Hexenverfolgung in Oberschwaben
Hexenwahn
Was die Menschen in Oberschwaben und am Bodensee dazu gebracht hat, ihre Mitmenschen zu verraten, zu foltern und zu verbrennen, zeigt diese multimediale Reportage.
Die Hintergründe
Maleficium Ein Volk im Hexenwahn
Maleficium Ein Volk im Hexenwahn
Die Menschen wissen nicht, dass sie am Rande einer kleinen Eiszeit leben. Die einzige Erklärung für die vielen Unwetter, die ihnen einleuchtet: schwerer Schadzauber, schwarze Magie. Sie glauben, der "Maleficium" zerstöre die Felder.
Ein Schuldiger muss gefunden werden.
Wundermittel gegen Zauber Verzweifelt der vermeintlichen Gefahr begegnen
Wundermittel gegen Zauber Verzweifelt der vermeintlichen Gefahr begegnen
Ein Beispiel dafür sind Mardergebisse. Durch die gefletschten Zähne soll es einen Schutz gegen ungewollte Magie und böse Kräfte bieten. Tierschädel, mumifizierte Körper oder Körperteile von verschiedensten Tieren werden unter Türschwellen vergraben, in Räumen angebracht oder auch am Körper getragen.
Auch verschiedene Pflanzen und Kräuter wie Knoblauch sollen böse Zauber abwehren. Die Kirche beteiligen sich am Verkauf von Amuletten und Abzeichen, die gegen schwarze Magie von Hexen helfen sollen.
Die Tatorte
Tatort Ravensburg
Tatorte Wasserburg und Lindau
Tatort Waldsee
Tatort Ravensburg
Tatort Bad Waldsee
Tatort Lindau
Tatort Wasserburg
Die Täter
Die Täter Die Verfolgung durch Heinrich Kramer
Die Täter Die Verfolgung durch Heinrich Kramer
Der Inquisitor ruft alle Bürger Ravensburgs dazu auf, verdächtige Frauen zu melden. Sechs Bürgerinnen werden daraufhin denunziert, verhaftet und unter Folter zu den fünf Merkmalen einer Hexe befragt. Schließlich gesteht Agnes Bader die gegen sie erhobenen Vorwürfe und benennt Anna Mindelheimer als Komplizin.
Sie gibt zu, auf der Kuppe, der heutigen Kuppelnau, im Auftrag des Teufels den Schadenzauber an einer Buche angewendet zu haben, der im Anschluss den verheerenden Hagelschlag ausgelöst habe. Beide Frauen sterben auf dem Scheiterhaufen.
Seine Erfahrungen schreibt Kramer im sogenannten "Hexenhammer" auf - ein Buch mit verheerenden Auswirkungen auf die Hexenverfolgung in Europa.
Das Volk ist mitschuldig Unterstützung von der Basis
Das Volk ist mitschuldig Unterstützung von der Basis
Ob Krankheiten, Ernteausfälle oder finanzielle Nöte - nur allzu gern wird ein Sündenbock für Leid und Schmerz gesucht. Die Frauen und wenigen Männer, die der Unterschicht angehören und oftmals mit obskuren Heilkräutern experimentieren, scheinen die einfachsten Schuldigen. Mit verheerenden Folgen.
Die Profiteure Scharfrichterfamilie Vollmar - die Geldverdiener
Die Profiteure Scharfrichterfamilie Vollmar - die Geldverdiener
Eine Henkersfamilie lebt in der Regel recht gut von den Folterungen und Hinrichtungen. Eine Akte aus dem 17. Jahrhundert gibt Aufschluss über den Verdienst des Scharfrichters von Salem. So wird für einen Tag einer Hinrichtung oder Folter 1 Gulden und 30 Kreuzer bezahlt. Wird das Opfer mit dem Schwert gerichtet, gibt es 3 Gulden zusätzlich, für das Rädern gar 6 Gulden.
Ein Pfund Rindfleisch ist zu dieser Zeit bereits für etwa 6 Kreuzer zu haben.
