Der Einsturz von Rana Plaza - Das 9/11 der Textilbranche
Der Einsturz von Rana Plaza - Das 9/11 der Textilbranche
Bilder wie dieses erschütterten vor zwei Jahren die Welt
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich über 3000 Menschen darin.
1127 von ihnen wurden getötet, 2438 wurden verletzt.
Zwei Jahre später
Die Regierung in Dhaka hat den Mindestlohn für Näherinnen von 3000 Taka (35 Euro) auf 5300 Taka (62 Euro) monatlich angehoben und Vorschriften für Brandsicherheit und Katastrophenschutz festgesetzt. Die zulässige Arbeitszeit ist auf acht Stunden am Tag beschränkt. Außerdem dürfen sich die Arbeiter seither in Gewerkschaften organisieren.
Man zeigt uns zwei Fabriken in Dhaka. Wir können uns sicher sein: Es handelt sich um Vorzeige-Betriebe.
Näherin Shipon
Shipon erzählt, dass sie von 8 Uhr bis 17 Uhr arbeitet – manchmal auch bis 19 Uhr. Vorher sei sie bei einer anderen Firma beschäftigt gewesen. Da habe sie oft bis 22 Uhr hinter der Nähmaschine gesessen.
Rafique Islam
Er gibt zu, auch in dieser Firma manchmal bis 22 Uhr abends zu arbeiten.
Standen die Chefs gerade nicht hinter uns?
Wie wird kontrolliert?
Wie wird kontrolliert?
Nach Rana Plaza wurde von etwa 190 europäischen, nordamerikanischen, asiatischen und australischen Modeketten eine Zusammenschluss namens "Accord on Fire and Building Safety" in Bangladesh gegründet. Weitere 26 nordamerikanische Textilhändler gründeten etwas ähnliches unter dem Namen "Alliance".
"Accord" und "Alliance" entsenden in etwa 1300 bangladeschische Textilfabriken ihre Kontrolleure, die die Gebäudesicherheit, Fluchtwege und Brandschutzmaßnahmen überprüfen und die Mitarbeiter schulen.
Insgesamt gibt es aber etwa 5000 Textilfabriken in Bangladesch. Die restlichen über 3000 Fabriken werden nicht von "Accord" und "Alliance" geprüft, da sie keinen direkten Handelskontakt mit den ausländischen Bestellern haben.
Etwa 1500 von den verbleibenden fast 3000 Firmen sind registriert und werden sporadisch bis gar nicht von den wenigen staatlichen Kontrolleuren auf Brandschutz, Gebäudesicherheit, Umwelt- und soziale Standards geprüft. Die restlichen 1500 Textilnähereien arbeiten illegal und werden überhaupt nicht kontrolliert.
Die Frauencafes Nach dem Unglück und den anschließenden Massendemonstrationen der Näherinnen, kamen die Gewerkschaften in Schwung. Mit Aufklärung in den sogenannten Frauencafes (Women Cafe) werden die Näherinnen über ihre Rechte aufgeklärt.
Die Frauencafes Nach dem Unglück und den anschließenden Massendemonstrationen der Näherinnen, kamen die Gewerkschaften in Schwung. Mit Aufklärung in den sogenannten Frauencafes (Women Cafe) werden die Näherinnen über ihre Rechte aufgeklärt.
Hier lernen sie abends nach getaner Arbeit bei einem Würfelspiel mit Fragen und Antworten ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber.
Tashima Begum Wir treffen Tashima Begum, 35, im Women Cafe, wo Frauen über ihre Rechte in den Fabriken aufgeklärt werden. Sie sagt: „Seit Rana Plaza ist es leichter, Forderungen nach mehr Lohn durchzuzusetzen.“ Die Überstunden, die die Näherin macht, macht sie freiwillig, um mehr zu verdienen.
Tashima Begum Wir treffen Tashima Begum, 35, im Women Cafe, wo Frauen über ihre Rechte in den Fabriken aufgeklärt werden. Sie sagt: „Seit Rana Plaza ist es leichter, Forderungen nach mehr Lohn durchzuzusetzen.“ Die Überstunden, die die Näherin macht, macht sie freiwillig, um mehr zu verdienen.
Hier kann Tashima offen sprechen. Denn hier führt Nazma Akter das Regiment. Aus ihr spricht die Wut, die Empörung, aber auch die erfahrene Verhandlungsruhe einer Arbeiteraktivistin zu Zeiten der Industrialisierung in Europa. Für uns befremdliche Vergangenheit – für sie die Gegenwart.
Akter ist Gewerkschaftsführerin und berät in ihrem Women Cafe viele Frauen, die selbst in einem der Beteiligungskomitees in den Firmen arbeiten – das ist so etwas wie ein Betriebsrat.
Ein fairer Preis?
Bangladesch bleibt das Armenhaus der Welt Trotz aller Bemühungen ändert sich offenbar nicht viel. Dhaka, die Hauptstadt Bangladeschs, mit seinen mehr als 26 Millionen Einwohnern, pulsiert unter einer gelben Smog-Glocke – und das obwohl die meisten Fahrzeuge Fahrrad-Rikschas sind oder kleine, dreirädrige Mofataxis, die wegen ihres Gas-Antriebs CNG genannt werden.
Bangladesch bleibt das Armenhaus der Welt Trotz aller Bemühungen ändert sich offenbar nicht viel. Dhaka, die Hauptstadt Bangladeschs, mit seinen mehr als 26 Millionen Einwohnern, pulsiert unter einer gelben Smog-Glocke – und das obwohl die meisten Fahrzeuge Fahrrad-Rikschas sind oder kleine, dreirädrige Mofataxis, die wegen ihres Gas-Antriebs CNG genannt werden.
Viele der einfachen Arbeiter leben in Slums
Die Slumbewohner Die meisten Slumbewohner sind aus dem südlichen Teil Bangladeschs in die Hauptstadt gekommen.
Die Slumbewohner Die meisten Slumbewohner sind aus dem südlichen Teil Bangladeschs in die Hauptstadt gekommen.
Im Flussdelta, das sich aus Ganges und Brahmaputra speist und in Tausenden von Verästelungen ins Meer fließt, leben viele Bauern. Sie bauen vornehmlich Reis an. Oder besser, sie taten es.
Der Klimawandel brachte den Meeresspiegel zum Steigen, das Flussdelta versalzte und der Reis hielt dem nicht Stand, die Lebensgrundlage ging verloren.
Was hat das mit uns zu tun?
Wir leben in Frieden, keiner muss in Wellblechhütten hausen, Kinder können in die Schule gehen. Bewusstes Konsumieren kostet nicht viel - nur etwas mehr Aufmerksamkeit. Und diese Fragen helfen dabei:
1. Brauche ich wirklich regelmäßig neue Kleidung? Oder tut es nicht die alte noch etwas länger?
2. Ist vielleicht im Secondhand-Laden etwas Passendes für mich zu finden?
3. Wenn ich seltener Kleidung einkaufe und vieles davon im Secondhand: Warum sollte ich mir dann nicht auch etwas teurere neue Kleidung leisten, die aber mit Siegeln wie etwa GOTS zeigt, dass auf Sozial- und Umweltstandards geachtet wurde.
(Susanne Schulz)