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Nobelpreisträgertagung in Lindau 2015

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Inspirationsquelle

Seit 1951 finden jedes Jahr die Nobelpreisträgertagungen in Lindau am Bodensee statt. Sie sollen dem Austausch, der Vernetzung und der Inspiration dienen.
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Die Nobelpreisträgertagungen

Lindau im Juli 2014: Ganz eng drängen sich junge Männer und Frauen um einen Mann mit Schnauzer und Brille – die Smartphones in der einen Hand parat für ein Foto, die andere streckt ihm einen Stift und das Programmheft hin für ein Autogramm.
Eine Szene, wie man sie von unzähligen Filmpremieren oder Konzerten her kennt – und doch ist dieses Bild nicht alltäglich, auch wenn sich ab kommenden Sonntag ähnliche Szenen in Lindau abspielen werden.
Denn der Mann mit dem Schnauzer ist kein Schauspieler und auch kein Rockstar, sondern ein Nobelpreisträger.
Sein Name: Randy Schekman. 2013 erhielt der US-amerikanische Biochemiker gemeinsam mit James Rothman und Thomas Südhof den Nobelpreis für Medizin, weil es ihnen gelungen war, zu erklären, wie das Transportsystem in der menschlichen Zelle funktioniert.
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Für den Laien mag das nach einem abgehobenen Thema klingen, das doch gar nichts mit dem eigenen Leben zu tun hat.
Doch dank dieser Entdeckung konnten andere Wissenschaftler nachvollziehen, welche Mechanismen unter anderem zu Diabetes führen.
In diesem Jahr wird ein Vortrag die Neudefinierung des Kilogramms behandeln: So wollen Forscher an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt mithilfe einer Siliziumkugel das Ur-Kilogramm ablösen, das seit Jahren an Gewicht verliert.
Die beiden Beispiele zeigen, dass die hoch komplizierten Themen bei den Gesprächen und Lesungen auf dem Lindauer Nobelpreisträgertreffen, das in diesem Jahr vom 28. Juni bis 3. Juli stattfindet, oft Bereiche unseres täglichen Lebens betreffen.
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Ein Selfie mit einem Nobelpreisträger? Peter Agre, der den Nobelpreis 2003 in Chemie bekommen hat, hat nichts dagegen.
Ein Selfie mit einem Nobelpreisträger? Peter Agre, der den Nobelpreis 2003 in Chemie bekommen hat, hat nichts dagegen.
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Das wird vor allem diesmal der Fall sein: Denn alle fünf Jahre werden die seit 1951 jährlich stattfindenden Nobelpreisträgertagungen interdisziplinär ausgerichtet.

Eine Rekordzahl von Nobelpreisträgern wird sich beim 65. Nobelpreisträgertreffen mit über 650 hochbegabten Studierenden, Doktoranden und Post-Docs aus 88 Ländern aller drei naturwissenschaftlicher Nobelpreis-Disziplinen – Physiologie & Medizin, Physik und Chemie – zum Dialog treffen. Es wird also gehörig eng werden in der Lindauer Inselhalle sowie im Stadt- und Parktheater, wo ebenfalls Lesungen abgehalten werden.
 
Doch das dürfte den Nachwuchswissenschaftlern wie auch den Laureaten willkommen sein, schließlich geht es bei dem Treffen um den Austausch zwischen den Forschergenerationen, um die Vernetzung mit Kollegen, auch aus anderen Disziplinen, und um Inspiration durch die Nobelpreisträger. Daher wird sich, wie auch schon in den vergangenen Jahren, die anfängliche respektvolle Scheu des Nachwuchses schnell legen. Spätestens am zweiten Tag werden die Laureaten stets umringt sein von den jüngeren Kollegen, die mit ihnen diskutieren wollen, aber auch ein Autogramm ergattern oder ein Selfie mit einem Nobelpreisträger schießen möchten.

Zum wissenschaftlichen Austausch gehören auch die zahlreichen Lesungen, Podiumsdiskussionen sowie Master Classes. Schwerpunktthemen sind in diesem Jahr die Humangenetik, der Kampf gegen Infektionskrankheiten, das menschliche Immunsystem, Krebserkrankungen, Kosmologie und Teilchenphysik.  

Ein Selfie mit einem Nobelpreisträger? Peter Agre, der den Nobelpreis 2003 in Chemie bekommen hat, hat nichts dagegen.
Ein Selfie mit einem Nobelpreisträger? Peter Agre, der den Nobelpreis 2003 in Chemie bekommen hat, hat nichts dagegen.
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Wer viel arbeitet, soll auch feiern: Die Lindauer Nobelpreisträgertreffen beherzigen diese Lebensweisheit und bieten den Teilnehmern unter anderem mit einem Bayerischen Abend oder dem „Grill & Chill“, bei dem sich Lindauer Bürger, Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler zwanglos kennenlernen können, auch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm.
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Dennoch bleibt den Nachwuchswissenschaftlern genügend Zeit, Lindau zu entdecken und den Bodensee zu genießen: Auch für viele Laureaten ist die reizvolle Landschaft ein wichtiger Grund, um immer wieder nach Lindau zu kommen.

Die können alle Teilnehmer beim traditionellen Abschluss des Treffens, der Bootsfahrt zur Insel Mainau am Freitag genießen.
Dort werden sich unter anderem der Friedensnobelpreisträger 2014 Kailash Satyarthi, der Chemie-Nobelpreisträger Harald Kroto und der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Georg Schütte, über Wissenschaftsbildung und -erziehung austauschen.
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Geschichte der Nobelpreisträgertagung

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Die Idee zu den Nobelpreisträgertagungen in Lindau hatten zwei Lindauer Ärzte: Franz Karl Hein und Gustav Parade wollten nach dem Zweiten Weltkrieg, die deutschen Ärzte wieder auf den Stand der Wissenschaft mitbringen. Sie wandten sich mit ihrer Idee einer Ärztefortbildung an den Mainau-Grafen Lennart Bernadotte.

Dieser war sofort begeistert von dieser Idee und knüpfte umgehend Kontakt zum Nobelpreis-Komitee in Stockholm. Schon 1951 kamen gleich sieben Medizin-Nobelpreisträger nach Lindau. Später luden die Lindauer auch Nobelpreisträger der Chemie und Physik ein. Im abwechselnden Rhythmus tagen alle drei naturwissenschaftliche Disziplinen, alle fünf Jahre findet ein interdisziplinären Treffen statt.

Immer wieder standen bei den Treffen auch wichtige gesellschaftspolitische Themen auf der Tagesordnung: So sprachen sich 1955 18 Nobelpreisträger gegen den Einsatz von Atomwaffen aus, bereits in den 60er-Jahren wurden Umweltschutz und Nachhaltigkeit diskutiert.
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Dennoch nahm in den 80er- und 90er-Jahren das Interesse der jüngeren Laureaten an der Tagung ab: Viele sahen darin nur noch ein Altherrentreffen. Hinzu kamen finanzielle Probleme – bis dahin war die Tagung ohne Zuschüsse und ohne Sponsoren vom Kuratorium ehrenamtlicher Helfer getragen worden
2000 dann der Kurswechsel – pünktlich zum 50. Treffen. Der Anstoß dazu kam von Altbundespräsident Roman Herzog.

