Titel
Ein Jahr LEAZwischen Menschlichkeit, Ohnmacht und Hass
Was in den folgenden Monaten passieren wird, hält Polizei und Feuerwehr in Atem. Mitarbeitern und Ehrenamtlichen ist es zu verdanken, dass die LEA in Zeiten massiver Überbelegung überhaupt funktioniert hat. Sie gingen weit über ihre Belastungsgrenze hinaus.
Ein Jahr LEA – Zeit für einen Rückblick.
Von Thorsten Vaas und Regio TV.
Ein Jahr LEAVorwort
Gute Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben. Doch eine kleine Gruppe Nordafrikaner machte Ärger und warf ein schlechtes Licht auf die Einrichtung und besonders auf die anderen Flüchtlinge, die sich friedlich verhalten und sich engagieren. Sie treffen in Ellwangen auf zahlreiche Ehrenamtliche, die es gut mit ihnen meinen, die helfen wollen. Einige Ehrenamtliche werden hier beispielhaft vorgestellt.
April 2015
April 2015Die ersten Flüchtlinge sind da
Am 9. April 2015treffen die ersten Flüchtlinge ein.
Prognose: Anfang / Mitte Mai soll die Belegung auf 500 Menschen ansteigen - die Regelbelegung. Bei einem Rundgang im März sagte Regierungsvizepräsident Christian Schneider, die Maximalbelegungmit 1000 Flüchtlingen werde sehr schnell erreicht sein.
April 2015Wahrnehmung und Wirklichkeit
Mai 2015
Mai 2015Auf Höflichkeit legen alle Wert
CaritasOst-Württemberg koordiniert die Arbeit der Ehrenamtlichen in der LEA. 70 bis 75 haben sich auf einen ersten Aufruf gemeldet, 35 bis 40 sind aktiv, 13 davon geben Sprachkursen.
Auf Höflichkeit legen bei den Kursen alle Wert. Bitte, danke, guten Tag, wie geht es Ihnen? Die Flüchtlinge wollen nicht nur radebrechen „du mir helfen?“, sondern in ganzen Sätzen und freundlich fragen können, sagt Raubach.
Mai 2015Berichte auf Facebook
Präsenz in der Stadt zu erhöhen.
Kurze Zeit später wird ein 18-jähriger Algerier aus der LEA festgenommen. Er steht im Verdacht, für mindestens sieben
Straftaten verantwortlich zu sein.
Mai 2015Der Vertrag
LEA-LeiterBerthold Weiß. Doch es reichten die paar, die sich daneben benehmen, um dem Ruf der Einrichtung zu schaden.
Dennoch sorgen sich die Ellwanger um ihre Sicherheit, wie Rolf Merz (CDU) betont. Schrezheims Ortsvorsteher Albert Schiele (CDU) sagt, das Gefühl der Sicherheit müsse es auch für die Schrezheimer geben. OB Karl Hilsenbek betont, dass sich an der Maximalbelegung von 1000 Flüchtlingen nichts ändern werde. Das sei vertraglich fixiert. Doch es sollten mehr werden. Weit mehr.
Juni 2015
Juni 2015Eine humanitäre Aufgabe
Juni 2015Feuerwehr im Dauereinsatz
Juni 2015Polizei verhindert Massenschlägerei
Zur Überbelegung kommt der Ramadan. 400 Flüchtlinge in der LEA wollen den Ramadan feiern und fasten. Doch stattdessen kommt es zu einem handfesten Streit zwischen Algeriern und Syrern. Steine und Stühlefliegen. Fünf Flüchtlinge, ein Mann vom Sicherheitspersonal und ein Polizist werden verletzt. Die Polizei wendet mit 50 Beamten eine drohende Massenschlägerei ab.
Juli 2015
Juli 2015Angriff mit dem Teppichmesser
Zwei andere Auseinandersetzungen enden weniger glimpflich: An einem Tag werden vier Personen verletzt. Unter anderem fügt ein Algerier seinem syrischen Kontrahenten mit einem Teppichmesserzwei Schnittverletzungen an der Hand zu.
