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Junge Menschen interessieren sich

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Welchen Zugang haben Jugendliche zum politischen System? Wie informieren sie sich? Was machen Medien in Terrorzeiten mit Menschen? Dieses multimediale Storytelling des Projekt-Seminars "Journalistisches Arbeiten" des Valentin-Heider-Gymnasiums in Lindau gibt Antworten auf diese Fragen. 

Ein Storytelling von Johannes Wick, Raban Bottke, Levin Kubeth, Lara Baumberger und Selina Breuer 
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von Raban Bottke und Johannes Wick

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Mittwochmorgen, 8.30 Uhr, Sozialkunde-Kurs der elften Klasse am Valentin-Heider-Gymnasium in Lindau: Die Schüler sind müde. Anfangs beteiligen sich nur wenige an der Debatte über die Flüchtlingskrise. Dann fallen plötzlich ein paar Reizworte, mehr und mehr Schüler steigen mit ein. Die Jugendlichen diskutieren zunehmend lebhaft und engagiert, manche leidenschaftlich. Nicht jedes Argument ist fundiert. Aber es ist nicht von der Hand zu weisen: Die meisten interessieren sich ernsthaft für das Thema. Andere verstehen „die ganze Aufregung nicht wirklich“. Nicht alle wollen sich mit der Sache befassen. Manche interessiert sie gar nicht. Die Frage ist: Steigt oder sinkt die Zahl dieser Schüler?

Genau mit dieser Thematik beschäftigt sich eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, vorgestellt im März. Nach dieser Untersuchung beschreibt sich nur jeder sechste Jugendliche zwischen vierzehn und neunundzwanzig in einem klassischen Verständnis als „politisch engagiert“. Das heißt im Sozialwissenschaftler-Deutsch: Sie „beteiligen sich mehrfach an unterschiedlichen Aktivitäten und stellen diese unter ein politisches Zeichen“ – Partizipation, also Teilhabe, im engeren Sinne.

Die Hälfte der Jugendlichen beschäftigt sich mit Politik

Bei deutlich mehr Jugendlichen und jungen Erwachsenen stellt die Studie eine „politische Partizipation im weiteren Sinne“ fest. Nach dieser Definition nimmt fast die Hälfte von ihnen am politisch-gesellschaftlichen Geschehen teil, das heißt: Diese jungen Erwachsenen gehen zur Wahl. Ungefähr drei Viertel der politisch engagierten jungen Menschen kaufen kritisch ein und nehmen an Demonstrationen teil. Im Vergleich sind nur wenige Mitglieder einer Partei (30 Prozent) oder üben ein politisches Amt aus (29 Prozent). Das zeigt zweierlei: Fast jeder Jugendliche, der in einer Partei ist, hat auch ein Amt inne. Aber so konventionelle Formen politischer Mitwirkung sind für die meisten Jugendlichen nicht attraktiv.

Das Durchschnittsalter der Mitglieder etablierter Parteien bestätigt das. Es liegt zwischen neunundvierzig Jahren bei den Grünen und sechzig bei der Linkspartei. Die Hälfte aller Deutschen ist jünger als 46 (der sogenannte Bundesaltersmedian). Insgesamt heißt das: Junge Menschen interessieren sich kaum für Parteien.

Ein ganz anderes Bild zeigt die Shell-Jugendstudie von 2015, die sich mit Jugendlichen im Alter von zwölf bis fünfundzwanzig Jahren beschäftigt: Sie sieht die deutsche Jugend im politischen Aufbruch. Demnach war deren politisches Interesse im Jahr 2002 auf einem Tiefstand. Seither sei es aber um gut ein Drittel gestiegen; und inzwischen sei fast die Hälfte aller Jugendlichen wieder politisch interessiert. Es erscheint wahrscheinlich, dass sich diese Tendenz seit der Erhebung von Anfang 2015 im Zuge aktueller, emotionalisierender Ereignisse wie der Flüchtlingsthematik eher weiter verstärkt hat. Und das müsste eigentlich auch zu einem aktiveren politischen Engagement führen.

