Momentesammler
Von Yannick Dillinger
Roland Haug über sein Glück bei der Arbeit mit Dementen
Nachfrage bei einem der beiden Söhne...
Das Gespräch über Glück und Unglück im Alter und in der Krankheit führen wir im Erdgeschoss weiter. In Roland Haugs Büro.
Haug: "Das ist unterschiedlich und hängt oft davon ab, wie das Verhältnis in früheren Zeiten war. Dinge, die zum Teil jahrzehntelang zurückliegen und vielleicht dafür verantwortlich sind, dass es Missstände gibt, die können wir hier kaum aufarbeiten. Es sind aber oft genau diese Erinnerungen, die bei dementen Menschen auch viele Jahre später noch für unglückliche Momente sorgen."
Ist es für Menschen mit Demenz irgendwann auch eine Form von Glück, sich an solche Dinge nicht mehr erinnern zu können beziehungsweise zu müssen?
Haug: "Je länger solche Verletzungen zurückliegen, desto präsenter sind sie. Das ist ja oft die Schwierigkeit in der Demenz, dass Dinge in der Krankheit aufgearbeitet werden, die für uns oder auch die Angehörigen überhaupt nicht mehr präsent sind. Für uns ist es daher wichtig, möglichst detailliert über die Biografie der Bewohner Bescheid zu wissen."
Haug: "Tatsächlich erleben wir viele Menschen, die sehr erlöst wirken, wenn es auf die letzte Reise geht. Wir haben aber auch immer wieder das Thema Unerledigtes und Ungeklärtes, das unglücklich macht – bis zur letzten Lebensphase. Das kann so etwas Banales wie ein nicht geregelter Nachlass sein. Oder auch etwas Tiefgehendes, wie dass das Kind seit Jahren in Australien wohnt und seit längerer Zeit kein Kontakt mehr bestand. Menschen sehnen sich kurz vor ihrem Tod sehr häufig danach, die Kinder doch nur noch einmal sehen zu können. Wenn dies dann noch geschieht, können Menschen loslassen und vielleicht auch glücklich gehen."
Multimedia-Umsetzung: Yannick Dillinger
Texte: Yannick Dillinger
Audioaufnahme: Yannick Dillinger
Videos: Mark Hildebrandt
Fotos: Mark Hildebrandt / dpa
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