Einleitung
Zeitzeugen erinnern sichMeine Schule
Seht hier alle eingereichten Klassenfotos aus Friedrichshafen und Umgebung.
Die einzelnen Episoden haben wir zu einer multimedialen Geschichte zusammengefasst. Damit ihr endlich wieder sagen könnt: "Weißt du noch..."
Das Schulmuseum
Friederike LutzEin Museum für Schule
„Es ist entstanden aus einer Privatinitiative von Norbert Steinhauser, Rektor an der Pestalozzi-Schule“, erklärt Museumsleiterin Friederike Lutz. „Der Grundbestand unserer Sammlung geht auf Norbert Steinhauser zurück.“ 1981 konnte das Schulmuseum um die Bestände zur Schulgeschichte von Erich Müller-Gaebele, Professor an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, erweitert werden. „Auf deren Sammelleidenschaft und Leidenschaft für das Thema ist diese Sammlung aufgebaut worden.
In den 80ern wurde die Villa Riß frei und die Stadt stellte es ihm zur Verfügung. Im März 1989 zog das Museum in die Innenstadt um. In der ehemaligen "Villa Riß" an der Friedrichstraße wurde es völlig neu gestaltet und um zahlreiche Themenbereiche ergänzt. Seither ist die Sammlung des Museums ständig gewachsen.
Margarete Westerholt
Margarete Westerholt Erst Krieg, dann die Abifeier 1933 bis 1946
1946 machte Westerholt ihr Abitur. Eine junge französische Lehrerin habe Westerholts Abiturklasse sehr gemocht, sie sei zum Kommandanten gegangen, habe ihm erzählt, dass ihre Klasse eine Abifeier machen wollte, dafür aber keinen Raum habe. „Alles war kaputt oder von Franzosen belegt.“ Der Kommandant habe den Schülern erlaubt, den Pavillon des Buchhorner Hofs, das damalige Offiziers-Casino, zu nutzen. „Wir waren so glücklich, wir haben drei Tage lang den Raum geputzt und geschmückt“, erzählt Westerholt. „Das war ein Fest, das werden wir nicht vergessen.“
70 Jahre ist es her und noch immer komme die Klasse zusammen.
Hans KlingZwei Episoden aus der Schulzeit1944 bis 1953
"Alban war ein ruhiger Junge. Er war eine Klasse über mir in der Oberschule, so hieß das Gymnasium im dritten Reich. Eines Nachmittags stand Alban auf dem Schulhof von mehreren Schülern umringt. Was gab es da zu sehen? Alban hatte eine Schachtel in der Hand und fragte die Umstehenden, ob sie sehen wollten, was da in der Schachtel aufbewahrt war. Alle waren neugierig und gespannt. Alban öffnete die Schachtel. Welch ein Schrecken, lag da doch auf Watte gebettet ein blutiger Finger. Es war ein echter Finger, blutverschmiert.. Alban hatte ein Loch in den Schachtelboden gemacht seinen mit Wasserfarben angemalten roten Finger durch das Loch geschoben und so lag der Finger auf dem Wattebett."
"Rudi hatte wieder etwas angestellt. Studienrat Seifried fragte die Klasse (3. Klasse Oberschule) nach dem Übeltäter. Niemand meldete sich, aber alle wussten wer es war. Seifried gab einen Tag Schonfrist, aber auch am nächsten Tag erfolgte keine Meldung.
Seifried verlängerte nochmals um einen Tag. Als sich dann wieder kein Schüler meldete, sagte Seifried, die ganze Klasse erhalte jetzt eine Strafe. Da erhob Rudi seine Hand und sagte:: Herr Studienrat, ich möchte mich für den melden, der die Sache angestellt hat.“ Seifried war so gerührt, dass ausgerechnet der Schüler sich opfern wollte, der es doch so dick hinter den Ohren hatte und er erließ der Klasse die Strafe."
Ulrich Sauter & Edwin Allgaier„Jeder Lehrer war ein Original“ Vor 1950
Er schlägt ernste Töne an, spricht von einem „Lehrer-Schüler-Verhältnis“, das, wie er glaubt „distanzierter als heute“ war. „Wir fühlten uns keineswegs gleichwertig, sondern waren uns unserer Abhängigkeit und der Überlegenheit des „Paukers“ bewusst.“ Andererseits seien sie sich damals aber auch dem Vorzug bewusst gewesen, an der Oberschule sein zu dürfen, konnten nicht alle Eltern das Schulgeld aufbringen. „Die psycho-physischen Demütigungen nahmen wir gelassen hin und hielten sie meistens für berechtigt. Von seelischem Schaden dadurch sprach damals niemand“, so Sauter weiter. Er erzählt von Episoden aus seiner Schulzeit, von Lehrern wie dem Studienrat Fritz Kettnacker, der Kunstlehrer, der laut Sauter unter dem Unverständnis und mangelhaften Interesse der Schüler gelitten habe. Er erinnert sich an Dr. Grünvogel, den Chemiker, Biologe und Geologe, und an den Oberstudienrat Albert Blank, „eine weitere markante Persönlichkeit“ und an den Latein- und Französischlehrer Franz Josef Stütz.