Juli 2015Flammen in den Augen
Eine Anwohnerin fühlt sich von den Flüchtlingen belagert. Sie kämen in ihren Hof und benutzten ihn als Toilette. Der Wirt vom Lamm hat eine Kamera und eine Alarmanlage installiert. In der Wirtschaft arbeiteten sie nur noch zu zweit. Junge Frauen würden angesprochen.
Dann gibt es Konflikte wie die Auseinandersetzung zwischen
Rechten und Linkenin Schleifhäusle. "Die hatten Flammen in den Augen und waren schon dabei, sich mit Eisenstangen zu bewaffnen", erinnert sich Ortschaftsrat Josef Kucher.
August 2015
August 2015Fußballtraining in der LEA
August 2015Jetzt sind es 1600
August 2015Die Kurse gehen weiter
August 2015Auf engstem Raum
Zwei Wochen nach dem Kretschmann-Besuch leben in der LEA 3200 Menschen auf engstem Raum. Die Mitarbeiter arbeiten weit über dem Anschlag. Es sei deren Engagementzu verdanken, dass trotz der Überbelegung immer noch alles weitestgehend reibungslos funktioniere, sagt Berthold Weiß. Wie es weitergeht,wisse niemand so genau.
August 2015Polizei bekommt Verstärkung
Nur mit einem Großaufgebot können die Beamten Ende August bei einer Prügeleizwischen Pakistani und Syrer Schlimmeres verhindern. Rund 100 Menschen gehen aufeinander los. 15 Menschen werden verletzt, darunter Mitglieder der Security. "Wir haben hier mehr als 2000 Syrer und 300 Pakistani. Es gibt keine Möglichkeit, diese Gruppen zu trennen. Das ist ein großes Problem", sagt Berthold Weiß.
September 2015
September 2015Malteser helfen in der LEA
In einem kurzfristigen Einsatz wurden beispielsweise zwölf zusätzliche Zelte aufgebaut. „Ohne eine motivierte Helferschaft und viel Verständnis der betroffenen Arbeitgeber wäre dieser kurzfristige Einsatz nicht zu bewältigen“, sagen Torsten Felgenhauer und Bernd Schiele, die beim Malteser HilfsdienstAalen die Zusammenarbeit mit der LEA koordinieren.
September 2015Matratzen im Speisesaal
September 2015Polizei in Schutzmontur
Streithähneaufeinander losgehen – ein Wochenende lang ist die Polizei im Dauereinsatz.
Oder bei einer Schlägereizwischen Syrern und Pakistani. 150 Menschen sind beteiligt, vier Menschen werden verletzt. 30 Streifenwagen und rund 100 Beamte – teilweise in schwerer Schutzmontur – sind im Einsatz.
September 2015Der Brandbrief
1000 Flüchtlinge werden Ende September verlegt, kündigt Ministerpräsident Kretschmann an. Doch die Lage bleibt angespannt.
Oktober 2015
Oktober 2015Die Hilfsbereitschaft ist groß
Oktober 2015Mehr Personal
Oktober 2015Schrecken im Gemeinderat
November 2015
November 2015Einsilbige Antworten
November 2015Gerüchte sind alle falsch
Gerüchte,wenn es um Flüchtlinge geht. Zuletzt wurde via Facebook verbreitet, dass die Asylsuchenden der Ellwanger Gastronomie die Umsätze verhageln würden. Ebenso wird behauptet, dass muslimische Flüchtlinge gezielt die Gottesdienste in Ellwangen stören sollen. Aussagen, die nachweislich von Vertretern rechtsextremer Parteien kamen. Wir gehen den Behauptungen auf den Grund. Das Ergebnis: Die Facebook-Behauptungen sind allesamt falsch.
Dezember 2015
Dezember 2015Viele Kleiderspenden
Doch ohne die rund 60 Ehrenamtliche würde es nicht funktionieren. Liane Jung und Irmgard Göhring sind von Anfang an dabei. Die Kleiderannahmestelle im ehemaligen Woha gibt es seit Januar 2015. Rund 150 ehrenamtliche Helfer engagieren sich dort seitdem.
Berthold Weiß freut sich über „unglaublich viel Spendenmaterial“. Wichtig sei, dass die Kleiderpenden vorsortiert, gewaschen und sauber sind. Dadurch würden die Ehrenämter gewaltig entlastet.
