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Ein Jahr nach dem tödlichen Flugzeugabsturz in Waldburg

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Ein Jahr nach dem tödlichen Flugzeugabsturz in Waldburg

Am 14. Dezember 2017 stürzt in einem Wald in der Nähe von Sieberatsreute ein Privatjet ab. Alle drei Insassen sterben. Es sind drei Männer: der 79-jährige „Thermenkönig“ Josef Wund aus Eriskirch, der 45-jährige Pilot und Geschäftsführer von „Skytaxi und sein 49 Jahre alter Co-Pilot aus Wien.
Die Cessna 510 Citation Mustang der Bregenzer „Skytaxi Luftfahrt GmbH“ war auf dem Weg von Egelsbach bei Frankfurt und befand sich kurz vor dem Absturz im Landeanflug auf den Flughafen Friedrichshafen.
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Es ist ein kalter Donnerstagabend, als die Cessna den Bodensee-Airport anfliegt. Dicke Schneeflocken rieseln auf Oberschwaben und machen die Schneedecke immer dicker. In den höheren Lagen rund um Waldburg klebt der Schnee. Was sich einige Hunderte Meter in der Luft genau abspielt, ist bis heute unklar. Klar ist: Die Cessna verliert plötzlich rasant an Höhe. In der Maschine hat der Pilot Funkverkehr mit dem Flughafen Zürich. Um genau 18.13,41 Uhr reißt der Kontakt zum Boden ab. Um 18.14 Uhr macht es im Wald bei Sieberatsreute einen lauten Knall. Das Flugzeug mit den drei Männern an Bord zerschellt. Eine Stichflamme erhellt die dunkle Nacht. Der Geruch von ausgelaufenem Kerosin zieht bis ins Dorf.
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Die Polizei sperrt den Bereich rund um den Wald weiträumig ab – wegen Explosionsgefahr, wie es heißt. Die Sicherung des Unfallorts läuft schnell an. Rund 120 Rettungskräfte sind bis aus dem Schussental nach Sieberatsreute zu dem Großeinsatz gekommen. Die Feuerwehr ist mit schwerem Gerät im Einsatz. Doch die Fahrt für die Autos und auch der großen Einsatzfahrzeuge gestaltet sich wegen des dichten Schneefalls nicht einfach. Die Straßen sind vereist, der Schnee beginnt sich auch auf der Straße zu türmen.
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Polizeisprecher Markus Sauter beantwortet noch in derselben Nacht erste Fragen am Absturzort.
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Die Presse muss Stunden ausharren, um Informationen zu bekommen. Als erstes berichtet die „Schwäbische Zeitung“ online, andere Medien springen auf. Regionale und überregionale Medien kommen an die Unfallstelle, um erste Eindrücke zu schildern und auf Informationen zu warten. Der Absturz schafft es bis in die überregionalen Medien. Deutsche Nachrichtensender zeigen Bilder vom Unglück, in den Radiosendern wird berichtet. Die Aufräumarbeiten dauern bis spät in die Nacht hinein.
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Am anderen Morgen zeigt sich das ganze Ausmaß der Zerstörung: Über 200 Meter hinweg zieht sich eine Schneise der Verwüstung. Viele Bäume sind abgeknickt oder umgestürzt. Kabel und Metallteile hängen vereinzelt von den Ästen herab. Ein Triebwerk liegt etwas abgelegen im Wald. Ein schneebedeckter Sitz steht surreal inmitten der Schneise. Ein Team der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) ist vor Ort und stellt erste Untersuchungen an. Die Flugzeugreste kommen nach Braunschweig zur BFU, die bis dato mit der Untersuchung beschäftigt ist. Am Samstag danach beginnt die Bergung.
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Josef Wund: Mitten aus dem Leben gerissen

