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Zufallsfund Meteorit Blaubeuren

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Rostig, unförmig und schwer: Was für den Laien zunächst aussieht wie ein Brocken korrodiertes Metall, lässt Wissenschaftler derzeit in Begeisterung ausbrechen.

Ein 30 Kilogramm schwerer vermeintlicher Stein entpuppt sich als echter Meteorit – der größte Steinmeteorit, der in Deutschland bisher gefunden wurde. 4,5 Milliarden Jahre ist er alt. Im Planetarium Laupheim wurde er Mitte 2020 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und ist bis Oktober 2020 in Blaubeuren in einer Ausstellung zu besichtigen.
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Die Geschichte des Fundes ist kurios. 1989 verlegt der Blaubeurer Hansjörg Bayer in seinem Garten einen Kabelkanal.

Etwa einen halben Meter tief hat er schon gegraben, da stößt er auf einen ungewöhnlich großen Stein.

Eines macht den Mann schon damals stutzig. Der Stein ist unheimlich schwer. „Da habe ich gewusst: Ich bin ja von Blaubeuren, bei uns gibt es Kalksteine, Jurakalk und die sind vom Gewicht her ganz ganz anders“, meint Bayer. „Deswegen haben wir gesagt, wir tun den mal auf die Seite.“     
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Dabei bleibt es erstmal: Bayer legt den Stein als Dekoration in seinen Garten. 2015 überlegt er sich sogar, ihn wegzuwerfen.

Doch das Gefühl bleibt, dass er da etwas Besonderes im Garten liegen hat. So testet der Blaubeurer etwa aus, ob der Stein magnetisch ist, recherchiert auch im Internet.

Schließlich verstaut Bayer den Stein im Keller seines Hauses. Aus den Augen aus dem Sinn, meint er. Dort lagert der Meteorit bis Anfang 2020. Dann ruft Bayer beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an und meldet seinen Fund. 
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Schließlich landet Bayers Information über einen möglichen Meteoritenfund bei Dieter Heinlein. Der Wissenschaftler und Meteoritenexperte des DLR hat in den vergangenen zehn Jahren hunderte Funde untersucht. Doch kaum einer war wirklich ein Meteorit.

Als er von dem Meteorit aus Blaubeuren hört, ist er deshalb zunächst skeptisch. Er bittet den Finder, ihm ein Stück davon zu schicken. „Ich habe das Stück mit meiner speziellen Säge durchgeschnitten und war begeistert“, sagt Heinlein. Er hat ein echtes Exemplar vor sich.
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Hansjörg Bayer schickt eine Probe des ungewöhnlich schweren Steins an die Forscher des DLR. Anfang 2020 bekommt er dann die Bestätigung: Es ist ein Meteorit. 

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Die Wissenschaftler bringen den ‚Blau­be­u­ren‘ getauften Meteorit in die Fach­werk­statt eines All­gäu­er Stein­metz- und Bild­hau­er­meis­ters nach Min­del­heim. Dort schneiden  sie ein 576 Gramm schwe­res Stück des Me­teo­ri­ten ab­.
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Meteoritenforscher Dieter Heinlein untersucht den Stein. Im Inneren entdeckt er schließlich Beweise dafür, dass es sich wirklich um einen Meteorit handelt.

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Und so sieht Deutschlands größter Steinmeteorit unter dem Po­la­ri­sa­ti­ons­mi­kro­skop aus. Die Aufnahmen zeigen sogenannte Dünnschliffe.

Laut DLR sind die Schliffe üblicherweise 25 Mikrometer dick, also hauchdünn und lichtdurchlässig. Wenn bei der Un­ter­su­chung po­la­ri­sier­tes Licht eingesetzt wird, lassen sich die ge­steins­bil­den­den Mi­ne­ra­le nach cha­rak­te­ris­ti­schen Far­ben und Um­ris­sen be­stim­men.