Mittlerweile haben mehr als 400 Nobelpreisträger und mehr als 25.000 Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt an den Lindauer Nobelpreisträgertagungen teilgenommen und damit den interkulturellen und generationenübergreifenden Dialog zu einem außergewöhnlichen Erfolg geführt, um den Lindau in aller Welt beneidet wird. Viele Metropolen haben schon versucht, die Tagung zu sich zu holen – unter anderem mit dem versprechen, sämtliche Kosten zu übernehmen.

Doch die inzwischen verstorbene Gräfin Sonja Bernadotte und Wolfgang Schürer haben alles getan um die Tagung in Lindau zu halten: Unter anderem haben sie 23 Millionen Euro für die Stiftung gesammelt – und damit die Finanzierung gesichert.
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Eröffnung der 65. Nobelpreisträgertagung

In Lindau am Bodensee wurde am Sonntag, 28. Juni, die 65. Lindauer Nobelpreisträgertagung feierlich eröffnet.

Immer wieder eindrucksvoll ist dabei der Einzug der - heuer 65 - Nobelpreisträger (erkennbar an den blauen Bändern) in die Inselhalle, die von den Anwesenden mit Standing Ovations begrüßt werden.

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„Kernanliegen der Tagung ist die Inspiration und Motivation junger Wissenschaftler und Forscher“, sagte Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg, Präsidentin des Kuratoriums.

In ihrer Eröffnungsrede betonte sie, dass die engagierten und wissbegierigen jungen Leute der Hauptgrund dafür sind, dass die Nobelpreisträger den Lindauer Tagungen eng verbunden sind. Da außerdem der Dialog zwischen den Kulturen im Zentrum stehe, freute sich Gräfin Bernadotte über das internationale Teilnehmerfeld.

Zur Wissenschaft gehöre der „Dialog zwischen der Generationen“, so die Gräfin, der in Lindau auch zwischen den Kulturen sowie in diesem Jahr zwischen den Disziplinen stattfinde.
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„Vielleicht wird hier eine Idee geboren, die morgen unser aller Leben verändert.“

Bundespräsident Joachim Gauck bei der Eröffnung der
65. Lindauer Nobelpreisträgertagung

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- Christoph Plate berichtet über die Eröffnungsfeier:
 http://bit.ly/1SVpqsY
- Dirk Augustin berichtet über die Eröffnung:
 http://bit.ly/1GKjc7R
- Eine Zusammenfassung des Eröffnungstages:
http://bit.ly/1BZuOau
- Einige Impressionen vom Eröffnungstag:
http://bit.ly/1GUm9Vu
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Anlässlich seiner Teilnahme an der heutigen Eröffnung der 65. Lindauer Nobelpreisträgertagung hat Bundespräsident Joachim Gauck den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen Prof. Dr. h. c. Wolfgang Schürer mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet. Der Bundespräsident würdigte damit das herausragende philanthropische Engagement von Wolfgang Schürer und insbesondere seinen Einsatz für den interkulturellen und generationenübergreifenden Dialog unter Wissenschaftlern.

Wolfgang Schürer, 1946 in Coburg geboren, ist Schweizer Staatsbürger und lebt in St. Gallen. Neben seiner internationalen Beratertätigkeit war er Dozent und später Gastprofessor für Fragen der Führung internationaler Unternehmungen und Public Affairs an der St. Galler Universität sowie Professor für “Practice of International Business Diplomacy” an der Georgetown University, Washington, D.C.

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Bereits als Absolvent eines Studiums der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule St. Gallen gehörte Wolfgang Schürer zu den Gründern des studentischen Vereins International Students‘ Committee (ISC), der seit 1970 die jährlichen internationalen Managementgespräche des St. Gallen Symposiums ausrichtet – eine Konferenz, die den interkulturellen und generationenübergreifenden Dialog zwischen den Führungskräften von heute und jenen von morgen fördern soll.

Von 1989 bis 2009 war Wolfgang Schürer Mitglied des Kuratoriums und Sonderbeauftragter der Haager Akademie für Völkerrecht und in dieser Funktion schwerpunktmäßig der Förderung junger Rechtswissenschaftler aus aller Welt verpflichtet.

Das Konzept der „Generationenwerkstatt“ prägte auch sein ehrenamtliches Engagement für die Lindauer Nobelpreisträgertagungen. Seit 2000 ist Wolfgang Schürer Vorstandsvorsitzender der Stiftung und seit 2003 Mitglied des Kuratoriums – dessen Vorstand gehörte er bis letztes Jahr als Vize-Präsident an.

Wolfgang Schürer war hauptamtliches Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte und ist ehrenamtliches Mitglied vieler Vereine und Kuratorien. Für sein Engagement erhielt er diverse Auszeichnungen, darunter gleich zweimal den Mentorenpreis der Studentenschaft der Universität St. Gallen.
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Tag 1

Mit einem Vortrag des deutschen Nobelpreisträgers Stefan W. Hell zur Lichtmikroskopie hat am Montag das wissenschaftliche Programm begonnen.

Hell begeisterte das Publikum nicht nur mit seinem anschaulichen Vortrag, wie ihm die Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie gelangt, sondern auch mit seiner ungeheuren schnellen Sprechart - wie unser nachfolgender kleiner Ausschnitt beweist. 
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"Ich war schon immer der Überzeugung,
dass man ein Gen nicht patentieren kann."


J.Michael Bishop, Nobelpreis für Medizin, 1989

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Der internationale Appell kam zu spät. Noch im März hatten Wissenschaftler in dem Wissenschaftsmagazin „Nature“ einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie für ein Moratorium gegen die Genmanipulation an menschlichen Embryonen plädierten, weil derartige Laborversuche „gefährlich und ethisch inakzeptabel“ seien. Doch gut einen Monat später veröffentlichten chinesische Forscher ihre Ergebnisse eines solchen Gen-Experiments. Auf einmal geisterte wieder die Furcht vor sogenannten „Designerbabys“ durch die Medien, Kritiker forderten ein generelles Verbot von Genmanipulationen am Menschen, während manche Forscher meinten, dass man für die Grundlagenforschung mit der sogenannten Keimbahn-Manipulationen fortfahren sollte, um herauszufinden, welche Anwendungen überhaupt möglich seien.

Auch beim Treffen der Nobelpreisträger in Lindau waren das Moratorium und das chinesische Experiment ein Thema bei den Laureaten wie den Nachwuchswissenschaftlern. Schon bei der Eröffnung thematisierte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede die Genveränderungen an embryonalen Stammzellen und verwies auf den ersten Artikel des Grundgesetzes „Die Würde des Menschens ist unantastbar“. Gauck ließ die Antworten auf Fragen, wie, was es für die Menschenwürde bedeute, wenn das menschliche Erbgut verändert wird, offen.
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Diese Frage stellten sich die drei Nobelpreisträger J. Michael Bishop, Elizabeth Blackburn und Richard J. Roberts in einem Pressegespräch erst gar nicht – zumindest im Moment. Der Grund: Das chinesische Experiment habe deutlich gemacht, dass man noch sehr weit davon entfernt sei, das menschliche Erbgut gezielt zu verändern, so Bishop. Dennoch waren sich die Laureaten einig, dass verbindliche Regeln und Gesetze aufgestellt werden müssten, nach denen Wissenschaftler in aller Welt arbeiten und forschen sollten.

