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Wolfgang Niedecken - der Freund der Räuberhöhle

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Lisa

Es muss eine eigenartig interessante Frau gewesen sein, diese Lisa. Eigentlich hieß sie gar nicht Lisa. Wolfgang Niedecken hat sie so genannt, nachdem ihm 1984 in der Ravensburger „Räuberhöhle“ jemand die Geschichte eines Mädchens erzählt hatte, das in einer Welt voller „normaler“ Leute überhaupt nicht klarkam und daran zerbrach.

Beim Konzert in der Ravensburger Oberschwabenhalle passiert etwas, das BAP auf ihrer Tournee zum 40. Bandgeburtstag mit rund 70 Konzerten nur ein einziges Mal machen: Sie spielen das durch die Räuberhöhle inspirierte Lied „Lisa“. Auf der vorhergehenden Tournee 2014 war der Song noch im Programm und Niedecken erzählte landauf landab die Geschichte seiner Entstehung. Die Räuberhöhle sollte damit zumindest BAP-Fans in ganz Deutschland ein Begriff sein.





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Und so schallt Jubel und Applaus durch die Kneipe, als die Tür aufgeht und der „Bob Dylan der Kölner Südstadt“ mit der Band die Höhle nach dem Auftritt in der Oberschwabenhalle betritt. Niedecken ist sofort umringt von Fans und muss in blitzende Smartphones lächeln. Beim Konzert machte er sich noch lustig über den Kulturwandel vom Autogramm zum Selfie. Doch gegen den technische Fortschritt ist selbst eine Musiklegende wie er machtlos.

Wer genau das Mädchen war, von dem Wolfgang Niedecken als „Lisa“ singt oder wer ihm die Geschichte damals erzählt hat, lässt sich nicht mehr nachverfolgen. Aber das Lied ist inzwischen in der Räuberhöhle Legende, wie Niedecken und BAP auch.




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Räuberhöhle

„Es ist wie in unserer Stammkneipe in Köln“, sagt Niedecken auf der Bühne. Im „Chlodwig-Eck“ in der Kölner Südstadt muss es in der 70er- und 80er-Jahren also ähnlich ausgesehen, ähnlich gerochen haben und ähnlich zugegangen sein wie in der Räuberhöhle. So ähnlich, dass Niedecken und die damals noch ganz anders zusammengesetzte Band sich dort sofort aufgehoben und wohl fühlten. Und seitdem immer wieder mal vorbeischauen, wenn sie ein Gastspiel in Ravensburg geben.

„Die kommen nachher noch kurz“, verrät Martin Höld schon kurz nach dem Konzert. Höld, den in Ravensburg alle nur Made nennen, ist Chef des Vereins „Freunde der Räuberhöhle“, der seit Jahren gegen die Schließung und den Umbau der Höhle kämpft. Die Höhle und ihre Räuber zittern nämlich vor dem Totalumbau und einem neuen Betreiberkonzept. 
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Seit dem Konzert am Nikolaustag geben sich auch Wolfgang Niedecken und seine Bandkollegen offiziell als Mitkämpfer. „Eigentlich dachte ich, die Kneipe ist schon lange weggentrifiziert“, verrät der mittlerweile 65-jährige Niedecken, während er und seine Musiker sich auf der Bühne die Mitglied-Buttons des Vereins an die Klamotten heften. „Wir erklären uns jetzt auch ganz offiziell zu Freunden der Räuberhöhle.“

Das Schicksal, entweder von Investoren zu einem modernen und teuren Laden umgebaut oder gleich ganz weggerissen und durch einen exklusiven Wohnblock ersetzt zu werden, hat in der Millionenstadt Köln nur zu viele der legendären Eck-Kneipen erwischt. Auch das Chlodwig-Eck. Allein schon deswegen findet Wolfgang Niedecken es in Ravensburg „ganz großartig, dass der Verein nicht resigniert, sondern weitermacht“.
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Konzert

Es ist erschreckend, wie aktuell viele Lieder noch sind, die Wolfgang Niedecken bereits vor mehr als 35 Jahren geschrieben hat. „Leider immer noch brandaktuell“, sagt er selbst. Das „BAP“-Konzert am Dienstagabend in der Ravensburger Oberschwabenhalle zeigte das ganz deutlich. Titel wie „Arsch huh“ und allen voran „Kristallnaach“ sind die musikgewordene Aufrüttelung gegen Populismus, Hetze, Militarismus und vor allem gegen Rechts.

