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Die schwierige Zukunft der Bodensee-Fischer

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Das ist ungerercht

Warum die Bayerischen Bodensee-Fischer den Freistaat verklagen
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Die Sonne geht gerade hinter dem Pfänder auf, als Roland Stohr und sein Vater Peter ihr kleines Fischerboot im Wasserburger Hafen beladen. Seit 37 Jahren fahren die beiden gemeinsam auf den Bodensee.

Die Handgriffe der Berufsfischer sind routiniert, nur wenige Minuten dauert es, bis das Boot  hinaus auf den See gleitet. Doch das Idyll trügt. Denn Vater und Sohn wissen schon jetzt: Die Netze, die sie gleich kontrollieren werden, werden fast leer sein. Die Fischerei auf dem Bodensee ist seit Jahren ein Kampf ums Überleben.

Ein Kampf, bei dem sich die bayerischen Fischer gegenüber der Konkurrenz auch noch benachteiligt fühlen. Gefallen lassen möchten sie sich das nicht. Deswegen verklagen sie jetzt den Freistaat Bayern.
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Die Bregenzer Übereinkunft regelt seit weit mehr als hundert Jahren die Belange der Fischer aus Bayern, Baden-Württemberg, Österreich und der Schweiz. Eigentlich wurde sie einmal ins Leben gerufen, um Ungerechtigkeit unter den Berufsfischern zu vermeiden. Doch wie konnte es dazu kommen, dass die Bayerischen Fischer jetzt im Nachteil sind? 
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Auslöser ist ein Beschluss der Internationalen Bevollmächtigungskonferenz für die Fischerei (IBKF) von 2015: Insgesamt sollen die Fischerpatente auf dem Bodensee von 120 auf 80 verringert werden. Die Bayern sollen dafür von zehn auf acht Patente reduzieren.

„Ziel des Beschlusses war es, den verbleibenden Patentinhabern einen Ertragsanteil zu sichern, der die Existenz eines Familienbetriebs ermöglicht“, schreibt Martin Hecht, Sprecher des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Dabei rechnen die Bevollmächtigten anteilig: Die Bayerischen Fischer sollen ihre Patente von zehn auf acht verringern.
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Tatsächlich waren die Fangerträge der Fischer 2018 auf einem Rekord-Tief: Nur gut 15 Tonnen Felchen haben die bayerischen Fischer aus dem See geholt, der schlechteste Ertrag aller Zeiten. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2010 lag das Jahresmittel bei fast 70 Tonnen.

Doch Roland Stohr, der auch der Vorsitzender der Genossenschaft der Bayerischen Berufsfischer ist, weigert sich, anderen Fischern ihr Hochseepatent zu entziehen. Die Konsequenz: Alle anderen Anrainer durften, quasi zur Belohnung, ein Schwebnetz mehr  auswerfen.  
Roland Stohr findet: Es ist gar nicht nötig, dass die bayerischen Fischer unter Zwang Hochseepatente abgeben. Denn Österreich und die Schweiz unterschreiten die geforderte Höchstzahl der Patente schon jetzt – insgesamt gibt es auf dem Bodensee nur noch etwas mehr als 60 Patente.
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Die Bevollmächtigten der IBKF blieben hart. „Es dürfen erst dann fünf Schwebnetze pro Hochseepatentinhaber verwendet werden, wenn der jeweilige Anrainerstaat nicht mehr Patente als seinem reduzierten Kontingent entsprechend ausgibt“, schreibt Ministeriumssprecher Martin Hecht 2019.

Gegen diese Ungleichbehandlung hat Roland Stohr Klage beim Kemptener Landgericht eingereicht. Zumindest für 2020 haben die bayerischen Fischer nun ihr 5. Schwebnetz zurückbekommen. Aber Roland Stohr klagt weiter, denn er will keine Ausnahme für ein Jahr, sondern immer so behandelt werden, wie die Fischer der Anrainer.

Doch das ist nicht die einzige. Eine weitere betrifft seinen Vater Peter Stohr.
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Opfer Iwen

Darum bleibt die Fischtheke von Christian Iwen seit gut einem Jahr leer
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Christian Iwen fühlt sich ebenfalls als Opfer der Beschlüse der IBKF. Schon als kleiner Bub waren die Fische und der Bodensee seine ganz große Leidenschaft - die er dann zum beruf gemacht hat: Fast 60 Jahre lang ist der 74-Jährige Berufsfischer aus Lindau auf den Bodensee gefahren. Vergangenes Jahr verweigerte ihm das Landratsamt als verlängerter Arm des Freistaats Bayern dann plötzlich sein Hochseepatent.
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Auch Christian Iwen klagt gegen den Freistaat Bayern. Allerdings verliert er diese Klage in erster Instanz vor dem Kemptener Landgericht und auch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht München. Sein Anwalt Michael Moser legt dagegen Berufung ein. Er will den Fall notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof durchkämpfen. Denn ein Berufsverbot wegen Altersdiskriminierung, das habe Präzedenzcharakter.

Und Christian Iwen? Der fühlt sich zum Fischen jedenfalls noch fit genug.
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Streit um die Nährstoffe

Verhungern die Felchen im Bodensee?
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Eine traurige Wahrheit. Doch der Bodensee ist mittlerweile ziemlich leer gefischt. Dazu kommt, so Stohr:  Die Felchen, einst der Brotfisch der Bodenseefischer, werden immer kleiner und dünner.

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Die Fischer sind überzeugt: Der Bodensee bietet den Fischen zu wenig Nahrung. Als Grund dafür sehen sie den seit einigen Jahren wieder sehr niedrigen Phosphorgehalt. Doch Politik und Seenforscher halten dagegen.
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Gut, das bedeutet in diesem Fall vor allem gut für den Menschen. Denn dank guter Kläranlagen war die Trinkwasserqualität des Bodensees nie so hervorragend wie jetzt. Und das wird wohl auch so bleiben.
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Exoten bedrohen den See

Einmal eingeschleppt, verbreiten sich Stichling und Quagga-Muschel ungehemmt
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Neben Felchen und Zander haben sich in den Netzen von Roland und Peter Stohr auch diese kleinen Biester verfangen: Stichlinge machen mittlerweile etwa 90 Prozent des Fischbestands im Bodensee aus. Sie fressen nicht nur den Felchen das Futter weg, sondern machen sich mittlerweile auch über dessen Brut her. Schon vor 50 Jahren eingeschleppt, verbreitet sich das Tier in den vergangenen fünf bis sechs Jahren explosionsartig. Warum, das weiß keiner. Ein ähnliches Phänomen ist die Quagga-Muschel.
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Und dann ist da noch der Kormoran. 2500 dieser Vögel gibt es um den Bodensee. Sie fressen, so Roland Stohr, mehr Felchen als alle Fischer zusammen fangen können. Das Problem: Sie dürfen nicht abgeschossen, sondern nur vergrämt werden. Der Effekt dabei ist gering.
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Ungewisse Zukunft

Nachfolger gibt es kaum
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Doch Roland Stohr kämpft weiter. Damit die Fischerei am Bodensee nicht ausstirbt. Wenn es sein muss, vor Gericht.
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