Dass Forscherteams unter anderem in China, den USA und Großbritannien wieder angefangen haben, über gezielte DNA-Manipulationen an menschlichen Embryonen nachzudenken beziehungsweise diese auch durchzuführen, liegt an CRISPR-Cas. Mit dieser unaussprechlichen Buchstabenfolge wird eine Technologie bezeichnet, mit der Wissenschaftler sehr präzise, einfach und günstig Genome verändern können. Erst vor drei Jahren entdeckt, entwickelte und verbreitete sich diese Technologie rasch: Weltweit nutzen Wissenschaftler diese Methode um Genome von Ackerpflanzen und Labortieren zu editieren, so der Fachterminus. Mittlerweile wird auch darüber nachgedacht, CRISPR-Cas bei der Behandlung von Menschen mit HIV oder die an bestimmten Krebsarten erkrankt sind, einzusetzen. Bei der sogenannten somatischen Gentherapie würden dem Patienten zunächst einige Zellen entnommen. Im Labor wird dann das defekte, krankheitsverursachende Gen in diesen Zellen durch ein intaktes Gen ersetzt. Nachdem sich die veränderten Zellen vermehrt hätten, würden sie wieder dem Patienten eingepflanzt werden.

Der entscheidende Unterschied dieser Genmanipulation zu der an Embryonen ist, dass sie sich nicht auf das Erbgut von Eizellen und Spermien auswirkt. Das Editieren der Genome von Embryonen dagegen sehr wohl, weil dieser Eingriff sich auf sämtliche Zellen auswirken würde – auch auf die, die für die Fortpflanzung bestimmt sind.
Somit würde man aber nicht nur das Erbgut der behandelten Person ändern, sondern auch das all seiner Nachkommen. Welche Konsequenzen ein derartiger Eingriff hätte, kann bislang noch niemand vorhersehen. Deshalb galt die Keimbahn-Manipulation auch als ein allgemein akzeptiertes Tabu. Viele Staaten haben diese Art der genetischen Manipulationen sogar verboten, andere Länder haben dagegen nur laxe oder gar keine Regeln zu diesem Thema. Deshalb sei es sehr wichtig, so Roberts, dass man Länder, wie China, zu dem Moratorium einlade und sie miteinbeziehe.

Nach Bekanntwerden des chinesischen Experiments hatte in der Wissenschaftsgemeinschaft helle Aufregung geherrscht: Ein Forscherteam um Junjiu Huang von der Universität Guangzhou hatte 86 von einer Fruchtbarkeitsklinik als nicht überlebensfähig aussortierte Embryonen mit Hilfe der CRISPR-Cas-Methode gentechnisch verändert. Ziel war es gewesen, ein Gen zu behandeln, dass für eine Blutkrankheit verantwortlich ist.
Viele Forscher sehen im Editieren von Genen eine Möglichkeit, Erbkrankheiten, wie beispielsweise die tödliche Huntington-Krankheit schon vor der Geburt zu auszuschließen – diese möglicherweise sogar auszurotten. Bei Huntington wird durch ein Gen, ein fehlerhaftes Eiweiß gebildet, das Gehirnzellen zerstört. Die unheilbare Erb-Krankheit führt etwa 15 Jahre nach Ausbruch zum Tod.

Laureat Roberts wies vehement auf die ernüchternde Bilanz des Experiments hin: Gerade einmal vier der Embryonen hätten das korrigierte Gen aufgewiesen. Zudem hatte sich bei dem Versuch gezeigt, das zusätzliche, von den Wissenschaftlern nicht eingeplante Genveränderungen stattgefunden hatten, die dem Organismus schaden könnten.
„Wir sind weit weg vom Editieren des menschlichen Genoms“, brachte es Elizabeth Blackburn auf den Punkt, zumal man noch viel zu wenig über über die komplexe menschliche Biologie und Erbgut wisse.

Doch sollte je die Genmanipulation von menschlichen Embryonen fehlerfrei möglich und erlaubt sein, dann einzig und allein aus gesundheitlichen Gründen. „Es gibt keinen anderen Grund das Genom zu editieren, als Krankheiten zu heilen“, stellt Roberts klar und erhält deutliche Zustimmung von seinen Kollegen. Doch die momentane Diskussion um besagtes Designerbaby zeige, so Blackburn, dass die Sensationsmache die Debatte in die falsche Richtung lenkt, Misstrauen weckt und Ängste gegenüber dieser Technologie schürt. Sie halte es deswegen für wichtig, den Menschen transparent zu erklären, was die Vorteile und was die Gefahren dieser Technologie sind. So könnte man auch extremen Aktivisten an beiden Seiten des Spektrums, die die Ängste der Menschen für ihre Zwecke ausnutzen, die Grundlage entziehen, meint ihr Kollege Roberts.
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Nicht immer verläuft der Weg eines Wissenschaftlers geradlinig – Eric Betzig, Nobelpreisträger 2014 in Chemie, ist das beste Beispiel dafür.

1960 als Sohn eines Ingenieurs in den USA geboren, war Betzig ein Kind des Wettlaufes um den Weltraum. Er träumte davon Astronaut zu werden und den Nobelpreis im Alter von 40 Jahren zu gewinnen. Der Physiker (!) hat zwar nie den Planeten verlassen, dafür hat es mit dem Nobelpreis geklappt – wenn auch gut 14 Jahre später als vorhergesagt. Und beinahe hätte er auch dieses Ziel verfehlt, da er sich doch eigentlich vom akademischen Leben zurückgezogen hatte. Doch kommt es eben auch bei Nobelpreisträgern oft anders als man glaubt.

Nach dem Studium der Physik forschte Betzig in der Nahfeld-Mikroskopie und stieß irgendwann an die Grenzen dieser Technologie. Frustriert darüber, dass er nicht weiterkam, zog er sich nach einer Weile von seinem Posten zurück: „Ich fand, es wäre ein Verbrechen gegenüber der Gesellschaft gewesen, wenn ich weiter mache“, sagte Betzig bei seinem Vortrag auf dem Nobelpreisträgertreffen in Lindau. Schließlich hielt er seine Forschung für eine Verschwendung von Zeit und Steuergelder.

Er nahm eine Stelle im Familienunternehmen an und erfand zur Erhöhung der Fließbandproduktion sogar eine flexibel anpassbare servohydraulische Maschine: „Leider habe ich nur zwei dieser Geräte verkauft“, erklärte Betzig und gibt schmunzelnd zu: „Ich bin ein mieser Geschäftsmann“.

Nachdem diesem erneuten „Rückschlag“ habe er - auch in einigen Nationalparks - nach neuen Wegen gesucht, so der US-Physiker.
Immer noch beschäftigte ihn das Problem der Abbe'schen Auflösungsgrenze und so machte sich schließlich mit seinem ehemaligen Kollegen Harald Hess daran dieses zu lösen. Dabei nutzten sie die sogenannte stochastische Fotoaktivierung, um die einzelnen Moleküle zu isolieren. Das Mikroskop dazu  bauten sie übrigens im Wohnzimmer von Harald Hess, bevor sie damit in das Labor von Jennifer Lippincott-Schwartz und dem Nationalen Gesundheitsinstitut umzogen.

Mit Hilfe schwacher Lichtimpulse konnte das Gerät die Fluoreszenz einiger Proteine aktivieren, ohne die Zellen zu zerstören oder biologische Prozesse zu stören.

2014 erhielt er die Auszeichnung gemeinsam mit dem US-Amerikaner William E. Moerner und dem dem Deutschen Stefan W. Hell für die Entwicklung der hochauflösenden Fluoreszenz. Damit werden die bisherigen Grenzen der traditionellen optischen Mikroskopie überwunden.