Aber wie und wo? Die Parteienlandschaft ist für viele Jugendliche nicht attraktiv. Die etablierten Parteien müssten ihnen zeigen, dass sie für die großen Probleme der Zeit im Allgemeinen und für jugendrelevante Themen im Speziellen Lösungen haben und finden. Sie müssten junge Menschen stärker in Programmgestaltung und Entscheidungen öffentlich einbeziehen. Sie müssten deutlich machen, welchen Sinn es hat, sich in Parteien zu engagieren – und welche Möglichkeiten es dazu gibt.

Welche Rolle spielen die Medien? Ob in Zeitung, Fernsehen, Internet: Berichtet wird über Probleme, Skandale, Katastrophen. Vieles, wie Rentenstreit, Israel-Palästina-Konflikt und Flüchtlingskrise, kehrt immer wieder und scheint unlösbar. Das motiviert kaum junge Leute dazu, sich an Lösungsversuchen zu beteiligen. „Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ – wäre es nicht besser, Medienmacher würden diese Haltung beiseite legen und sich stärker damit befassen, was gut funktioniert am politischen System? Dann könnten junge Menschen sehen, welchen Nutzen Politik hat, wozu es gut ist, sich zu engagieren.

Große Medienhäuser gehen dabei schon voran. Sie versuchen mit separaten Zeitschriften und Internetauftritten speziell Jugendliche als Zielgruppe anzusprechen und Themen entsprechend aufzubereiten. Unter anderem die „Zeit“, der „Spiegel“ und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sind hier präsent. Wünschenswert wäre, dabei auch intensiver in sozialen Netzwerken zu arbeiten: Hier erreicht man die junge Generation, die oft nicht mehr oder jedenfalls nicht regelmäßig Zeitung liest. Gerade eine jugendgemäße Aufbereitung, wie zum Beispiel über Snapchat, bietet Chancen für die Zukunft.

Jugendliche wollen eine moderne Aufbereitung politischer Themen

Wie man das macht, zeigen Einzelne mit eigenständig produzierten Inhalten: Ein Beispiel dafür wären Richard Gutjahr auf Snapchat oder YouTuber wie LeFloid. Vergleichbare Angebote großer, klassischer Medienunternehmen sind selten.

Man kann Parteien und Medien nicht allein die Schuld geben an Politikverdrossenheit und Desinteresse der Jugend: Gerade eine unattraktive Politik müsste eine reflektierende Jugend dazu bringen, sich einzusetzen, etwas ändern zu wollen, die Welt besser zu machen – das wäre mehr als Bio-Joghurt und Kleidung aus fairem Handel.

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Was denken Menschen - junge wie alte - in Lindau über Politik? Was verbinden sie mit ihr? Interessiert es sie überhaupt? Was ist mit Europa? 

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Snapchat

von Levin Kubeth

Journalist der "New York Times" auf Snapchat
Journalist der "New York Times" auf Snapchat
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Neben Facebook und Twitter blüht ein neuer Dienst auf: Snapchat. Hat er das Zeug zur journalistischen Berichterstattung?

Der Satiriker Jan Böhmermann hat vor ein paar Wochen Twitter boykottiert und sich daraufhin aus Trotz bei dem Instant-Messaging Dienst Snapchat angemeldet. Er gab kund: „So scheiße ist es hier gar nicht“. Um Snapchats Ruf geistert ein Vorurteil: Snapchat – ein Nacktbild-Messenger für Jugendliche.

Ja, Snapchat hat viele junge Nutzer. Sechzig Prozent der Konsumenten sind, nach Angaben des Unternehmens, zwischen dreizehn und vierunddreißig Jahre alt (USA). Sie reizt es, vom Handy Bilder oder Videos mit kurzen Texten an Snapchat-Freunde zu schicken. Das Besondere: Die Nachrichten unter dem Logo eines gelben Geistes lösen sich sofort auf oder sind höchstens 24 Stunden sichtbar.

Das junge Alter der Snapchat-Nutzer und die Tatsache, dass es täglich über zehn Milliarden Videoaufrufe über Snapchat gibt und damit mehr als bei Facebook, ist interessant für große Medienhäuser. In Deutschland hat Snapchat rund zweieinhalb Millionen aktive Nutzer.

