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Haft ohne Mauern - Ein Tag im Seehaus Leonberg

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Jetzt ist Sven hier. Seit fast einem Jahr. 14 Kilometer westlich von Stuttgart liegt das Seehaus Leonberg. Das Gelände mit dem Teich davor und dem Wald dahinter ist das, was der Gesetzgeber eine „Einrichtung des Jugendstrafvollzugs in freien Formen" nennt. Junge Männer können sich aus dem Knast bewerben und hier ihre Haftstrafe verbüßen. Mörder und Triebtäter sind ausgeschlossen, ansonsten bleibt als Voraussetzung nur der Wille zur Veränderung. Ihr Durchhaltevermögen müssen die Häftlinge jeden Tag aufs Neue beweisen. Denn im Seehaus gibt es keine Mauern, keine Gitter, keine Zäune. Das Einzige, was Sven und die anderen zehn Häftlinge am Abhauen hindert, sind die strengen Regeln, die hier gelten – und die Hoffnung auf ein neues Leben, eine zweite, vielleicht letzte Chance, wenn sie das Seehaus eines Tages verlassen.

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Vor einem Jahr kam Sven aus der Jugendvollzugsanstalt Adelsheim ins Seehaus. Wäre er noch dort, würde er sich um diese Uhrzeit wahrscheinlich noch einmal umdrehen und weiterschlafen. Im Seehaus beginnt der Tag zweimal die Woche mit Frühsport. Vier Kilometer laufen. Wer nicht sportlich ist, wird es hier.
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Nach dem Laufen treffen sich die jungen Männer, um zu lesen. Viele von ihnen halten hier zum ersten Mal ein Buch in der Hand. Das Seehaus ist eine kirchliche Einrichtung, die Diakonie der Träger. In den ersten Wochen beschäftigen sich die Jungen deshalb mit der Bibel. Ob sie danach dabei bleiben, ist ihnen freigestellt. Sven hat sich dagegen entschieden. Das Buch, das er jetzt liest, erzählt die Geschichte eines kriminellen Gang-Anführers, der sein Leben radikal zum Positiven ändert. Die Parallelen zu Svens eigenem Leben sind kaum übersehbar. Betrug, Einbruch, Diebstahl: Zu drei Jahren Haft wurde Sven verurteilt. Das Seehaus soll ihm helfen, die Haftzeit sinnvoll zu nutzen.
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Im Seehaus leben Sven und die anderen nicht in Zellen, sondern in Wohngemeinschaften zusammen mit den anderen Häftlingen. Die Betreuung übernimmt eine Gastfamilie, die Tür an Tür wohnt. Gemeinsame Mahlzeiten – Frühstück und Abendessen – gehören zum Zusammenleben. Denn nicht nur der straffe Tagesablauf soll die Jugendlichen daran hindern, die unsichtbare Grenze des Geländes zu überqueren, sondern auch die Bindung zu den anderen.
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So richtig Lust auf den Hausputz hat hier keiner, gemacht wird er trotzdem jeden Tag. Denn halten sich die Jungs an die Regeln, bekommen sie nach und nach mehr Rechte. Während die anderen in der Wohnung saugen, wischen, Teller abspülen, bringt Sven im Morgengrauen den Müll raus. Was sich erst mal nicht nach einem Privileg anhört, ist sehr wohl eines: Nur wer vertrauensvoll ist, darf auch alleine über das Gelände laufen.
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Arbeitsbeginn. In den hauseigenen Werkstätten können die jungen Männer ihr erstes Lehrjahr für Bauberufe absolvieren. Als Schreiner-Lehrling fährt Sven häufig mit auf Baustellen, um dort zu arbeiten. Wie wichtig die Ausbildung für sein späteres Leben ist, hat der 21-Jährige erst hier erkannt.
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Dreimal am Tag 15 Minuten. Genau so viel Zeit haben die jungen Männer für sich. Viele nutzen sie zum Rauchen, andere tun einfach mal gar nichts. Denn mit das Härteste am Alltag im Seehaus ist, dass man nie seine Ruhe hat, sagen die jungen Männer.
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„Wir akzeptieren Konfrontation und Kritik“: So lautet Punkt elf des Seehaus-Regelwerks. Jeden Abend treten die Jungs im Stehkreis nach vorne und lassen sich von den anderen kritisieren. Wem tagsüber öfter Schimpfwörter wie Scheiße rausrutschen, der muss sich das abends vorwerfen lassen. Wer dagegen beim Frühsport gut durchhält und andere motiviert, bekommt auch das gesagt. Doch das Ego der meisten Jungs hier ist groß und die negative Kritik wiegt für viele schwerer als Lob – bis es sie irgendwann so sehr nervt, dass die jungen Männer eben beginnen, sich an die Regeln zu halten.
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Abendessen mit den Gasteltern Sara und Felix Bader und ihrer elf Monate alten Tochter. Die Gasteltern wohnen Tür an Tür mit den Häftlingen, essen mit ihnen, korrigieren Schularbeiten und sind Ansprechpartner bei Problemen. Unterstützung bekommen sie von zwei FSJlern.
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Besonders beliebt bei den Jungs: Töchterchen Nele. Selbst den Coolsten entlockt das elf Monate alte Mädchen ein Lächeln. Ihre Mutter bezeichnet sie deshalb auch als "Herzensöffner". Neben  Nele gibt es noch einiges mehr, was Sven im Seehaus wichtig ist. Was genau, das können Sie auf der nächsten Seite entdecken.

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WG-CD: Musik für alle

Auf der CD haben die Jungs ihre Lieblingslieder verewigt. Jeden Morgen während des Putzdienstes läuft sie rauf und runter. Teilweise so laut, dass Hausvater Felix ein Machtwort sprechen muss.

Wecker: Bloß nicht verschlafen!

Ohne seinen Wecker wäre Sven im Seehaus verloren. 

Monopoly: Freizeit mit der Familie

Normalerweise schauen die jungen Männer abends Nachrichten, erledigen Hausaufgaben oder treffen sich zu Gesprächskreisen. Einmal die Woche gibt es einen Familienabend. Für Sven der beste Abend der Woche.

Löwenzimmer-Schlüssel: Endlich Ruhe

Ein Zimmer nur für sich alleine: Ein ganz besonderes Privileg im Seehaus, wo immer Trubel herrscht.

Das Handy: Kontakt zur Außenwelt

Je nach Verhalten werden die Häftlinge im Seehaus in Gruppen eingestuft. Wer sich gut benimmt, bekommt mehr Rechte. Als Löwe darf Sven - im Gegensatz zu vielen anderen - sogar sein Handy bei sich haben. So kann er Kontakt zu seiner Familie und Freunden halten. 

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Nach einem 16-Stunden-Tag gehen die Lichter im Seehaus aus. Für Sven könnten die Tage hier bald gezählt sein. Bekommt er draußen eine Ausbildungsstelle und eine Wohnung, kann er das restliche Jahr seiner Haftstrafe auf Bewährung verbüßen. Schon jetzt darf er die Wochenenden hin und wieder bei seiner Familie verbringen. Doch so sehr er sich auf das Leben in Freiheit freut, ein bisschen mulmig ist ihm dabei auch.
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Idee, Konzept, Texte, Videos:
Christin Hartard 

Fotos:
Christin Hartard und dpa

Kontakt:
www.schwaebische.de
Karlstraße 16
88212 Ravensburg
online@schwaebische.de
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