„Das war uns möglich, weil wir in Ruhe arbeiten konnten“, erklärte der Laureat auf einmal ernst. „Damit konnten wir uns 100 Prozent auf ein Problem konzentrieren – ohne Einschränkungen.“

Er sei sehr stolz darauf, was er erreicht habe, doch es gebe noch so viel zu tun: „Wir sind am Übergang zu einer biologischen Revolution“, ist Betzig überzeugt, weil man bald verstehe werde, wie Zellen in ihrer Umgebung leben und arbeiten - und das mit nicht-invasiven Methoden.
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Eric Betzig and Harald Hess: Developing PALM Microscopy

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- Daniel Drescher kommentiert die „Forschung an den Grenzen“:
http://bit.ly/1GIK5rN

- „Die Nobelpreisträgertagung ist das Highlight“:
 http://bit.ly/1BRGwDC

- Jungforscher wollen die Welt verbessern:
 http://bit.ly/1GVQgvJ
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Tag 2

Wer einen Blick in Labore von Nobelpreisträgern wirft, sieht: Hier arbeiten Teams unterschiedlicher Disziplinen und Kulturen. Ist Interdisziplinarität also ein Rezept für einen Nobelpreis? Das verneinten die fünf Nobelpreisträger, die die Podiumsdiskussion „The Quest for Interdisziplinarity“ (Das Streben nach Interdisziplinarität) im Rahmen der 65. Nobelpreisträgertagung am Montag im Lindauer Stadttheater bestritten.

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Die Erfahrung von Eric Betzig, Martin Chalfie, Steven Chu, Stefan Hell und William Moerner lautet: Interdisziplinarität in den Naturwissenschaften ist kein Ziel an sich, sie entwickelt sich durch das Forschungsthema. Da zahlreiche wissenschaftliche Fragestellungen allerdings so komplex sind, dass sie nicht mehr nur einer Disziplin zugeordnet werden können, findet vermehrt interdisziplinäre Zusammenarbeit statt.

Gerade die Nachwuchswissenschaftler, auch das zeigte die Podiumsdiskussion, verlassen die Elfenbeintürme ihrer Disziplin, um mit Kolleginnen und Kollegen anderer Disziplinen und anderer Kulturen wissenschaftliche Antworten auf die drängenden Fragen der Zukunft zu finden. „Wir brauchen Durchbrüche in der Medizin, in der Energieerzeugung, in sozialen Belangen oder in der Forschung zum Klimawandel und zum Klimaschutz, um nur einige zu nennen. Viele davon sind eng gekoppelt und sie können nur interdisziplinär gelöst werden“, so beispielsweise der deutsche Meeresbiologe Christian Pansch (33). Dafür, so betonte Martin Chalfie, müsse es aber Räume geben, in denen Kommunikation zwischen Forschenden unterschiedlicher Disziplinen so zwanglos wie in Cafeterien möglich sei. Und die Kommunikation müsse, so Eric Betzig, auf einem tiefen Verständnis des Forschungsfeldes gründen. „Man muss zudem“, so riet William Moerner, „eine Wissenschaftsdisziplin richtig kennen.“ Er beendete gleich drei Studiengänge mit wissenschaftlichen Abschlüssen.

Stefan Hell sieht in der Interdisziplinarität auch die Chance, veraltete Dogmen in der eigenen Disziplin zu erkennen und zu überwinden. „Wer in seinen Paradigmen gefangen bleibt, kann nichts verändern.“ Es sei nicht nur die Komplexität der Probleme, erzählte Steven Chu, sondern auch die Exzellenz seiner Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die ihn angetrieben hätte, neue Felder zu erkunden. „So entkommt man dem Wettbewerb und erweitert sein Wissen.“
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"The next big event is african science."

Peter Agre, Nobelpreis für Chemie, 2003

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Wissenschaftler machen nie Pause - selbst der Programmpunkt "Coffee Break" nutzen sie, um sich auszutauschen oder mit Nobelpreisträgern zu reden. Kaffee trinken sie aber trotzdem.. 

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Der afrikanische Kontinent ist auf der Weltkarte der Forschung ein weißer Fleck. Obwohl bevölkerungsmäßig beinahe gleich auf, liegt Afrika weit hinter den aufstrebenden Nationen China und Indien zurück. Gründe dafür erörterten drei afrikanische Nachwuchswissenschaftler gemeinsam mit den Nobelpreisträgern Françoise Barré-Sinoussi und Peter Agre auf dem Nobelpreisträgertreffen in Lindau.
Dass es an finanziellen Mitteln für Laboratorien, Geräten und Materialien mangelt, dürfte wenig überraschen. Ebenso wenig die schlechte bis kaum vorhandene Infrastruktur. Melinda Barkhuizen aus Südafrika führte als Beispiel die ständigen Stromausfälle an, die die Durchführung längerfristiger Experimente, die auf Elektrizität angewiesen wären, schier unmöglich machten.

Beides führt aber zum Auswandern von talentierten Forschern, die dann in Europa oder den USA ihre Arbeiten fortsetzen. Daran ist prinzipiell nichts aussetzen - solange sie auch wieder in ihre Heimat zurückkehren, um dieses Wissen an andere weiterzugeben, meint der Physiker Prosper Ngabonziza aus Ruanda. Um als Vorbilder für die nächste Generation zu wirken. Um politische Entscheidungsträger beraten zu können. Denn viele afrikanische Politiker können oft gar nicht den Vorteil einer Forschung oder einer Erfindung abschätzen,so der Chemiker Serge Fobofou aus Kamerun und richten sich daher meist nach dem Preis einer Anschaffung. Und der ist in Afrika meist höher als anderes wo wegen der schlechten Infrastruktur und den anzuschaffenden Materialien, erklärt Peter Agre. Ein Teufelskreis.
Hinzu kommt: Afrika ist kein Land – es ist ein Kontinent mit 54 Staaten, mit unterschiedlichen Traditionen, politischen Strukturen und verschiedenen Problemen – und vielfältigen Forschungsschwerpunkten. Doch findet so gut wie keine Kommunikation zwischen den Wissenschaftlern statt. Synergieeffekte gehen dabei ebenso die Möglichkeit zum Austausch und Kooperation. Hier herrscht dringend Verbesserungsbedarf, sagt Barré-Sinoussi
Eine solche Wissenschaftsgemeinschaft würde auch das Selbstbewusstsein der afrikanischen Forscher stärken. Europäern und anderen könnten nicht mehr so einfach, afrikanische Namen in ihren wissenschaftlichen Aufsätzen „vergessen“ oder gar Heilpflanzen oder Bakterien aus Afrika für eigene Entwicklungen einfach „mitnehmen“ und damit millionenschwere Patente für Medikamente anmelden. Eine starke, afrikanische Forschungsgemeinschaft könnte das verhindern und vielen Wissenschaftlern die Furcht vor Kooperationen mit Kollegen in aller Welt nehmen, die sie bislang wegen dieser Vorgänge negativ betrachten. Davon würden wir alle profitieren. Denn in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten sind die Afrikaner Experten.
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"Hier tauschen sich alle aus":
http://bit.ly/1KosyL4

Bildergalerie: "Was machen die eigentlich den ganzen Tag?":
http://bit.ly/1ehoK1X

Dossier zu den Nobelpreisträgertagungen auf Schwäbische.de:
www.schwaebische.de/lindau-nobelpreis
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Tag 3