Die Frage, ob Medien Snapchat als wichtigen Zugang für Jugendliche gebrauchen können, ist noch nicht geklärt, aber einiges spricht dafür. Hier kommt die „Story“-Funktion dem Journalismus zugute: Dabei lassen sich Fotos und Videos aneinanderreihen, um eine Geschichte zu erzählen, welche die Abonnenten vierundzwanzig Stunden lang anschauen können.

Die Politik nutzt Snapchat – zumindest in den USA. Bernie Sanders und Hillary Clinton haben im Wahlkampf über den gelben Geist auch junge Wähler erreicht. Der Vorteil an Snapchat ist, so scherzte Clinton einmal, dass sich die „Snaps“ selbst zerstören – im Gegensatz zu ihren E-Mails. In Deutschland haben die Junge Union und die CSU einen Account. Das Europaparlament snappt ebenfalls regelmäßig.

Redaktionell sieht es noch mau aus, aber mehr und mehr Verlage nutzen Snapchat. Die „Bild“, „Bento“ (Jugendseite von „Spiegel Online“) und das „Funkhaus Europa“ snappen einigermaßen regelmäßig über die aktuelle Nachrichtenlage.

Das amerikanische Technikportal „The Verge“ stellt schon eine kleine Snapchat-Redaktion. Verschiedene Spezialisten präsentieren dort Produkte oder Updates.

Snapchat hat sich seine engen Grenzen gesetzt. Diese kreativ auszunutzen, ist aber das, was den Dienst ausmacht. Auf achtzig Zeichen reduziert, können Nutzer Bilder und Videos mit Text versehen. Die Länge der Videos ist auf zehn Sekunden begrenzt. Jeder muss also im Voraus überlegen, was er wie darstellen will, damit der Satz am Ende des Snaps nicht unterbrochen wird.

Vorteil der kurzen Snaps: simpel und authentisch

Den Vorteil sieht der Journalist und Blogger Richard Gutjahr (Snapchat: richardgutjahr) in der „Nähe und Unmittelbarkeit“, die man mit Snapchat erreicht. Da man Videos in Snapchat nur geringfügig nachbearbeiten kann, stellen sie mit ihrer simplen Art die Dinge authentisch dar. Gutjahr ist wohl der Snapchater in Deutschland, der sich die meiste Mühe gibt. Seine Geschichten gleichen einem Kunstwerk. Deshalb wurde er in der Kategorie „Snapchat“ auch als Blogger des Jahres ausgezeichnet.

In Snapchat gibt es keinen „Gefällt-mir“-Button, retweetet wird auch nicht. Das sollte aber kein Grund dagegen für Medienhäuser sein. Nutzer bekommen dafür eine Ansicht, wer und wie viele Personen jeden einzelnen Snap gesehen und ein Bildschirmfoto aufgenommen haben. Dadurch bekommen die Nutzer einen Überblick, wie die Snaps angekommen sind. Wird die Zuschauerzahl von Beitrag zu Beitrag kleiner, weiß der Nutzer, dass das Gezeigte weniger gut ankam; bleiben die Zahlen konstant, kann er das als Erfolg sehen.

Bei einem Gespräch Anfang März war Matthias Streitz, zuständiger Chef für Mobiles bei „Spiegel Online“, noch unschlüssig, ob Snapchat profitabel für seine Nachrichtenseite sein könnte. Für eine professionelle Nutzung wäre ein Produktionsteam von Nöten. Er beobachtet zwar mit Interesse, wie US-Medien mit dem Dienst umgehen und glaubt, dass Snapchat eine tolle Möglichkeit sei, smartphonegerechte Geschichten zu erzählen, fand vor vier Monaten aber Live-Dienste wie „Periscope“ oder „Facebook-Live“ interessanter für Journalisten. „Spiegel Online“ hat mittlerweile einen eigenen Account.

