Einstieg
Vorher/Nachher: Der norwegische Frachter "DS Hestmanden" im Jahr 1981 (links) und 2017 (rechts)
Rettung eines RiesenVom rostigen norwegischen Kriegsschiff zum fahrenden Museum
Noch vor rund 30 Jahren hätte wohl niemand gedacht, dass der Frachter seiner Verschrottung entgehen könnte. Um ihn vor diesem Schicksal zu bewahren, kaufte ihn 1979 der norwegische Veteranenschiffsverband.
25 Jahre Arbeit und das Engagement zahlreicher Menschen waren nötig, um das Schiff wieder herzustellen und es in ein fahrendes Museum umzuwandeln. In den Tagen vor der Eröffnung am 25. Juni diesen Jahres wird im Inneren des Schiffes noch auf Hochdruck gearbeitet.
In der Bredalsholem WerftFast ein Vierteljahrhundert im Trockenen
Bei der kleinen Werft handelt es sich um den einzigen Ort im Land, an dem der verfallene Frachter restauriert werden konnte. Denn nur hier wird die stählerne Außenwand der Schiffe, wie noch vor hundert Jahren, mit heißen Stahlnägeln genietet, anstatt - wie heute üblich - geschweißt.
Seit 1996 wird die Werft von der norwegischen Regierung unterstützt, um historische Schiffe zu erhalten. Insgesamt 26 Mitarbeiter arbeiten dort und halten das alte Handwerk des Nietens am Leben.
In der Bredalsholmen Werft
Einer von ihnen ist Jan Astor Holand. Vor seiner Anstellung in Bredalsholmen arbeitet der 59-Jährige als Tiefseetaucher auf einer Bohrinsel in der Nordsee. Nach einem 300 Meter tiefen Tauchgang, den er 1993 unternimmt, bilden sich Gasbläschen in seinen Gefäßen. Die Diagnose: Taucherkrankheit. Er muss mit dem Tauchen aufhören und sich eine andere Arbeit suchen. Im Jahr 2000 fängt er schließlich an, in der Werft zu arbeiten.
17 Jahre lang restauriert er gemeinsam mit Kollegen den Hestmanden. Für ihn ist das Schiff ein wahres "Juwel".
Veteranenschiffsverband den
Hestmanden gekauft hat,
wird auch die Regierung
auf den Frachter aufmerksam.
Bis zu diesem Zeitpunkt
versuchen die Mitglieder
des Vereins den Frachter
mit Spendengeldern zu retten.
Dafür lassen sie das
Schiff, das kaum noch fähig ist
selbst zu schwimmen,
1992 von seinem eigentlichen
Standort Trondheim nach
Kristiansand in die Bredalsholmen
Werft schleppen.
1995 fördert die norwegische Regierung
erstmals den Erhalt des Schiffes mit fünf
Millionen norwegischen Kronen
(umgerechnet etwa 500 000 Euro) und
erklärt es gleichzeitig zum nationalen
Kriegsdenkmal.
Geschichte
Handelsleute im Krieg Das Schicksal der "Kriegsseeleute"
Obwohl das Land im Ersten Weltkrieg neutral ist, helfen norwegische Frachter Kohle und Holz von Frankreich nach Großbritannien zu transportieren - unter ihnen auch der Hestmanden. Insgesamt sterben während des Kriegs etwa 2000 Seeleute und 900 norwegische Schiffe werden versenkt oder erleiden Schiffbruch. Das macht damals die Hälfte der Flotte des Landes vor dem Krieg aus.
Bis zum Ende des Krieges fahren die norwegischen Frachter in britischen Küstengewässern. Zahlreiche von ihnen werden versenkt und mit ihnen sterben erneut ungefähr 2000 Seeleute.
Kathrin Pabst leitet die Akademische Sektion am Vest-Agder Museum in Kristiansand. Seit 17 Jahren lebt die gebürtige Kielerin mit ihrer Familie in Norwegen. Sie hat sich im Vorfeld der Eröffnung mit mehreren ehemaligen Kriegsseeleuten getroffen, um ihre Geschichten für die Ausstellung zu sammeln.
Die Restauration
Die Zeit läuftVier Tage vor der Eröffnung der Ausstellung
Auch im Herzen des Schiffs, dem Maschinenraum, laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Denn obwohl das Schiff vergangenes Jahr zu Wasser gelassen wurde und wieder schwimmt, kann es noch nicht aus eigenem Antrieb fahren.