„Gute und schlechte Erinnerungen
konkurrieren miteinander.“

Susumu Tonegawa, Nobelpreis für Medizin/Physiologiy, 1987
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Welche großen Fragen können die Bio- und Umweltwissenschaften in den nächsten 50 Jahren beantworten? Das versuchten die Nobelpreisträger Venkatraman Ramakrishnan (Chemie, 2009), Jack Szostak (Medizin, 2009), Arieh Warshel (Chemie, 2013) sowie der  Nachwuchswissenschaftler John Schnell aus den USA am Mittwoch beim Nobelpreisträgertreffen in Lindau zu ergründen.
Der Brite Ramakrishnan ist überzeugt, dass sich aufgrund der großen Fortschritte in der Zellbiologie und des immer größer werdenden Computerwissens die Forschung in der Künstlichen Intelligenz stark weiterentwickeln wird.
Der Mediziner Szostak glaubt, dass in den nächsten fünf Jahrzehnten möglich sein könnte, neue Formen von Leben etwa Bakterien, zu entwickeln, die sich an andere Umgebungen – in ferner Zukunft auch auf anderen Planeten – anpassen können. Solche anpassungsfähigen Zellen könnten etwa helfen, Müll in Rohstoffe umzuwandeln.
Für den Chemiker Warshel wird es in den nächsten 50 Jahren wichtige Errungenschaften bei der Bekämpfung von Krebs und anderen Krankheitserregern geben. Er hält es aber für besonders wichtig, dass sich die Wissenschaft den weltweiten Energieproblemen annimmt.

Große Einigkeit herrschte bei allen darüber, man in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch mehr in die wissenschaftliche Bildung, im Besonderen im Kindergarten, investieren müsse. Je früher man damit beginne, Mädchen und Jungen mit wissenschaftlichen Themen vertraut zu machen, desto weniger Berührungsängste hätten diese später, sich auch beruflich in diese Richtung weiterzuentwickeln.
Dazu müsse man das heutige Wissen darüber, wie das Gehirn am besten lernt – nämlich durch Erfahrungen und Erinnerungen – nutzen: Wer selber ein Experiment durchführt, wird sich das besser merken können, als wenn er nur darüber liest. Motivation sei dabei ein wichtiger Punkt, meint Szostak. „Wenn ich versuche etwas Neues zu lernen, ohne ein konkretes Ziel zu haben, dann fällt mir das schwer.“ Ramakrishnan hielt dagegen, dass beim Lernen vieles von der eigenen Veranlagung abhänge, dennoch sei „Wissenschaft nicht so schwer, wie viele immer glauben“.
Mehr Kenntnisse könnten auch dabei helfen, eine der größten Bedrohung für die Wissenschaft zu umgehen: Viele Menschen würden beispielsweise durch Horror-Nachrichten über mögliche Nebenwirkungen von Entdeckungen und Erfindungen derart verschreckt, dass sie jede Forschung und jeden Wissenschaftler verteufeln. Besonders Politiker müssten sich ein breiteres, naturwissenschaftliches Basiswissen aneignen. Nur so könnten sie verstehen, wie dringlich Probleme seien und entsprechend handeln. So habe US-Präsident Barack Obama erst im Laufe seiner Amtszeit erkannt, welche Bedrohung der Klimawandel sei.

Ein Problem könne aber kein Wissenschaftler je lösen, erklärte Arieh Warshel und bekam dafür Zustimmung von allen auf dem Podium: die Tendenz der Menschen, sich gegenseitig zu bekämpfen.
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Es dauert beinahe 50 Jahre, bis François Englert für die Vorhersage eines Teilchens den Nobelpreis in Physik erhielt. Das dieses allerdings von denen meisten immer nur als Higgs-Teilchen bezeichnet wird, scheint den Belgier ein wenig zu wurmen. Beim Nobelpreisträgertreffen in Lindau unterhielt er sich mit Ingrid Augustin.

Sind Sie das erste Mal hier in Lindau?
François Englert: Ja, ich bin zum ersten Mal in Lindau und nehme auch zum ersten Mal an dem Treffen der Nobelpreisträger teil.
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Englert: Es ist noch ein bisschen früh, das zu sagen. (lächelt verschmitzt) Nein, im Ernst, Am Montag habe ich meinen Vortrag gehalten und mich mit vielen jungen Wissenschaftlern unterhalten – das war zwar recht anstrengend, aber ich habe das in vollen Zügen genossen. Besonders die Diskussionen mit den Nachwuchswissenschaftlern – die sind so sehr engagiert.

Was war ihr erster Gedanke, als Sie hörten, dass man am LHC ein Boson entdeckt hat, dass das Higgs-Boson sein könnte, welches Sie und Peter Higgs vorhergesagt haben?
Englert: Was Sie das Higss-Boson nennen, ist tatsächlich ein Teilchen, das WIR 1964 vorhergesagt haben. Aber ich will nicht ins Detail gehen, zumal ich weiß, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft sich darüber einig ist, das ich und meine Kollegen die Arbeit über das Teilchen als erste veröffentlicht haben. Bitte verstehen Sie mich aber nicht falsch: Ich möchte auf keinen Fall die Leistung von Higgs schmälern, er ist unabhängig von uns zu dem gleichen Schluss gekommen und hat sich die Ehrung damit ebenso verdient.

Was war ihr erster Gedanke als Sie hörten, dass sie den Nobelpreis gewonnen haben?
Englert: Ich muss zugeben, dass ich sehr überrascht gewesen wäre, wenn wir nicht den Nobelpreis bekommen hätten - insbesondere nachdem der Beweis geführt worden war, dass es sich tatsächlich um das von uns vorhergesagte Teilchen handelt, dass wir vorhergesagt haben. Daher habe ich jetzt keine Luftsprünge gemacht, nachdem der Anruf aus Stockholm kam.
Aber es war eigentlich sehr nett, denn ich saß mit zwei meiner Töchter in meiner Wohnung in Brüssel und wartete auf den Anruf - der aber nicht kam. Also haben meiner Töchter versucht mich aufzubauen, dass sich das Komitee nur verspäten würde.
Ich glaube, dass die beiden aber nur scharf auf meine Bananentoasts waren, denn ich hatte versprochen, dass ich ein großer Fest mit reichlich Bananentoasts geben werde, sollte ich den Nobelpreis bekommen. Meine Kinder lieben diese Toasts! Sie können sich also vorstellen, wie die beiden gejubelt haben, als der erlösende Anruf aus Stockholm dann tatsächlich kam!
Und als ich am Abend von der Universität nachhause kam, da hatte meine Familie mir einen tollen Empfang bereitet – und mir gleich noch den Nobelpreis für meinen Bananentoasts verliehen. Ich habe also gleich zwei Nobelpreise an einem Tag erhalten. Das kann nicht jeder von sich behaupten. (lacht)

Hat der Nobelpreis ihr Leben verändert?
Englert: Doch sehr. Ich werde beispielsweise sehr oft eingeladen – beispielsweise hier her – und lerne jede Menge Leute kennen. Das ist toll...

Der LHC am Cern wurde vor kurzem wieder gestartet. Auf welche neuen Erkenntnisse können wir hoffen?
Englert: Ich bin kein Hellseher. (lacht) Aber natürlich gibt es noch einige Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben, beispielsweise zur Dunklen Materie oder Supersymmetrie, für die wir bisher noch keine Hinweise gefunden haben. Möglicherweise benötigen wir eben dazu höhere Energien, die das LHC nun erreichen kann. Alles ist möglich. Wir werden sehen, was passiert.

