommen und Gewinnungsstellen im Regierungsbezirk Tübingen
Rohstoffvorkommen und Gewinnungsstellen im Regierungsbezirk Tübingen
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Die Vorbereitung für eine Erweiterung oder eine neue Kiesgrube kann Jahre dauern und Millionen Kosten - je nachdem, wie das so genannte Raumordnungsverfahren beim Regierungspräsidium voranschreitet.

Dort fließen alle Untersuchungsergebnisse in die Entscheidung ein: Auswertungen des Geländes von Geologen und Hydrogeologen, Vogel- und Schmetterlingszählungen, die Auswertung von Verkehrsströmen, die Bewertungen von voraussichtlichen Emissionen und Immissionen, die Frage nach alternativem Erholungsraum, die Sorgen um Krach, Staub und Lärm.

Anhand all dieser und mehr Faktoren entsteht beim Regierungspräsidium ein so genannter raumordnerischer Tenor. Erst wenn dieser positiv ausfällt, startet das  Genehmigungsverfahren, in dem es zu neuen Gutachten, neuen Untersuchungen und neuen Argumenten kommen kann.

Und dann stehen die Grundstücksverhandlungen an. Oftmals sind es nicht die großen Flächen, die schwer verfügbar sind,  sondern kleine Grundstücke an strategischen Punkten. Wenn sie in Privatbesitz sind, lassen sich deren Eigentümer auch von hohen Preisen nicht immer überzeugen.  

Rohstoffvorkommen und Gewinnungsstellen im Regierungsbezirk Tübingen
Rohstoffvorkommen und Gewinnungsstellen im Regierungsbezirk Tübingen
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Das Schiebebild zeigt einen Untersuchungsraum für potenzielle Kiesabbauflächen im Landkreis Sigmaringen.

Die geoelektrischen Untersuchungen messen den Widerstand im Boden. Grün bedeutet: trockene Kiese, grün-gelb weist auf Kiese und Sande hin. 

Die linke Grafik zeigt die Untersuchungsergebnisse in 15 Metern Tiefe, die rechte Grafik jene 30 bis 40 Meter unter der Erdoberfläche - und zeigt deutlich, dass viel Kies nah an der Oberfläche noch lange nicht bedeutet, dass es sich lohnt, dort abzubauen.  
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Wenn die Firma Baresel ein Kiesabbaugebiet erweitern oder ausweisen will, stößt sie auf Widerstand.

Im Video spricht Geschäftsführer Bernd Schönebeck über seine härtesten Gegner und ihre wichtigsten Gegenargumente. 

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Die Kiesbranche hat aktuell ein großes Problem:  Sie findet kaum neue Mitarbeiter.
Die Jobs sind schmutzig, laut, risikobehaftet, schlecht bezahlt.
Wo früher Ungelernte, Quereinsteiger oder Handwerker schufteten, will heute niemand mehr die Arbeit machen und schwere Maschinen führen oder Lastwagen fahren. 
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Aus der Grube auf die Baustelle

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Unser Schiebebild zeigt den gröbsten Kies - alles, was größer ist als 22 Millimeter Durchmesser, gilt als Schotter - und den feinsten Kies mit der feinsten Körnung aus dem Werk in Inzigkofen. Der feine Kies ist genauso entstanden wie der grobe; das Gestein wurde nur viel häufiger gebrochen. 


Aktivieren Sie das Schiebebild mit dem Play-Button unten links, um die Größen direkt zu vergleichen. 
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In der Kiesgrube bauen Hochleistungsfahrzeuge den Rohkies ab. Jede Baggerschaufel fasst 15 Tonnen Material. Große Kipper - so genannte Dumper - laden das Material vorsortiert auf Halden.

Noch in der Grube wird das Material zum ersten Mal gesiebt und vom gröbsten Schmutz befreit.   

Am Grund der Grube sind die Zufahrtswege auch von normalen Lastwagen befahrbahr. Sie werden am Fuß der Halden beladen und  bringen den Rohkies zum nahen Kieswerk, wo er gebrochen wird.
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Anliefern, sieben, brechen, sortieren, waschen, noch mehr sieben, fördern, wieder sortieren, wieder waschen, weiter sortieren: ein Blick hinter die Kulissen der Kiesproduktion in Laiz bei Sigmaringen. 

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Der größte Teil des gewonnenen Kieses in Oberschwaben bleibt auch dort: 74 Prozent des Materials wird im Umkreis von 35 Kilometern weiterverwertet.

Der allergrößte Teil des Materials aus dem Werk bei Sigmaringen geht in die Betonwerke, die zum Unternehmen gehören.
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Vom Kies zum Beton

In den Betonwerken, die meist in der Nähe von Kiesabbaustellen liegen,  entsteht aus dem Gestein, Wasser, Zement und chemischen Bindemitteln Beton. 
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Beton kann extrem unterschiedlich zusammengesetzt sein. Je feiner die Körnung des Kieses, desto härter ist später der Beton - denn Hohlräume im ausgehärteten Kunststein sind unwahrscheinlicher. 
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Im Betonwerk werden die Körnungen zusammen mit Zement und Füller aus Kalkmehl oder Flugstoff und Wasser verrührt.
Aus diesem Brei wird steinharter, tragfähiger Beton: Das Wasser verdunstet ganz langsam, dadurch verklebt die Masse und wird auch nicht mehr brüchig, wenn es im Wasser gelagert wird. Für Brücken oder Häuser kommt zusätzlich Eisen in das Material.
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Mischmeister Bernhard Kleiner schickt den Betonmischer aus dem Werk in Laiz. Der so genannte Frischbeton muss so schnell wie möglich auf die Baustelle gebracht werden. Erst dort trocknet das Gemisch aus und wird zum steinharten Baustoff. 

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Die riesigen Löcher in der Landschaft, die beim Kiesabbau entstehen, bleiben nicht. Einige Gruben haben zwar eine Zukunft als Baggersee. Doch der Großteil der Flächen wird nach und nach verfüllt, sobald der Kies dort abgebaut ist.

Dafür gibt es verschiedene Auflagen: Die Fläche  wird gezielt bepflanzt. Das Land wird zu Teilen für die Land- und Forstwirtschaft wieder nutzbar, zu Teilen aber als Naturschutzfläche hinterlassen. 
Bis 1973 haben in Sigmaringen noch die Gemeinden ihren Bauschutt in den leeren Gruben abgeladen - das ist heute nicht mehr erlaubt.
Heute muss das Material, das zur Verfüllung genutzt wird, einwandfrei sein. Jede Lastwagenladung wird dokumentiert und per GPS abgespeichert, so dass sich mögliche Verunreinigungen auf den Verursacher zurückführen lassen. 
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Texte:
Simon Siman und Andrea Pauly

Fotos:
Andrea Pauly
Thomas Warnack

Videos:
Andrea Pauly

Karte:
Rohstoffvorkommen und Gewinnungsstellen im Regierungsbezirk Tübingen aus LGRB-Informationen 27 (Rohstoffbericht 2012/2013), 
genehmigt vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungspräsidium Freiburg (http://www.lgrb-bw.de); Az. 4704//18_1950.

Grafiken geoelektrische Untersuchung: 
Terrana Geophysik, Mössingen

Verantwortlich:
Yannick Dillinger
Copyright: Schwäbische Zeitung 2018 - alle Rechte vorbehalten
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