Im MaschinenraumDer widerspenstige Dieselmotor will nicht laufen
geplant, mit dem Frachter in den nahegelegenen
Hafen von Kristiansand überzusetzen. Mit einem
lauten Knall platzt jedoch plötzlich das
Verbindungsstück zweier Rohre. Literweise
Diesel strömt in den kleinen Raum - und das
nicht zum ersten Mal. Die beißenden Dämpfe,
die dabei ebenfalls austreten,
treiben einem die Tränen in die Augen.
Im Maschinenraum
Den Dieselgeruch ist der 88 Jahre alte
Tygve Cangfeldt gewöhnt. Er hat sein
Leben lang als Schiffsingenieur gearbeitet
und kennt sich besonders mit alten
Schiffsmotoren aus.
Mit einer Gruppe von pensionierten
Seemännern engagiert er sich ehrenamtlich
im Verein "Freunde des Hestmanden" für den
Erhalt des Schiffes. Jeden Tag arbeitet er auf
dem Schiff, um den widerspenstigen Motor zum
Laufen zu bringen.
Im FrachtraumAlle müssen mit anpacken
Hier entsteht der Hauptraum der Ausstellung mit einer Kinoleinwand, Flatscreens und Infotafeln. Auf diesen können Besucher des Museums später alte Filme von Kriegseinsätzen sehen und die Geschichten der Kriegsseeleute nachlesen. Aber auch in diesem Raum scheint die Zeit bis zur Eröffnung knapp zu werden. Neben den Handwerkern müssen deswegen auch die Museumsmitarbeiter mit anpacken.
An den Wänden des Frachtraums bringen zwei Helfer Zitate von Kiregseeleuten an.
Im Frachtraum
Arve - Der Enkel eines Kriegsseemanns
Einer von ihnen ist Arve Lindvig. Er ist eigentlich
Fotograf und Archivar im Vest-Agder Museum.
In der Woche vor der Eröffnung muss auch er
ran.
Arve hat eine ganz persönliche Beziehung
zum Schicksal der Kriegsseeleute.
Im Frachtraum
An DeckNur noch letzte Schliffe sind nötig
Hier müssen nur noch ein paar der Taue in Ordnung gebracht werden, damit das Deck die Museumsgäste empfangen kann.
Ein Mann mit blauem Helm, der eben erst den Farbpinsel weggelegt hat, macht sich daran, die schweren Taue aufzuwickeln.
An Deck
Helge Reinertsen ist bei der Rettung des Frachters
fast von Anfang an dabei. Er erfährt 1992 in einer
Zeitungsanzeige des norwegischen Schiffsveteranenvereins, vom Versuch den Hestmanden zu erhalten. In der Anzeige suchte der Verein Freiwillige, die sich um das Schiff kümmern können.
Der heute 71-Jährige meldet sich auf den Aufruf in der Zeitung und ist auch später, im Jahr 2012 bei der Gründung des Vereins "Freunde des Hestmanden" dabei. Mit etwa zwölf anderen pensionierten Seemännern - unter ihnen auch der Schiffsingenieur Tygve - kommt er seither jede Woche einmal auf das Schiff, um bei der Restaurierung mitzuhelfen.
Er beschäftigt sich schon Jahrzehnte mit dem Schicksal der "Kriegsseeleute". Besonders wichtig findet er es zu erzählen, wie viele Seeleute in Not die norwegischen Schiffe - unter ihnen auch der Hestmanden - während des Krieges gerettet hätten.
Die Eröffnung
Die erste Fahrt seit 25 JahrenAuf dem Weg zur Eröffnung
Tygve hat es nicht mehr rechtzeitig geschafft, den alten Dieselmotor zum Laufen zu bringen. Trotzdem erreicht das Schiff nach einem Vierteljahrhundert endlich sein Ziel.
Im Hafen
Unter ihnen auch jene Personen, die beinahe rund um die Uhr gearbeitet haben, um alles rechtzeitig fertigzustellen.
Im Hafen
Information zur Ausstellung
Museumsschiff vor der Bredalsholmen Werft liegen.
Im Sommer 2018 soll es voraussichtlich wieder in
den Hafen von Kristiansand gelegt werden.
Inzwischen läuft auch der alte Schiffsmotor
wieder rund und das Schiff kann selbstbetrieben
fahren.
Auch die Werft und die Arbeit an den Schiffen
dort kann mit Voranmeldung besichtigt werden.