Experimente wie zum Beispiel der Teilchenbeschleuniger in Genf sind sehr teuer. Ist es gerechtfertigt, dass wir solche Summen dafür ausgeben?
Englert: Ich finde, ja. Schließlich sind wir keine Tiere mehr. Wir wollen die Welt verstehen – unsere Neugier treibt uns an. Wissen sorgt für Rationalität und unterscheidet uns von Barbaren. Wenn wir mit dem Forschen aufhören, dann gibt es bald keine Zivilisation mehr.
Im Übrigen, überlegen Sie doch einmal, wie viel Geld wir in Waffen und Rüstung stecken – da sind die Summen für Wissenschaft und Forschung nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
 
Wie wichtig ist Interdisziplinarität?
Englert: Alle, die gut in ihrem Forschungsbereich sind, arbeiten immer interdisziplinär. Das ist essentiell, denn schließlich betreffen zahlreiche Forschungsgebiete mindestens zwei naturwissenschaftliche Disziplinen.












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„Shechtman fordert von jungen Leuten Mut und eigenes Denken“:
http://bit.ly/1Nw0DsG

„Lindauer trauen sich an Nobelpreisträger heran“:
http://bit.ly/1HxcaJp

Bildergalerie: Die schönsten Folien der Nobelpreisträger:
http://bit.ly/1GOcA8z
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Tag 4

„Das ist eine wichtige Lektion: die Angst
durch Wissen überwinden.“


Oliver Smithies, Nobelpreis für Medizin, 2007
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Die Waage bringt es unbarmherzig an den Tag: Die leckeren Chips vom gestrigen gemütlichen Fernsehabend haben sich sofort in zusätzlichen Gramm und Kilo niedergeschlagen. Doch die Anzeige kann irgendwie nicht stimmen, schließlich hat man doch nur eine Handvoll der gebackenen Kartoffelscheiben genossen, meint man sich zu erinnern und erklärt daher rigoros: „Die Waage ist kaputt. So viel wiege ich nicht.“

Auch wenn der eine oder die andere angesichts eigener ähnlicher Waage-Erfahrungen schmunzeln muss, in dieser Aussage steckt ein Körnchen Wahrheit - genauer gesagt, ein Salzkörnchen. Denn um 50 Millionstel Gramm, so viel wiegt in etwa ein Salzkorn, unterscheidet sich das Ur-Kilogramm in Paris zu seinen weltweit 83 Kopien, die von den nationalen Messbehörden genutzt werden.
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39 Millimeter hoch und 39 Millimeter im Durchmesser misst der Zylinder aus einer Platin-Iridium-Legierung, der seit mehr als 125 Jahren gut geschützt unter drei luftdicht abgeschlossenen Glasglocken in einem Tresor in einem Pariser Vorort verwahrt wird, und auf der Erde als alleiniger Maßstab für alle Waagen gilt. Doch Mitte des vergangenen Jahrhunderts fiel bei einem Vergleich dieses Ur-Kilogramms mit Kilogramm-Normalen zum ersten Mal ein Gewichtsverlust auf. Seitdem ist die Differenz weiter gewachsen, auf heute 0,00005 Gramm oder 0,00000005 Kilo.
 
Der Grund dafür ist bis heute nicht bekannt: Die Mär, dass übereifrige Putzfrauen dem Ur-Kilo mit zu häufigem Abstauben und Polieren zu sehr zugesetzt haben sollen, gehört ins Reich der Sagen; Fehler und Ungenauigkeiten beim Wiegeverfahren wurden ebenso ausgeschlossen. Als wahrscheinlichste Ursache gelten nach und nach entweichende Gase, die beim Schmelzen eingeschlossen wurden, so Klaus von Klitzing bei seinem Vortrag beim Lindauer Nobelpreisträgertreffen.
 
Bei aller Freude, dass man schon immer gewusst hat, dass man leichter ist als gewogen, bereitet dieser Schwund Forschern in aller Welt ernsthafte Probleme. Denn das Kilogramm ist eine der sieben sogenannten SI-Basis-Einheiten, die unter anderem dafür sorgen, dass alle Uhren auf diesem Planeten gleich ticken oder eben ein Kilo australischer Braeburn-Äpfel an der Supermarktkasse exakt so viel wiegen wie ein Kilo Elstar-Äpfel aus Meckenbeuren.

Die Anfänge des „Système International d’Unités“ (SI) reichen bis in die Französische Revolution zurück. Damals legte man fest, dass ein Kilogramm dem Gewicht eines Würfel Wassers mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern bei exakt 0 Grad Celsius entspricht. Diese Masse gilt seitdem als Maß aller Gewichte.

Doch ändert sich die Masse des Ur-Kilogramms, dann hat dies folgenschwere Auswirkungen für viele andere physikalische Größen, wie beispielsweise die der Kraft, und Gleichungen, die von einer exakten Massedefinition abhängig sind.
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Naturkonstanten helfen Einheiten zu definieren

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Noch im vergangenen Jahrhundert hatte die Generalkonferenz für Maß und Gewicht empfohlen, das problematische Kilogramm wie auch die anderen sechs Basis-Einheiten (Sekunde, Meter, Mol, Kelvin, Ampere und Candela) auf Naturkonstanten zurückzuführen. Denn diese gelten im gesamten Universum und bleiben unveränderlich. Folglich müssen auch die von ihnen abgeleiteten Einheiten gegen jedwede andere Einflüsse gefeit sein.

So wurde denn 1983 ein Meter als die Strecke festgelegt, die das Licht im Vakuum in einer 299792458-stel Sekunde zurücklegt. Grundlage dafür ist die stets gleichbleibende Lichtgeschwindigkeit von 299792458 m/s. Zugegeben, das ist für Otto-Normalverbraucher natürlich nicht so bis (an-)fassbar wie der bis dahin maßgebliche Ur-Meter - einem Stab aus einer Platinum-Iridium-Mischung, der dem zehnmillionsten Teil der Entfernung vom Nordpol über Paris zum Äquator entspricht. Heute kann man diesen im Pariser Museum der Künste und Berufe besichtigen.

Und während früher eine Sekunde als 86400-ster Teil eines Erdentages beschrieben wurde, lautet die Definition seit 1967: Eine Sekunde ist das 9192631770-fache der Periodendauer einer Strahlung, die das Nuklid Cäsium-133 beim Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes emittiert. Das klingt zwar nicht so poetisch wie die Näherung „Dauer eines Herzschlag bei einem ruhenden Erwachsenen“, ist dafür aber absolut exakt und immun gegen koronale Erkrankungen.