Januar 2016
Januar 2016Massenschlägerei mit Folgen
Massenschlägerei.Wieder prügeln sich Pakistani und Algerier teils mit Feuerlöschern und Eisenstangen. Ein Zelt brennt. Die Bilanz: Neun leicht verletzte Flüchtlinge und ein beschädigtes Polizeiauto. Das Regierungspräsidium kündigt nun eine härtere Gangart an. Kurze Zeit später werden 60 algerische Flüchtlinge in andere Einrichtungen verlegt. Deren laufende Asylverfahren sollen beschleunigt werden. Man erwarte, dass die Asylbegehren abgelehnt werden. Die Personen sollen im Anschluss abgeschobenwerden.
Januar 2016Von wegen Maulkorb
Januar 2016500 Demonstranten vor der LEA
Januar 2016Großaufgebot in der LEA
Februar 2016
Februar 2016Das Spielwarenladen Glücksgriff
Glücksgriff,in dem von November bis Januar gebrauchte Spielsachen verkauft wurden.
Zweieinhalb Monate lang hatte das Juze-Team Spielsachen zugunsten der Kinderbetreuung in der LEA verkauft. Vom Erlös – 12 000 Euro – werden Tischkicker, Tischtennisplatten, Schaukeln und vieles mehr angeschafft.
Februar 2016Geduldet: der Schwarzbau
Als grün-roten Schwarzbau hingegen bezeichnet Ann-Marie Schöppner, Rechtsanwältin und selbst Anliegerin, die Erweiterung. Sie kritisiert, dass die Nutzungsänderung, die 2000 Personen vorsehe, gegen den Vertrag zwischen Stadt und Land verstoße, der eine Maximalbelegung von 1000 Personen festschreibt. Im Gemeinderat stellt Hans-Peter Krämer (Freie Wähler/Freie Bürger) den Antrag, dass die Stadt den Vertrag mit dem Land hinsichtlich der LEA-Erweiterung rechtlich
prüfenlässt. OB Hilsenbek ist einverstanden.
März 2016
März 2016"Ellwangen bleibt bunt"
Die Aktion sei ein Resultat aus verschiedenen Anlässen. „Als öffentlich unverblümt von der Möglichkeit des Schießbefehls an der Grenze auf Flüchtlinge gesprochen wurde, hat das bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht.“
März 2016Polizeiaktion zeigt Wirkung
Doch nicht alles hat sich gebessert: Die Hetze im Internet geht nach wie vor weiter. Mehrere Anzeigen habe OB Hilsenbek laufen, mittlerweile sei eine zweite Person ermittelt.
März 2016"Kurse kommen zu spät"
Man sollte den Flüchtlingen vom ersten Tag an in ihrer Sprache sagen, was in Deutschland erlaubt und was verboten ist, so Hussain Darwish: "Jeder Flüchtling hat nur eine Idee, dass in Deutschland alles erlaubt ist." Die Integrationskurse kämen zu spät.
März 201615 000 Einsatzstunden
März 2016"Darauf können wir stolz sein"
eine Million Euro,sagt OB Karl Hilsenbek bei der Bürgerversammlung. Baufirmen aus Ellwangen und der Region, Versorger und Reparaturbetriebe hätten von der Einrichtung profitiert. Wichtiger aber war Hilsenbek, dass die Stadt schwierige Aufgaben bewältigt habe und ihren Beitrag für die Flüchtlinge leiste: "2015 geht als das Jahr in die Stadtgeschichte ein, in dem wir das bewiesen haben. Darauf können wir stolz sein."
Impressum und Co.
Impressum
Thorsten Vaas
Redaktion:
Beate Gralla,Thorsten Vaas,Alexandra Rimkus,
Sylvia Möcklin,Marvin Weber,Annika Grunert, Petra Rapp-Neumann, Markus Lehmann
Fotos & Videos:
Beate Gralla,Alexandra Rimkus,Thorsten Vaas,Regio TV Schwaben,Sylvia Möcklin,Foto Zirlik,
Petra Rapp-Neumann, af, Thomas Siedler, Wolfram Kastl (dpa), Hannibal Hanschke (dpa), Oliver Berg (dpa), Armin Weigel (dpa), Stefan Puchner (dpa), privat
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schwäbische.de/ellwangen
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