Erkennbar ist auf den Abbildungen, dass Meteorit ‚Blau­be­u­ren‘ zahl­rei­che aus­kris­tal­li­sier­te Schmelz­tröpf­chen mit run­den Um­ris­sen enthält, die so­ge­nann­ten Chond­ren.
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52 Meteoriten wurden bisher in Deutschland gefunden. Keiner der Steinmeteoriten hatte aber die Ausmaße desjenigen, der nun in Blaubeuren entdeckt wurde: 30,26 Kilogramm schwer, mit einer Dichte von 3,34 Gramm pro Quadratzentimeter.

„Meteoriten zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine sehr hohe Dichte haben, magnetisch sind und von einer schwarzen oder braunen Kruste umgeben sind“, erklärt Meteoritenexperte Dieter Heinlein.

Die Kruste entsteht, wenn die Meteoriten äußerlich schmelzen, während sie in die Erdatmosphäre eintreten – mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometern pro Sekunde. Der Meteorit werde dann aber sehr stark abgebremst und erreiche die Erde mit etwa 250 Kilometer pro Stunde. „Durch die hohen Kräfte, die auf ihn einwirken, zerbricht er oft“, sagt der Wissenschaftler. Deshalb seien die meisten Meteoriten, die bisher gefunden wurden, sehr viel kleiner.

Bislang war der größte Steinmeteorit aus Deutschland 17,25 Kilogramm schwer. „Dieser wiegt fast doppelt so viel.“ Heinlein ist begeistert: „Das ist eine echte Sensation.“

Eine Sensation, die im Planetarium Laupheim erstmals präsentiert wurde. „Das ist schon eine Ehre für uns“, sagt Rolf Stökler, Vorstandsmitglied des Vereins Volkssternwarte Laupheim. Seit Jahrzehnten pflegt das Planetarium enge Kontakte zu Dieter Heinlein. Die Nähe zu Blaubeuren und Laupheims Bekanntheitsgrad in der Astronomie-Szene hätten deshalb schnell klargemacht, dass der Meteorit dort präsentiert wird. 
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Hansjörg Bayer entdeckte den Blaubeurer Meteorit im Jahr 1989. Auf die Erde fiel er möglicherweise vor einigen Jahrhunderten. Der Meteorit ist allerdings nicht der einzige Zufallsfund in Deutschland. Eine Karte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeigt die Orte, den offiziellen Namen und das Fundjahr von insgesamt 19 Meteoriten, die in Deutschland zufällig gefunden und als Meteorite erkannt wurden. Ihren Fall hat aber niemand beobachtet. 

Anders sieht das bei 33 weiteren Meteoriten in Deutschland aus. Ihren Fall haben Zeugen beobachtet. Die DLR nennt hier etwa den Meteorit ‚Neuschwanstein‘. Als er 2002 vom Himmel stürzte, entdeckte das das Meteoritenortungsnetz des DLR.  In welchem Gebiet der Meteorit vom Himmel stürzte, wurde geometrisch rekonstruiert, drei Bruchstücke des Meteoriten gefunden.
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Laut Meteoritenforscher Dieter Heinlein wird noch erforscht, wann der Blaubeurer Meteorit auf die Erde fiel. „Denn das wissen wir bei einem Zufallsfund niemals.“

Interessierte können sich den Meteoriten in der Region selbst anschauen. Noch bis Ende Oktober 2020 ist er im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren in der Ausstellung „Besuch aus dem All“ zu bestaunen.    

Was danach mit dem Meteorit passiert, muss Finder Hansjörg Bayer entscheiden. Fest steht für ihn: Der Fund soll in gute Hände kommen. Und laut dem Blaubeurer haben schon einige große deutsche Museen Interesse angemeldet. 
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Umsetzung: Simon Schwörer

Texte: Helen Belz, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Fotos: 
David Drenovak, DLR-Feuerkugelnetz/Dieter Heinlein, Felix Kästle/ DPA, Addi Bischoff/ Institut für Planetologie/ WWU Münster

Video und Audio:
Lisa Czichon, David Drenovak,  DLR/Gabriele Heinlein

Schnitt:
Andrea Pauly, David Weinert

Verantwortlich:
 
Steffi Dobmeier, stv. Chefredakteurin und Leiterin digitale Inhalte
Schwäbische Zeitung
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88212 Ravensburg
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