Doch das Kilogramm wehrte sich gegen eine Neudefinition ebenso standhaft wie manch Hüftspeck bei der alljährlichen Frühlingsdiät – eine passende Naturkonstante ließ sich einfach nicht finden. Bis 2011. Bei einem Treffen von Wissenschaftlern und Politikern in Frankreich wurde damals vorgeschlagen, den sogenannten Quanten-Hall-Effekt dafür zu nutzen, der von dem Deutschen Klaus von Klitzing entdeckt wurde. Von Klitzing hatte herausgefunden, dass die Einheit des elektrischen Widerstands (Ohm) durch zwei Naturkonstanten - das Plancksche Wirkungsquantum und die Ladung des Elektrons - genau bestimmt wird und damit selbst eine universelle Naturkonstante darstellt. Dafür erhielt er 1985 den Nobelpreis für Physik. Die nach ihm benannte Konstante (25.812,807443 Ohm) dient heute weltweit als einheitliche Bezugsgröße zur Messung von Widerständen.
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Zwei Verfahren wetteifern

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Mit Hilfe einer weiteren Konstante kann man die elektrische Spannung extrem genau messen. Spannung, Widerstand, war da nicht irgendwas mit der Schweiz? Genau: An die URI-Formel – Spannung ist gleich dem Produkt von Widerstand und Stromstärke - können sich meist auch noch die erinnern, die Physik gleich als erstes abgewählt haben. Erhält man durch die unveränderlichen Konstanten eine Stromstärke, kann man damit eine Masse festlegen. Denn die Einheit Ampere beruht auf den Einheiten Meter, Sekunde und Kilogramm.

Dieses recht kompliziert beschriebene Vorgehen nennt sich als Experiment „Watt-Waage“ und liefert sich gemeinsam mit dem Avogardo-Experiment ein Wettrennen um die Anerkennung als Neudefinition des Kilogramms. Wobei man den Begriff „Rennen“ ebenso relativ betrachten muss wie Einstein es bei der Zeit tat, denn beide Projekte laufen mittlerweile seit Jahrzehnten.

Die Watt-Waage ähnelt einer Balkenwaage: Auf der einen Seite befindet sich ein Kilogramm-Prototyp, auf der anderen Seite eine stromdurchflossene Spule, die eine Gegenkraft ausübt. Mit Hilfe eines Laser kann genau bestimmt werden, um wie viel die Waage ausgelenkt wird – also wie viel elektrische Kraft notwendig ist, um eine bestimmte Masse aufzuwiegen. So könnte man die Masse im Verhältnis zu der Naturkonstanten des Planckschen Wirkungsquant herleiten. Problematisch bei dieser Art der Bestimmung sind die zahlreichen Größen, die hochpräzise im Vakuum gemessen werden müssen, die hohe Störanfälligkeit durch die Schwerkraft der Gestirne und die Kosten für die meterhohe Waage.

Viel einfacher klingt das Avogardo-Experiment, denn hier wird einfach nur gezählt: die Anzahl von Atomen in einer Silizium-Kugel. Grundlage hierfür ist die Avogadro-Konstante, eine unfassbar große Zahl mit 24 Stellen, die die Anzahl der Atome oder Moleküle angibt, die in einem Mol eines Stoffes enthalten sind. Erste Experimente erbrachten jedoch Ergebnisse, die nicht die vorgegebene Messgenauigkeit von acht Stellen hinter dem Komma erreichten.

Das hat sich zwischenzeitlich geändert: Jetzt können die Forscher an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt eine Siliziumkugel verwenden, die aus nur einem Kristall hergestellt wurde. Der wiederum besteht zu 99,99 Prozent aus nur einer Atomsorte: Silizium-28. Aus dem Kristall werden in den kommenden Monaten zwei Kugeln geschliffen, die jeweils exakt ein Kilogramm wiegen sollen. Anschließend werden die Wissenschaftler die Atome in einer Siliziumkugel zählen, dann noch exakt das Volumen der Kugel messen und schließlich daraus das Kilogramm ableiten. Das klingt zwar alles verständlicher, aber auch viel langwieriger.

Welche Methode letztlich die Neudefinition des Kilogramms festlegen wird, wird sich 2018 zeigen. Dann sollen auf der Generalkonferenz für Maß und Gewicht die Einheiten vorerst endgültig mit Hilfe von Naturkonstanten definiert werden. Deshalb lautete auch der Titel von Von Klitzings Vortrag treffend: „Ein neues Kilogramm in 2018 - Die größte Revolution in der Metrologie seit der Französischen Revolution“.
 

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„Science works on trust.“

Peter C. Doherty, Nobelpreis für Medizin, 1996
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Spontanen Applaus gab es für Gräfin Bettina Bernadotte, als sie bei der Vorstellung des Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi angesichts des furchtbaren Schicksals vieler Kinder mit ihren Tränen kämpfte. Der Laureat nahm sie denn auch gleich tröstend und dankbar in die Arme, als er die Bühne betrat.

Als er nach Lindau eingeladen wurde, habe er zum ersten Mal erfahren, dass dies die größte Ansammlung von Wissenschaftlern aller Disziplinen sei und „ich habe mich gefragt, was ich hier tun soll“, erklärte Satyarthi zu Beginn. Auch wenn er selbst gerade die naturwissenschaftlichen Fächer an der Schule sehr gemocht und ein Ingenieur studiert habe. Aber schließlich er nicht hier um über Wissenschaft und Forschung zu reden.
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„Es gibt keine Wissenschaft ohne Bildung“, kam er zum Inhalt seiner Lesung mit dem Titel „Bildung muss für alle möglich und gleich sein“. Er erinnerte die Anwesenden daran, dass die schönsten Erinnerungen meist die aus der Kindheit seien, man habe in dieser Zeit der Reinheit und Freiheit erlebt, wie sonst nie wieder. Zumindest bei den Kindern, die nicht sklavenartigen Zuständen arbeiten müssen, als Sexobjekte verkauft oder anders missbraucht werden.

Wissen ist Macht und Bildung der größte Gleichmacher überhaupt. Sie ist der Schlüssel zur sozialen Gerechtigkeit. Das sei der Grund, weshalb die fundamentalistischen und terroristischen Kräfte sie fürchteten, Schulen und Universitäten angriffen und Schüler und Studenten töteten.
„Können wir uns wirklich zivilisiert nennen, wenn so etwas jeden Tag geschieht?“, fragte der Inder eindringlich in den nachdenklich-schweigsamen Saal.

„Bildung ist ein Grundrecht eines jeden Menschen, eines jeden Kindes“. Aber 40 Jahre lang habe sich trotz zahlreicher Parolen und Kampagnen niemand wirklich darum gekümmert. „Sie werden sich selbst sagen, dass Sie als Wissenschaftler nach Dingen forschen, damit die Welt besser wird“, sprach er Laureaten wie den wissenschaftlichen Nachwuchs an, doch diese Kinder seien die Kinder aller. „Wenn wir nicht alle Kinder als unsere Kinder betrachten, dann kann diese Welt nur ein schlechter Ort sein“.

Weltweit sind 5,5 Millionen Kinder versklavt. Etwa 168 Millionen Kinder arbeiten in Vollzeit-Jobs, während rund 200 Millionen Erwachsene arbeitslos sind. „Wir können den Kreislauf aus Armut, Kinderarbeit und Analphabetentum durchbrechen, indem wir die Kinderarbeit ausmerzen“, sagt Satyarthi. Seine Organisation hat inzwischen 83.000 Kinder befreit und ist in über 140 Ländern aktiv.

„Das sind nicht nur Zahlen“, so der Friedensnobelpreisträger. „Jeder von ihnen hat ein Gesicht, Augen – und Fragen“. Doch wer könne diese beantworten. „Warum werden Kinder verkauft?“, rief er eindringlich in den Raum. „Das macht mich wütend!“ Frieden könne es nicht ohne Gleichheit geben, Gleichheit nicht ohne Wissen.