Wolfgang Niedecken erinnert auf der Bühne inzwischen ein wenig an zwei seiner großen Idole: Optisch nähert er sich immer mehr Bob Dylan an. Graue Lockenmähne, grauer Bart. Als die Band „Stell dir vüür“ spielt – die Hymne der Kriegsdienstverweigerer aus dem Jahr 1979 – schwingt eine Hommage an Dylans „Hurricane“ durch die Halle. Und was die Länge des Konzerts angeht, kann BAP es locker mit Bruce Springsteen aufnehmen: Rund dreieinhalb Stunden dauert der Ritt durch vier Jahrzehnte Bandgeschichte in der Oberschwabenhalle, die mit rund 1500 Besuchern zu gut zwei Dritteln gefüllt ist.
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Und so lässt die Band kaum eine der vielen Kölschrock-Legenden aus ihrem Fundus aus. „Frau, ich freu mich“ eröffnet das Konzert, mit „Ne schöne Jrooß“ geht es weiter. Die tragisch-melodische Ballade vom verrückten Mädchen „Lisa“ bindet die Band in ein kurzes Barhocker-Set, im Sitzen, mit akustischen Gitarren und Kontrabass.
Bei „Jraaduss“ stellt die Oberschwabenhalle zum ersten Mal ihre Kölsch-Kenntnisse vor. „Im Kölschen gibt es kein G“, korrigiert Niedecken ein paar Nachhilfebedürftige. Und nach zwei, drei Durchgängen im Refrain adelt der bekennende FC-Köln-Fan die 1500: „Damit kämt ihr in Müngersdorf in der Südkurve durch.“
Sowieso hat der 65-Jährige Spaß an Auftritten außerhalb des kölschen Dialektraums: „Es ist immer wieder interessant: Da kommt eine Band, singt einen total fremden Dialekt und dann vergessen die Leute im Publikum ihren eigenen.“ Zu hören zum Beispiel auch bei „Do kanns zaubere“, „Fortsetzung folgt“, „Paar Daach fröher“ und natürlich „Aff un zo“.
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Widerstandspreis

Preise hat Niedecken schon öfter bekommen – etwa das Bundesverdienstkreuz. Denn er engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Rassismus und Fremdenhass.

Allerdings: „Ich hab’s nicht so mit Wertigkeiten“, lässt er verlauten. Ob er nun vom Bundespräsidenten oder von den Ravensburger Freunden der Räuberhöhle ausgezeichnet werde – „das sind alles ehrenwerte Leute“.

„Großartig“, findet Niedecken, dass der mittlerweile 700 Mitglieder starke Ravensburger Verein „nicht resigniert“, sondern sich „in dieser postfaktischen Zeit, in der häufig nur noch rumgeprollt wird“, gegen rechts engagiert. Eben das sollten seiner Ansicht nach nämlich „alle anständigen Menschen“ tun – und hier wird der 65-Jährige sehr schnell sehr ernst: „Gegen rechts zusammenstehen.“ Er selbst bemühe sich, trotz allem, nicht zu resignieren und, vor allem, „nicht zynisch zu werden“.
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Ende

Autoren
Ruth Auchter / Nicolai Kapitz / Michael Scheyer

Fotos / Videos
Ruth Auchter / Michael Scheyer

Verantwortlich
Yannick Dillinger

Kontakt
www.schwäbische.de
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88212 Ravensburg
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