Ein schwieriges Verhältnis: Laupheim und die Saatkrähen
Laupheim und die SaatkrähenWie eine Vogelart eine Stadt seit Jahrzehnten in Atem hält
Die Stadt arbeitet daran, die Vögel aus dem Zentrum in Randgebiete umzusiedeln. Ein Falknerteam spielt dabei die Schlüsselrolle. Doch mit dem Einsatz gehen hohe Kosten und Umweltauflagen einher – denn Saatkrähen stehen unter Naturschutz.
Was bisher geschah
Was bisher geschah
Was bisher geschah
Abschüsse, Nervengift und schwarze Tücher
1991
Rund 150 Krähenpaare haben den Laupheimer Friedhof besiedelt. Im Gemeinderat wird der Abschuss der Vögel beantragt. Das Thema findet überregionale Beachtung in Rundfunk und Fernsehen. Unbekannte vergiften etwa 60 Vögel.
1992
Ein akustisches Vogel-Vergrämungsgerät kommt zum Einsatz. Die Folge: Die Kolonie splittet sich auf und breitet sich weiter in der Stadt aus. Wieder werden Vögel vergiftet.
1993
Das Entfernen von Nestern und schwarze Tücher an Bäumen sollen die Saatkrähen vertreiben.
1994
Erneut sterben Krähen den Gifttod.
1998
Mit Jagdfalken wird versucht, den Krähen ihren Nistplatz madig zu machen. Der gewünschte Effekt bleibt aus.
Furchteinflößende Attrappen?
Die Vergrämung
Greifvögel gegen Saatkrähen „Unser Auftrag ist nicht, Saatkrähen zu töten, es geht um Vergrämung“
Greifvögel gegen Saatkrähen „Unser Auftrag ist nicht, Saatkrähen zu töten, es geht um Vergrämung“
Wüstenbussard Lisa jagt ohne Beute
Die rechte Hand des 68-Jährigen ist mit kleinen Wunden übersät. „Manchmal kann Lisa nicht so recht zwischen Fingern und Futter unterscheiden“, erzählt Mandlsperger und zuckt mit den Schultern. „Das gehört zum Job.“
Die Fahrstuhltür öffnet sich, ein paar Treppenstufen muss der Falkner aus Oberbayern noch hinaufsteigen. Dann steht er auf dem Dach der Sana Klinik. Der Morgen graut. Mandlsperger nimmt Lisa die dunkelrote Haube ab, die ihre Augen verbirgt; daraufhin breitet sie ihre Flügel aus und steigt in die Lüfte.
Das sind die Strategien der Falkner
Die Diskussion
Die Fronten sind verhärtet
Bei dieser Frage kochen bei vielen Laupheimern die Emotionen hoch. Auf der einen Seite Anwohner, die zum Teil sogar den Abschuss der Vögel befürworten. Auf der anderen Seite Tierschützer, die eine Umsiedlung unterstützen, sofern diese dem Status der Saatkrähe als geschütztem Vogel gerecht wird – oder vehement gegen jegliche Form der Umsiedlung protestieren.
Am runden Tisch:Die Positionen im Überblick
In der Vergangenheit ist die Debatte teils mit viel Polemik geführt worden. Deshalb möchte sich die Laupheimer Ortsgruppe des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) in der Sache nicht mehr öffentlich äußern.
Ein Vogelkundler ist empört:„Die Verfolgung der Saatkrähen ist eine Kulturschande“
„Früher lebten die Saatkrähen in Feldgehölzen und wurden dort von Menschen verfolgt. Die Vögel flohen 1990 in die Stadt Laupheim und wurden seitdem in jedem Jahr zum Beispiel durch schwarze Abwehrfahnen, Feuerwerkskörper, Vergiftungen, Abschüsse oder Fällen der Brutbäume verfolgt. Zu Unrecht wurde den Saatkrähen unterstellt, Weißstörche mit Angriffen an der Brut zu hindern, kleine Singvögel zu dezimieren oder Unglück und Tod mit sich zu bringen.
Durch die zahlreichen Verfolgungen splitterten die Kolonien auf und verteilten sich über das gesamte Stadtgebiet. Die Liste der seit nunmehr fast 30 Jahren mit ,Ausnahmegenehmigungen‘ verharmlosend bezeichneten ,Vergrämungen‘ inmitten der Brutzeit ist lang und wurde in jüngster Zeit durch einen Falkner verstärkt, der nicht nur den Saatkrähen mit mehreren Greifvögeln nachstellt, sondern auch bis Mitte April alle erreichbaren Nester abräumt. Die Entscheidung des Landratsamtes Biberach, wonach die streng geschützten Saatkrähen bis zum 15. April ,vergrämt‘ werden dürfen, sofern sie nicht vorher mit der Eiablage begonnen haben, ist höchst verwerflich und dubios zugleich. Wer führt die Nestkontrollen überhaupt durch? Der Falkner, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, das Landratsamt oder gar neutrale Vogelkundige?
Die Verfemungen und Verfolgungen von Saatkrähen sind im vermeintlich aufgeklärten 21. Jahrhundert als eine Kulturschande ohnegleichen anzusehen. Der Lärm durch Straßenverkehr und die Übungsflüge von Luftwaffe-Hubschraubern sind wesentlich größer als die Lautäußerungen der Saatkrähen.“
Die Auswirkungen
Das hat der Falknereinsatz gebracht
Das hat der Falknereinsatz gebracht
Anwohner atmen auf
Doch nicht alle Laupheimer sind zufrieden.
Die Saatkrähen werden die Stadt Laupheim wohl noch weiterhin beschäftigen.
Impressum
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Christoph Dierking, Archiv, Imago
Texte
Christoph Dierking; Archiv: Beate Reuter-Manz, Thomas Freidank
Verantwortlich
Yannick Dillinger
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