Anders drückt das der Journalist Mario Sixtus bei Twitter aus: „Ich halte Snapchat journalistisch für einen überhypten Ort, auch wenn Menschen viel Zeit dort verbringen. Das tun sie auf dem Klo auch.“

Nachdem Jan Böhmermann doch nicht mehr auf Twitter verzichten konnte, beendete er seine kurze Snapchat-Karriere mit dem Standardvorurteil. „Hier bei Snapchat ist es nämlich scheiße. Nur Pimmel und …“ Dann waren die zehn Sekunden Aufnahmezeit schon vorbei.

Link: So snappt die deutsche Politik





Journalist der "New York Times" auf Snapchat
Journalist der "New York Times" auf Snapchat
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Von Selina Breuer und Lara Baumberger

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Die Angst vor Terroranschlägen ist seit den jüngsten Attentaten wieder gestiegen. Behörden verstärken die Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen und Bahnhöfen. Nahezu tägliche Meldungen über Terror, Kidnapping, Mord und Totschlag verursachen bei Menschen ein Gefühl von Angst, das nicht ohne Folgen bleibt. Ein wichtiger Grund dafür, dass Menschen unter globalen Attentaten leiden, sind die Medien. Wie Studien zeigen, geht es besonders eifrigen Verfolgern der Katastrophenberichte am schlechtesten.

Die Studien der Psychologin Mary McNaughton-Cassill von der Universität Texas belegen, dass bestimmte Typen von Nachrichten emotionalen Stress verursachen. Erfolgsorientierte, ungeduldige und unruhige Menschen mit Charaktereigenschaften wie Reizbarkeit, Misstrauen oder Feindseligkeit sind besonders stressanfällig. Die größten Effekte erzielen dabei traumatische Ereignisse, die in Echtzeit zugestellt werden. „Es gibt so viele Nachrichten und Kanäle, die im Wettbewerb miteinander stehen und daher ständig versuchen, noch spektakulärer zu berichten”, erklärt McNaughton-Cassill.

Depressionen werden nicht nur durch genetische Faktoren oder beispielsweise frühkindliches Trauma ausgelöst. Eine wichtige Rolle spielt auch, wie Menschen die Welt wahrnehmen. Wer das Gefühl hat, kaum Einfluss auf sein Schicksal zu besitzen und dass jederzeit alles Mögliche passieren kann, wird leichter depressiv. Die schwerste psychologische Folge von Katastrophen ist die posttraumatische Belastungsstörung: Die Betroffenen werden von Erinnerungen an das Unglück verfolgt, wollen jedoch nicht daran erinnert werden und finden keine Ruhe.

Terrorangst macht manchen Menschen Herzprobleme

11. September 2001 − der Terroranschlag hat eine Kettenreaktion ausgelöst: Durch die Echtzeitberichterstattung waren viele vom posttraumatischen Stresssyndrom, einer Angststörung, betroffen. Die Bilder lassen den Fern-Zuschauer an dem traumatischen Geschehen teilhaben, sie geistern bis heute in den Köpfen vieler Menschen herum. Jürgen Margraf von der Universität Basel konnte nachweisen, dass in diesem Zeitraum in der Schweiz die Zahl der Behandlungen wegen Depressionen und Ängsten um etwa ein Drittel anstieg. Diese Krankheiten haben mehr Schäden angerichtet als die Anschläge selbst.

Nicht nur die Psyche reagiert auf schlechte Nachrichten empfindlich. Viele Menschen bekommen durch den Stress Herz- und Kreislaufprobleme, was eine Untersuchung belegte, die 2008 in den Archives of General Psychiatry erschienen ist. Besonders betroffen waren Menschen, die sich direkt nach der Katastrophe stark mitgenommen fühlten. Hatte jemand dauerhaft Angst vor Terroristen, vervierfachte sich sein Risiko für Herzprobleme.

Laut dem Wissenschaftler Jürgen Margraf sollte man sich des Einflusses von negativen Meldungen auf die eigene Psyche bewusst sein: „Man kennt ja das angenehme Gefühl im Urlaub, wo wir oft tagelang keine Meldungen erhalten und zufrieden und entspannt den Alltag genießen können. Das heißt natürlich nicht: nie wieder Tagesschau & Co. Aber  der Mensch braucht auch Hoffnungsfrohes, Optimistisches, Lebensbejahendes, um seine Resilienz zu stärken.“



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