Es sind Lehrer, die auch Edwin Allgaier kennt. Er erinnert sich an den Schulbeginn nach dem Krieg, an Enge und Platznot: „Die Räume in der Oberschule waren knapp. Die Stadtverwaltung hatte sich dort breit gemacht.“ Lehrer mittleren Alters seien selten gewesen. „Meist waren es ältere, wieder aktivierte Lehrer“, so Allgaier. „Jeder Lehrer war ein Original“ – und während Allgaier noch ein Foto einiger Lehrer gefunden hat, hat sich Sauter einige markante Sprüche gemerkt und einige aufgeschrieben:
"Ihr habet gar kai Intresse an dr kunscht und gar kai Phantasie! Jedr molt s´Gleiche! Herrgott, in Schramberg habet se gschbrudelt vor Phantasie! Gähet doch zum Baden! A baar sind rächd: dr Bauer und dr Ehrlaspiel und dr Bendeich und dia Zeller! Mit de Andere isch gar nix!"
"Do nemmet se da Radiergummi ind Fauscht und fahret ibrs Babier bis a Loch drin isch. Herrgott, i brauch´s ganz Johr koin Gummi."
Der Kunstlehrer habe oft die ganze Tafel voll gemalt und in die Ecke „Bitte stehen lassen“ geschrieben. Wenn nach der Pause nur noch die Bitte an der Tafel stand und alles andere weggewischt, sagte er: „Ihr sind beese Buben.“ Jahre später habe Sauter Kettnacker als Arzt behandelt. Reumütig habe er gesagt: „I will jetzt an Ihne wiedr guatmacha, daß mir Sia frieher soviel gärgert hond.“ Kettnacker war versöhnt: „Isch scho rächd.“
Chemiker, Geologe und Biologe Dr. Grünvogel
"Wie arbeitet der Geologe? Mente et malleo! Mit Geist und Hammer!"
Sonntags sei er mit Rucksack und Hammer auf geologische Exkursionen in die Umgebung und habe einmal in der Kiesgrube vom Vater eines Mitschülers gehämmert, der stellte ihn zu Rede: "Wär hot Ihne erlaubt, oifach mai Kiesgruab zu beträta?" Darauf stellte sich Grünvogel vor: "Gestatten, Dr. Grünvogel von der Graf Zeppelin-Oberrealschule. Ich unterrichte auch Ihren Sohn!"
Oberstudienrat Albert Blank
Sauter erinnert sich von der Zeit, als sein Bruder Eberhard in die Schule kam. Drei ältere Geschwister seien zu der Zeit schon an der Schule gewesen. Blank wollte die Namen wissen. Eberhard sagte er heiße Sauter. Darauf der Lehrer, enttäuscht: „Was Sauter? Heert denn des garit auf? Dia Rass´ kenna mr.“
Wutanfälle seien schnell abgeklungen: "Gell, des merksch dr, Bürschle. Hock de na."
Latein- und Französischlehrer Franz-Josef Stütz
Seine Devise: "Oderint, dum metuant. Mögen sie mich hassen, wenn sie mich nur fürchten.“ "Beides taten wir“, so Sauter.
Ein Aufgerufener musste vor dem Pult stehen und wurde abgefragt. Das Ende des Verhörs war meistens: "Das ist natürlich nicht genügend. Setz Dich, Schwachkopf! Fünf!"
"Früher hätten sich solche Leute wie ihr nicht getraut, an der Schule vorbeizulaufen, geschweige denn, sie zu besuchen! Werdet Metzger, Bäcker, Schreiner! Für einen geistigen Beruf seid ihr untauglich! Ich kenne einen Metzger, der hat fünf Häuser."
Hannelore HoherSchreibarbeiten für den Lehrer1955 bis 1957
„Wenn ich an Herrn Zimmermann denke, muss ich innerlich lächeln. Er hatte im Winter Gummi-Überschuhe mit Druckknöpfen, die er nicht selbst zumachen konnte. Er holte mich dann aus dem Unterricht und ich machte sie zu, durfte aber nie den anderen sagen, was er eigentlich von mir wollte.“
Auf die Frage, ob sie gerne zur Schule gegangen sei, antwortet sie „Ja und nein“. Während noch in der Volksschule in Meckenbeuren, ein „unwürdiger Unterschied“ zwischen den Konfessionen gemacht worden sei – „evangelisch“ war bei Schülern und Lehrer „zweite Klasse“ und nicht einmal der Schulhof durfte gemeinsam genutzt werden – spielte das auf der Handelsschule keine Rolle mehr. Doch auch hier habe sie Lehrer erlebt, die sehr ungerecht gewesen seien. „Wir hatten sehr viel Respekt vor unseren Lehrern! Daher trauten wir uns auch nicht Scherze zu machen.“
Eine Ausnahme sei der Oberstudiendirektor Prasser gewesen. Als Hohers 2010 eine Tag der offenen Tür im hofeigenen Festraum hatten, sei er auf einmal unter der Türe gestanden. „Meine Freude war riesengroß. Er hat ein bewundernswertes Gedächtnis und kannte noch viele Namen der damaligen Schüler.“ 1957 machte Hoher ihren Abschluss, die damalige Abschlusszeitung hatte ihr Prasser bei seinem Besuch mitgebracht.
Impressum
Besonderen Dank an alle Zeitzeugen
Text: Anja Reichert
Fotos: Privat, Archiv und Anja Reichert
Videobearbeitung: Alexander Kurreck.