„Freunde!“, spricht er seine Zuhörer direkt an „Wir müssen unser Stimmen erheben. Wir müssen die Stimme aller Kinder sein.“ Damit diese Generation, die letzte sei, die noch wisse was Kinderarbeit und -sklaven sind – und stolz darauf sein kann, diese abgeschafft zu haben.
Satyarthi rief die Nachwuchswissenschaftler ihr Gehirn, ihr Herz und ihre Finger zu nutzen, um im Internet und Social Medi für die Rechte der Kinder zu streiten. Die Standing Ovations bewies: Dieser Mann hat die Herzen der Anwesenden für sich eingenommen.
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- Afrika ist mehr als Kriege und Krankheiten:
http://bit.ly/1CQXu0j

„Schülern mehr von der Wissenschaft rüberbringen“:
http://bit.ly/1JDh9Zt
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Abschluss

Traditionell werden zum Abschluss des Lindauer Nobelpreisträgertreffens in Lindau auf der Insel Mainau Themen diskutiert, die wichtig sind für Wissenschaft und Gesellschaft.
So begrüßte Moderator Alok Jha am Freitag zu den Thema „Bildung für die Wissenschaft“ auf der Bühne die Nachwuchswissenschaftlerin Lucia Prieto Godino, den Nobelpreisträger Harald W. Kroto, des Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi und den Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Georg Schütte.
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Für Schütte bedeutet Bildung vor allem Teilnahme - am sozialen Leben, am politischen Leben. „Wir benötigen Basisfähigkeiten und Grundlagenwissen über naturwissenschaftliche Zusammenhänge“, plädierte er. Schlüsselelemente seien dabei die Lehrer: „Sie die die Multiplikatoren unserer Wissensgesellschaft.“ Für Harry Kroto haben vor allem die Lehrer die Möglichkeit die Kreativität der Schüler zu fördern. Er sprach sich jedoch für eine mehr individuelle Förderung aus. Zudem sollte das Schulsystem überdacht werden: Sprachen beispielsweise würden viel zu spät gelehrt: „Das ist nutzlos“, meinte Kroto.
Der Staatsminister erklärte, dass geplant sie, die Lehrerausbildung in Deutschland zu verbessern.

Der Friedensnobelpreisträger Satyarthi sieht beim Thema Bildung vor allem soziale, wirtschaftliche und regio-kulturelle Herausforderungen. So gebe es immer noch abgelegene Regionen auf dieser Welt, die behinderte Kinder opfern, weil sie angeblich Dürren und Hungersnöte heraufbeschwörten.
Wie könne man an solche Orte wissenschaftliche Bildung bringen. „Wissenschaft beginnt immer einer Frage“, erklärt Satyarthi, der keine Antworten liefert, doch neue Herausforderungen und Fragen: Es gelte die Armut und den Hunger zu beseitigen – wie kann die Wissenschaft dabei helfen? Wie die Folgen der globale Erwärmung, die Wasser- und Luftverschmutzung beseitigen?
Wissenschaft könne dabei helfen, aber nicht ohne die gesamte Gesellschaft einzubinden. „Wir können sie aber nicht einbinden, wenn sie unwissend sind“
Dabei sei es aber wichtig, so Kroto, dass die Menschen, die Schüler selbst mehr denken und „nicht einfach die Meinungen und Dogmen anderer übernehmen“. Grundbedingung dafür sei aber Freiheit, eine sichere Umgebung in der man lernen kann, Fragen stellen kann und eine Meinung äußern kann ohne dafür verfolgt oder gar getötet zu werden. Es sei eines der größten Probleme, dass die Menschen gleich Krieg führen würden, wenn sie anderer Meinung seien, anstatt sich an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden.

Satyarthi wünschte sich ein „Wissen des Volkes“, dem stimmt Schütte zu: Man müsse vor allem die Schüler und Menschen erreichen, die keinen Zugang zur Bildung haben oder Schwierigkeiten mit dem Bildungssystem. Das unterstricht der Friedensnobelpreisträger: Viele Verbesserungen durch Forschung und Wissenschaft erreichten einen Großteil der Menschen nicht, man müsse diese jedoch zu ihrem Besten integrieren, damit sie offener würden und nicht mehr irgendwelchem Aberglauben anhingen
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36 Nobelpreisträger haben am Freitag die „Mainauer Deklaration 2015 zum Klimawandel“ verabschiedet. Zum Abschluss der 65. Nobelpreisträgertagung forderten sie Politik und Gesellschaft zu einem radikalen Umdenken auf.

Nach den Beschlüssen des G7-Gipfels in Elmau im Juni sowie der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus ist die Mainauer Deklaration der dritte derartige Aufruf politischer und moralischer Autoritäten innerhalb kurzer Zeit.

Die mehr als 30 Vertreter aus der Medizin, der Chemie und der Physik folgen mit ihrer Deklaration früheren Nobelpreisträgern. Auf Initiative des Physikers Otto Hahn warnten 1955 Nobelpreisträger, ebenfalls auf der Insel Mainau, vor den Gefahren von Atomwaffen und riefen zur friedlichen Nutzung der Kernspaltung auf.
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„Wir wollen auf die Bedrohung durch den Klimawandel hinweisen und die verantwortlichen Politiker an ihre Verantwortung erinnern“, erklärte der amerikanische Astrophysiker und Nobelpreisträger des Jahres 2011, Brian Schmidt als Sprecher der Initiatoren.
So heißt es in der „Mainauer Deklaration 2015“, „dass die Nationen der Welt die Chance der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 nutzen und entschlossen handeln müssen, um die künftigen Emissionen weltweit zu begrenzen“.

Vor 60 Jahren seien sich die Menschen nicht der Gefahr durch Atomwaffen bewusst gewesen, so David J. Gross (Nobelpreis für Physik, 2004), deshalb hätten die Nobelpreisträger damals die Welt davor gewarnt. „Der Klimawandel ist eine ebenso schreckliche Gefahr wie es die Atomwaffen waren“, warnte er. Man müsse den Regierungen klarmachen, dass es fast schon zu spät sei, um den Klimawandel aufhalten zu können.

Klimaforscher seien überzeugt, dass der Mensch und seine Lebensweise den größten Einfluss auf das Klima und seine Veränderungen hätten. „Wenn wir jetzt nicht handeln, dann wird die Zivilgesellschaft noch im 21. Jahrhundert wegen der Auswirkungen des Klimawandels zusammenbrechen“, ist Peter C. Doherty, Nobelpreisträger des Jahres 1996, angesichts der Vorhersagen überzeugt.
Dass die Entscheidung, Kohlendioxid entscheidend zu reduzieren und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken, eine politische ist, darin waren sich die Laureaten einig. Da sich aber viele „Politiker nur für Wahlergebnisse interessieren“, so Doherty, „müssen die Wähler ihnen mit ihrer Stimme zeigen, was sie tun sollen“.
Die „Mainauer Deklaration 2015“ bildete den feierlichen Abschluss der 65. Lindauer Nobelpreisträgertagung. Sie fand in diesem Jahr mit 65 Laureaten und mehr als 651 jungen Wissenschaftlern aus 88 Nationen statt.
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- 83 000 Kindersklaven befreit:
http://bit.ly/1gf8TSM

Viele Frauen bei Tagung, wenige in Spitzenforschung:
http://bit.ly/1GVvWaH

„Warum werden manche Kinder beiseite geschoben?“:
http://bit.ly/1f9awRO

- Nobelpreisträger leiten Abriss der Inselhalle ein
http://bit.ly/1eqc4ps
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