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Die Freunde vom Kegler-Stammtisch warten an diesem Abend vergeblich in der Friedrichshafener VfB-Gaststätte. Josef Wund wollte etwas später dazustoßen, nachdem er von einer Geschäftsreise kommend auf dem Bodensee-Airport gelandet war. Doch das Flugzeug kommt in Friedrichshafen niemals an.
Auch im Alter von 79 Jahren stand der „Bäderkönig“ mitten im Schaffen. Badeparadiese in Erding - der größten Therme der Welt-, Bad Wörishofen, Titisee-Neustadt, Sinsheim, Euskirchen oder Bukarest sind von ihm gebaut worden. Aktuell arbeitete er an einem Projekt im hessischen Bad Vilbel. Zu Wunds Firmengruppe gehören 50 Unternehmen.
In seiner Stadt Friedrichshafen hatte der gebürtige Mariabrunner die früheren Messehallen gebaut. Die heutige ZF-Arena war sein Werk und zur damaligen Zeit mit dem geschwungenen Dach ein Highlight. Vielbeachtet war der Bau des deutschen Pavillons für die Expo 2000 in Hannover.
Wund baute nicht nur in eigener Regie, er streckte auch die Kosten vor. Bundesweit hat er Industriebauten verwirklicht. Zudem errichtete er 31 Tennishallen und 13 Krankenhäuser. Sein Credo: In Deutschland wird zu teuer gebaut.
In Lindau hatte Wund seinen Firmensitz für sein Erdinger Badeparadies. Auf der Lindauer Insel besaß er neben der Klinik von Werner Mang eine Penthouse-Wohnung, in der er aber nicht wohnte. Mit dem Stadtrat der Inselstadt lag er zuletzt über Kreuz, nachdem dieser seine Pläne für ein Kongresszentrum ignoriert hatte.
Wund zog sich in Lindau auch aus den Plänen für den Bau einer Therme zurück, für die er die Idee eingebracht hatte.
Josef Wund war ein Visionär, ein harter Arbeiter, der sich selbst mit 79 Jahren nicht zurückgelehnt hat.
Mit seiner Josef-Wund-Stiftung hat er verfügt, dass jedes Jahr begabte junge Menschen am jeweiligen Sitz seiner Firmen mit einer zweistelligen Millionensumme gefördert werden.

Von Siegfried Großkopf, gekürzt
Hier geht's zum Originaltext.











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Nach dem Flugzeugabsturz kündigt der Bürgermeister der Gemeinde Waldburg eine psychologische Betreuung der beteiligten Feuerwehrleute an. Vor den Rettungskräften insgesamt zieht Michael Röger den Hut: „Ich möchte mich bedanken bei den ganzen Helfern und bei den Ehrenamtlichen. Ich glaube, dass sie sehr besonnen, verantwortungsbewusst und professionell gearbeitet haben.“ Man habe auch "Rücksicht auf Menschen genommen, die so etwas noch nie gesehen haben und vielleicht auch nicht sehen sollten“, lobt er die Freiwillige Feuerwehr Waldburg
Dass das Flugzeug nahe Waldburg abstürzte, ist für den Bürgermeister keine Überraschung: Die Gemeinde liege nämlich direkt in der Einflugschneise zum Flughafen Friedrichshafen. „Täglich fliegt eine Vielzahl an Flugzeugen über unser bewohntes Gebiet hinweg – uns ist allen bewusst, dass das ein erhöhtes Risiko darstellt.“
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Bis heute befindet sich das Kerosin, das sich flächendeckend über den Wald verteilt hat, in der Gegend. Nach Berechnungen des Flughafens Friedrichshafen haben sich noch maximal 300 Liter Kraftstoff in der verunglückten Cessna befunden. Hätte man das ausgelaufene Kerosin abtragen wollen, wäre nur eine Abholzung der gesamten Fläche infrage gekommen. Im Vergleich dazu ist der Umweltschaden durch das Kerosin geringer, teilt das Landratsamt Ravensburg auf Nachfrage damals mit.
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Nach ersten Informationen der Staatsanwaltschaft Ravensburg vom 1. März ist vermutlich eine vereiste Landeklappe die Ursache für den Absturz gewesen. Doch in dem BFU-Zwischenbericht vom März werden Zweifel daran angemeldet. Eis könnte bei dem Unglück aber tatsächlich eine Rolle gespielt haben. Ein Sprecher der BFU sagt im März der „Schwäbischen Zeitung“: „Flugzeuge können auch mit vereisten Landeklappen landen.“ Hinweise auf einen technischen Defekt oder eine Erkrankung der Besatzung gibt es nicht. Auch die Obduktion der Piloten ergibt keine Hinweise auf Beeinflussung durch Medikamente, Drogen oder Alkohol.
Wenige Tage später gibt das österreichische Luftfahrtunternehmen Skytaxi bekannt, seinen Betrieb vorerst einzustellen, bis die Absturzursache geklärt sei.



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Auch ein Jahr nach dem Flugzeugabsturz von Waldburg ist die Unfallursache nicht geklärt. Der abschließende Bericht der BFU in Braunschweig steht noch aus. Der Abschluss ist auf Nachfrage auch nicht abzusehen. Im Durchschnitt dauert die Erstellung eines solchen Berichts etwa ein Jahr, kann sich aber auch länger als zwölf Monate ziehen, wenn etwa auf ein bestimmtes Teilergebnis gewartet werden muss oder wenn sich Untersuchungen als besonders umfangreich herausstellen.
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Texte
Philipp Richter, Oliver Linsenmaier, Jasmin Amend

Umsetzung
Jasmin Amend

Videos
Theresa Gnann, Alexis Albrecht, Oliver Linsenmaier, Marcus Fey

Fotos
Oliver Linsenmaier, Philipp Richter, Felix Kästle/dpa

Verantwortlich
Yannick Dillinger
Copyright: Schwäbische Zeitung 2018 - alle Rechte vorbehalten
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