Prozess
Der Hexenprozess Verrat, Haft und Folter
Der Hexenprozess Verrat, Haft und Folter
Oft waren es Nachbarn, die eine Frau verrieten.
Und wie auf dem nebenstehendem Bild stellten sich die Bürger heimliche Hexenversammlungen vor.
Maria Madlener
Das Schicksal der Maria Madlener Ein Hexenprozess aus dem Jahr 1730
Das Schicksal der Maria Madlener Ein Hexenprozess aus dem Jahr 1730
Das wird der Lindauer Bürgerin Maria Madlener im Jahr 1730 vorgeworfen. Nach einem halben Jahr Haft und Folter, steht das Urteil: Hinrichtung wegen Hexerei und Gotteslästerung.
Maria Madlener stirbt im Alter von etwa 30 Jahren im August 1730 als letzte verurteilte Frau in Lindau durch das Schwert.
Anna Brauchle
Das Schicksal der Anna Brauchle Ein Waldseer Hexenprozess von 1605
Das Schicksal der Anna Brauchle Ein Waldseer Hexenprozess von 1605
Aufschluss geben allerdings die erhaltenen Gerichtsakten. Wie die allermeisten Frauen, die der Hexerei beschuldigt wurden, gehört Brauchle der absoluten gesellschaftlichen Unterschicht an. Zu dieser Zeit gibt es in Waldsee keine Ärzte. Als „Kräuterweiblein“, heute würde man sie wohl Heilpraktikerin nennen, bestreitet Brauchle ihren Lebensunterhalt deshalb mit dem Herstellen von Salben, Pasten und Suppen.
Unter den Waldseer Bürgern ruft das Misstrauen hervor. Gerüchte machen die Runde, dann folgt die Anklage. Aus dem Endurteil, der so genannten Urgichte, lässt sich entnehmen, welcher Verbrechen sich Brauchle schuldig gemacht haben soll: Pakt mit dem Teufel, Verleugnung Gottes, Schadenzauber und das Fliegen durch die Lüfte.
Die Gegner
Es bildet sich Widerstand Die Humanisierung der Hexenverfolgung
Es bildet sich Widerstand Die Humanisierung der Hexenverfolgung
Einer der ersten, der sich gegen die Hexenjagd in der frühen Neuzeit wendet, ist Anfang des 16. Jahrhunderts der Universalgelehrte Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim. Er beschäftigt sich umfassend mit Magie und kommt letztlich zu dem Schluss, dass es sich dabei entweder um Betrug oder besondere naturwissenschaftliche Fähigkeiten handeln müsse.
1631 erscheint zunächst anonym das Werk "Cautio Criminalis" des Jesuiten Friedrich Spee, in dem er die Abschaffung der Folter fordert. Er stellt zwar nicht in Frage, dass Menschen mit Unterstützung des Teufels magische Fähigkeiten entfalten könnten. Spee macht jedoch deutlich, dass er mit Folter jeden dazu bringen könnte, einen vermeintlichen Pakt mit dem Teufel zu gestehen. Damit wird er zu einem Wegbereiter für die Abschaffung der Hexenverfolgung.
Bis aber tatsächlich keine Frau mehr fürchten musste, eingekerkert oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, ging noch einige Zeit ins Land. Mit Regina Kraus wurde im Jahre 1712 in Bad Waldsee die letzte Kinderhexe angeklagt. Das Kapitel Hexenverfolgung in Oberschwaben endete schließlich 1781, als die österreichischen Herrscher nach der Folter auch die Todesstrafe abschafften.
Impressum
Impressum
Christian Schellenberger, Marlene Gempp
Bilder
Marlene Gempp, Christian Schellenberger, Katrin Neef, Kara Ballarin, Museum Humpis-Quartier, Stadtarchiv Bad Waldsee, dpa
Videos
Christian Schellenberger und Marlene Gempp
Quellen
Museum Humpis-Quartier, Stadtarchiv Lindau, Stadtarchiv Bad Waldsee, Johannes Dillinger (u.a.): Hexenprozess und Staatsbildung, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008
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